Liquid Biopsy Diagnose verbessert Therapie und Tumormonitoring

Autor: Dietmar Kupisch

Das genetische Tumormaterial kann im Blut identifiziert werden. © stockphoto-graf ‒ stock.adobe.com

Eine recht neue Analyse zum Nachweis von Tumorzellen freut die Fachwelt: die 
Liquid Biopsy, auch Flüssigbiopsie genannt. Wissenschaftler:innen stellten fest, dass Tumorzellen Erbinformationen ins Blut abgeben, die auf krebstypische Mutationen hin untersucht werden können. 

Um eine Krebserkrankung zweifelsfrei zu dia­gnostizieren und die Tumorart genauer zu spezifizieren, entnehmen die behandelnden Ärzt:innen meist eine Gewebeprobe (Biopsie). Diese wird anschließend mikroskopisch untersucht und gegebenenfalls molekularpathologisch weiter aufgearbeitet. Durch eine exakte Charakterisierung des Tumors können Ärtz:innen und Patient:innen gemeinsam eine individuelle Therapiestrategie festlegen, die eine bestmögliche Behandlung garantieren soll.

Geringste Mengen von Tumorgenen finden

Mithilfe der Liquid Biopsy kann im Blut der Patien:innen genetisches Tumormaterial identifiziert werden. Mit neuen Analyseverfahren, wie dem sogenannten „Next Generation Sequencing“, können dann tumorspezifische Mutationen charakterisiert werden, die Hinweise auf den vorliegenden Tumor geben. „Gewebeproben sind hierfür nicht mehr nötig. Tumorzellen beziehungsweise deren Genmaterial kommen allerdings nur in sehr geringen Mengen im Blut vor. Der Nachweis war ohne moderne molekularpathologische Untersuchungsmethoden zuvor nicht möglich“, erklärt PD Dr. Heiko Golpon, Leiter des Lungenkrebszentrums an der Medizinischen Hochschule Hannover.

Der Vorteil der Liquid Biopsy liegt auf der Hand: Anstelle eines invasiven Eingriffs zwecks Probenentnahme genügt eine Blutprobe. Die Liquid Biopsy soll die konventionelle Gewebenentnahme hierbei nicht grundsätzlich ersetzen. Das Verfahren kann aber eingesetzt werden, wenn eine herkömmliche Probenentnahme zu riskant sein würde, wie etwa bei Patient:innen mit eingeschränkter Lungenfunktion.  

„Die Möglichkeiten einer Liquid Biopsy sind wissenschaftlich hochinteressant und werden derzeit in klinischen Studien untersucht“, betont Dr. Golpon. 

Monitoring einer Krebserkrankung

Wurde bei einem Patienten oder einer Patientin eine Krebserkrankung diagnostiziert, kann die Liquid Bi­opsy dazu eingesetzt werden, den Krankheitsverlauf und das Ansprechen der Krebserkrankung auf die gewählte Therapie, wie etwa eine Chemotherapie, zu beurteilen. Mithilfe dieser Informationen können Onkolog:innen erkennen, ob die gewählten Zytostatika den Tumor wirksam bekämpfen. Nach der Behandlung kann man dank der Liquid Biopsy feststellen, ob noch Metastasen im Körper vorhanden sind. Somit ist man in der Lage, das Rückfallrisiko der Patient:innen einzuschätzen.

Doch auch für die Therapie hat das Diagnoseverfahren Vorteile: So werden seit einigen Jahren vermehrt medikamentöse Krebstherapien genutzt, die zielgerichtet auf den Tumor wirken. Sie gelingt jedoch nur, wenn die Tumorzelle bestimmte Mutationen aufweist, die man am Tumorgewebe findet. Die Liquid Biopsy kann diese Eigenschaften auch im Blut nachweisen, sodass eine zielgerichtete Therapie beginnen kann. 

Großes Potenzial – auch in der Früherkennung 

Tumormarker im Blut werden in Deutschland schon seit Jahrzehnten eingesetzt. Viele Verfahren haben einen festen Stellenwert in der medizinischen Praxis. So können mit ihnen Krebserkrankungen nachverfolgt, erkannt oder genauer spezifiziert werden. Dazu gehört zum Beispiel der PSA-Wert bei Prostatakrebs, der in Vor- und Nachsorgeuntersuchungen eingesetzt wird. Die Liquid Biopsy steht erst seit wenigen Jahren zur Verfügung. Das Potenzial dieser Technologie in der Onkologie ist groß. Ihr Einsatz­bereich wird derzeit in einer Reihe klinischer Studien untersucht.Vielversprechende Ergebnisse lieferten erste Studien auch zur Früherkennung von Krebs. Weitere Studien dazu folgen.

Rezidive früher erkennen

Nicht zuletzt könnte die neue Diagnosemethode auch die Krebsnachsorge verlässlicher und einfacher in der Durchführung machen: Ist die Therapie abgeschlossen, können Marker aus dem Blut bestimmt werden, die eindeutig mit der bekannten Krebserkrankung der Patient:innen zusammenhängen. In Studien konnten Rückfälle, sogenannte Rezidive, früher erkannt werden als mit den bislang eingesetzten bildgebenden Verfahren, wie zum Beispiel der Computertomografie (CT) oder der Magnetresonanztomografie (MRT).