Prostatakrebs Tastuntersuchung und Biopsie: Wie sicher ist die Diagnose heute möglich?

Autor: MPL-Redaktion

Der Tastbefund ist auch in Zeiten der Hightech-Medizin immer noch wichtig. © iStock/solidcolours

Ärzte wissen: Die Tast- und die Blutuntersuchung geben nach wie vor die besten Hinweise auf Prostatakrebs. Lesen Sie in Perspektive LEBEN, wie diese Untersuchungen ablaufen. Und welche Schlüsse der Arzt daraus ziehen kann.

„Die Tastuntersuchung ist nach wie vor eine der besten Untersuchungen der Prostata. Sie ist einfach, schnell, schmerzlos und aktuell unverzichtbar“, sagt Dr. Markus Renninger, Facharzt für Radiologie in Tübingen. Ärzte nennen diese Untersuchung Digitale Rektale Untersuchung (DRU). Bei dieser Untersuchung ertastet der Urologe vom Rektum (Enddarm) aus die Prostata mit dem Finger. Dabei prüft er, wie groß die Prostata ist, welche Form sie hat und ob sie gegen anderes Gewebe gut abzugrenzen ist.

Der Arzt wird auch ganz besonders darauf achten, ob er Knoten oder Verhärtungen ertasten kann und ob Druckschmerzen vorliegen oder andere Veränderungen zu spüren sind. „Die Untersuchung mit dem Finger ist deshalb so gut, weil über 80 Prozent aller Prostatakrebsherde hinter oder seitlich der Harnröhre und am äußeren Rand der Prostata angesiedelt sind“, betont Dr. Renninger. „Daher können wir sehr viele Krebsherde meist rechtzeitig ertasten. Hinzu kommt, dass der Tastsinn in den Fingern sehr empfindlich ist. Wir können kleinste Erhebungen auf einer Oberfläche mit Leichtigkeit ertasten.“ Die Untersuchung dauert meist nicht länger als 10 bis 15 Sekunden und ist völlig schmerzlos.

Fast immer richtig

Wenn tatsächlich kein Tumor in der Prostata vorhanden ist, wird die DRU in 95 Prozent der Fälle auch keine Verhärtungen, Knoten oder andere Auffälligkeiten ergeben. Lediglich bei 5 Prozent der Patienten kommt der Urologe nach der DRU zum Ergebnis, es könnte ein Tumor vorliegen, obwohl tatsächlich keiner in der Prostata ist. Das heißt, dass die DRU eine Spezifität von über 95 Prozent hat, beziehungsweise dass der Urologe in nur 5 von 100 Fällen vermutet, dass ein Tumor vorhanden ist, obwohl die Prostata völlig gesund ist. Werden bei einer DRU auffällige Tastbefunde entdeckt, liegt bei etwa 30 Prozent der Fälle auch tatsächlich eine Krebserkrankung vor. Bei etwa 70 Prozent sind andere Ursachen für den auffälligen Tastbefund verantwortlich.

Nicht entdeckt

Die umgekehrte Fragestellung bei der DRU ist, wie viele Krebserkrankungen über die DRU nicht entdeckt werden können, weil sie noch zu klein sind, im Inneren der Prostata oder auf der vorderen Seite liegen. „Dies ist die Frage nach der Sensitivität oder nach der Trefferquote. Diese liegt bei der DRU bei etwa 60 Prozent“, erläutert Dr. Renninger. „Das heißt, wenn ein Tumor in der Prostata tatsächlich vorhanden ist, können wir ihn in nur 60 von 100 Fällen tatsächlich ertasten. Das heißt, dass die DRU relativ oft ein falsch negatives Ergebnis bei der Untersuchung bringt.“

Daher rät der Urologe unbedingt dazu, den sogenannten Prostata-spezifischen Antigen-Wert (PSA) in regelmäßigen Abständen zu ermitteln. Da über 90 Prozent aller Tumoren in der Prostata zu einem Anstieg der PSA-Werte führen, ist dieser Wert ein wichtiger Zeiger für Prostatakrebs. Die Kombination aus beiden Methoden – die Höhe und vor allen Dingen der Verlauf des PSA sowie die DRU – kann etwa 78 Prozent aller Prostatatumoren in einem frühen, potenziell heilbaren Stadium entdecken.

Histologie bringt Gewissheit

Wenn die PSA-Werte oder DRU auffällige Befunde ergeben, muss geprüft werden, ob tatsächlich Krebsherde in der Prostata gewachsen oder harmlose Ursachen für die Veränderungen verantwortlich sind. Letztlich kann dies nur im Rahmen einer histologischen Untersuchung des fraglichen Gewebes aus der Prostata durch den Pathologen bestätigt oder ausgeschlossen werden. Dafür müssen kleine Gewebeproben aus der Prostata entnommen werden. Der Fachausdruck für diese kleine Operation heißt Biopsie und bedeutet nichts anderes, als dass Gewebe aus einem lebenden Körper entnommen wird. Dafür sticht der Urologe mit einer Hohlnadel in die Prostata und entnimmt dabei etwa 2,5 Zentimeter lange und etwa 1,5 Millimeter dicke zylindrische Gewebeproben. Insgesamt entnimmt er etwa 12 Proben. Die Einstiche verteilt der Urologe gleichmäßig über die gesamte Prostata.

Der Eingriff wird unter örtlicher Betäubung und der Sichtkontrolle über ein Ultraschallgerät durchgeführt. „Damit stelle ich sicher, dass ich möglichst viele Bereiche der Prostata mindestens einmal erreicht habe“, sagt Dr. Renninger. „Denn umso mehr unterschiedliche Bereiche ich erreichen kann, umso sicherer ist die Diagnose für den Pathologen möglich.“

Schmerzen und Komplikationen treten nur sehr selten auf. Das Infektionsrisiko wird mit der prophylaktischen Gabe von Antibiotika sehr stark abgesenkt. „Patienten können sich sehr sicher sein, dass die Ergebnisse der DRU und PSA den richtigen Weg zur Therapie und Überwachung von Prostatakrebs weisen“, betont Dr. Renninger. „Entscheidend ist jedoch, dass die Untersuchungstermine zur alljährlichen Vorsorgeuntersuchung auch strikt eingehalten werden.“


Dr. Markus Renninger; Facharzt für Radiologie in Tübingen © privat