Selbsthilfe Der Kampf ums Geld für die Beratungsstelle

Autor: Heiko Schwöbel

Die Rückmeldung der Patienten ist das was Evi Clus antreibt. © Jenny Sturm – stock.adobe.com

In Sigmaringen gelingt Evi Clus und ihren Mitstreitern ein schöner Erfolg. Die Politik muss sich letztlich der Macht der guten Tat beugen. Über Jahre hinweg kämpft der Trägerverein Psychosoziale Krebsberatung Sigmaringen um die Finanzierung der Beratungsstelle. Nun ist es endlich Wirklichkeit: Die Krankenkassen übernehmen den Großteil der Kosten.

Evi Clus ist das Gesicht der Krebsberatungsstelle in Sigmaringen, von drei Selbsthilfegruppen in Oberschwaben und der ehrenamtlichen Beratung von Krebspatienten im Universitätsklinikum Tübingen. Über 20 Jahre setzt sie sich für die Belange von Betroffenen ein. Die Ergebnisse können sich sehen lassen.

Der Erfolg

Letztlich ist ihr und ihren Mitstreitern zu verdanken, dass in Sigmaringen eine Krebsberatungsstelle eröffnete und Patienten unterstützt werden können. Das Angebot umfasst verschiedene Bereiche des Alltags. Dazu zählen die Beratung in sozialen und finanziellen Belangen sowie die Unterstützung bei der Bewältigung sozialer Krankheitsfolgen. Die Betroffenen erhalten Informationen zu medizinischen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen sowie Anschlussheilbehandlungen. Hinzu kommen Hilfen, um im Dschungel der Bürokratie zurechtzukommen. „Und wenn endlich Corona im Griff ist, können wir auch wieder unsere Angebote zu Yoga und Meditation, Tanz- und Kunsttherapie sowie die Gesprächskreise und Vorträge zu fachbezogenen Themen anbieten“, so Clus. „Im Moment bietet die Beratungsstelle diese Aktivitäten nur sehr eingeschränkt an. Telefon und Internet sind heute unsere wichtigsten Hilfsmittel.“

Neben der Beratungsstelle kümmern sich die rüstige Rentnerin und ihre Mitstreiterinnen um über zehn Selbsthilfegruppen rund um Sigmaringen und in der weiteren Umgebung. „Das klingt alles nach viel und anstrengender Arbeit“, sagt Clus und lacht. „Aber am Ende geht die Arbeit nach so vielen Jahren leicht von der Hand und die Rückmeldungen von den Patienten sind der Treibstoff dafür, nicht locker zu lassen.“ Im Jahr 2019 wird die Lebensleistung von Evi Clus mit dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland auch vom Bundespräsidenten gewürdigt.

Der Weg

„Der Weg dahin war oft sehr schwer“, sagt Evi Clus. „Großkopferte Politiker und Beamte von der guten Tat zu überzeugen ist immer harte Arbeit und gleicht dem Kampf gegen Windmühlen.“ Ohne die Unterstützung aus dem politischen Umfeld in Sigmaringen hätte sie diesen Kampf nicht führen können. Von großer Bedeutung sind dafür auch die zahlreichen Hilfen und Informationen, die sie von Ärzten und Pflegern bekommt. „Aber das Wichtigste sind die positiven Meldungen der Patienten und deren Angehörigen“, betont sie. „Und immer gilt, wir können nur gewinnen – nicht verlieren.“

Es reicht!

Im vergangenen Jahr war es dann so weit. Clus hatte es endgültig satt, sonntags tolle Reden der Politiker zu hören und kaum, dass der Alltag beginnt, wieder nur hingehalten zu werden oder Absagen zu erhalten. „Da habe ich den Entschluss gefasst, meinen Ansprechpartnern in Politik und Verwaltung mitzuteilen, dass ich hoch offiziell mein Verdienstkreuz zurückgebe, weil ich das Vertrauen in die Politik endgültig verloren habe“, berichtet Clus. „Es kann doch nicht sein, dass die Krebsberatungsstelle in Sigmaringen Jahr für Jahr um den Fortbestand fürchten muss und ich gezwungen bin, Jahr für Jahr auf Betteltour von Minister zu Minister zu rennen.“ Auch in dieser Situation bestärken lokale Politiker und Unterstützer Evi Clus, diesen Weg konsequent zu gehen. „Dies fällt mir auch deshalb leicht, weil wir davon überzeugt sind, Gutes und Wichtiges zu tun!“, unterstreicht Clus.

Gesagt, getan

Schon während der ersten Schritte auf dem Weg, das Bundesverdienstkreuz zurückzugeben, werden wohl einige Damen und Herren in Stuttgart und Berlin hellhörig. Dann kommt die erlösende Meldung aus Berlin: Die Kassen und das Land übernehmen den allergrößten Teil der Kosten für Krebsberatungen in freier Trägerschaft – nun muss das Ganze noch vertraglich fixiert werden. „Ob, und wenn ja wie mein Entschluss, das Kreuz zurückzugeben, einen Einfluss auf die Entscheidung von Herrn Spahn hatte, ist mir völlig gleichgültig“, sagt Clus. „Mir reicht es, dass die Gute Tat ihre Macht entfalten konnte, für die Finanzierung der Beratungsstellen zu sorgen.“


Evi Clus, Vorstand der Psychosozialen Krebsberatung Sigmaringen e.V. und Selbsthilfegruppenleiterin Gammertingen, Sigmaringen und Stetten am kalten Markt © Privat