Pankreaskarzinom Mit allen Mitteln gegen den Bauchspeicheldrüsenkrebs

Autor: MPL-Redaktion

Oft dauert es lange, bis ein Tumor der Bauchspeicheldrüse diagnostiziert wird. Das liegt auch an der komplexen Lage im Bauchraum. © iStock/yodiyim

Rund 18.000 Menschen erhalten in Deutschland jährlich die Dia­gnose Bauchspeicheldrüsenkrebs, fachsprachlich Pankreaskarzinom genannt. Die meisten Betroffenen befinden sich zu diesem Zeitpunkt in einem höheren Lebensalter. Männer sind durchschnittlich circa 72 Jahre und Frauen 75 Jahre alt.

„Diese Krebserkrankung zählt zu den komplexeren. Das zeigt sich bereits bei der Diagnosestellung, die relativ umfangreich sein muss“, stellt Professor Dr. Jochen Wedemeyer fest. Der Experte ist Leiter des Pankreaskarzinomzentrums im Klinikum Robert Koch, im niedersächsischen Gehrden.

Umfassende Diagnose

Besteht der Verdacht auf einen Tumor der Bauchspeicheldrüse, ist eine ganze Reihe von Untersuchungen erforderlich. Die Ärzte müssen sich zuerst ein Bild über die Tumorerkrankung machen. Nur dann können sie im Nachgang die individuelle Therapie festlegen. „Hierzu setzen wir bildgebende Verfahren ein, wie die Computertomographie. So lassen sich die Ausdehnungen des Tumors bestimmen und mögliche Absiedlungen erkennen.

Mit der anschließenden Endosonographie untersuchen wir die präzise Ausdehnung des Tumors und können falls erforderlich Gewebeproben entnehmen“, erklärt Prof. Wedemeyer und fügt hinzu: „Besonders wichtig bei der lokalen Beurteilung ist die Lage des Tumors zu den Blutgefäßen, die den Darm mit Blut versorgen.“

Sollte zum Beispiel mehr als die Hälfte der Arterie für die Blutversorgung des Dünndarms ummauert sein, profitieren die Patienten in der Regel nicht mehr von einer Operation, da eine vollständige Entfernung durch die komplexe Lage sehr unwahrscheinlich wird.

Als neue Entwicklung kann bei bestimmten Fällen mit lokal fortgeschrittenem und daher nicht operablem Tumor auch der Versuch einer Chemotherapie unternommen werden, um den Tumor so zu verkleinern, dass eine Operation und damit eventuelle Heilung doch noch möglich ist.

Heilungschance durch Operation

Wie bei den meisten Krebserkrankungen kann auch beim Bauchspeicheldrüsenkrebs eine Heilung nur durch eine Operation erzielt werden. Die Untersuchungen sollen daher auch zeigen, ob der Tumor operiert werden kann. „Unser Ziel ist es, das Tumorgewebe sowie die umgebenden Lymphknoten möglichst vollständig zu entfernen. Nur dann ist eine Heilung möglich.

Das kann gelingen, wenn die Tumorerkrankung auf die Bauchspeicheldrüse begrenzt ist“, erklärt Prof. Wedemeyer. Ist der Tumor operabel, entfernt der Chirurg ihn ohne vorherige feingewebliche Untersuchung. Erst anschließend wird das Gewebe analysiert und seine exakte Ausdehnung festgestellt.“ Danach kann das Tumorstadium festgelegt und die finale Diagnose gestellt werden.

Chemotherapie ist obligatorisch

Konnte der Tumor durch die Operation vollständig entfernt werden, ist die Therapie noch nicht abgeschlossen. Um gegebenenfalls verbliebene Tumorreste und winzige Metastasen zu zerstören, führen die Onkologen im Anschluss stets eine Chemotherapie durch. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass der Bauchspeicheldrüsenkrebs relativ früh kleinste Metastasen bildet“, so Prof. Wedemeyer. Mediziner bezeichnen das als adjuvante Therapie.

Der Patient entscheidet mit

Sollte der Tumor nicht operabel sein, entscheiden die Experten anhand der vorliegenden Untersuchungsergebnisse, welche Therapieform noch geeignet ist. Dies geschieht im Rahmen eines Expertengremiums, dem sogenannten Tumorboard.

Es besteht aus Ärzten beteiligter Fachrichtungen. In der Regel sind Internisten, Chirurgen, Onkologen und Strahlentherapeuten beteiligt. Eine wesentliche Entscheidungsgrundlage ist hierbei das Tumorstadium. Gemeinsam mit dem Patienten wird abschließend über die Therapieentscheidung gesprochen.

„Wir berücksichtigen in diesen Fällen grundsätzlich auch Patientenwünsche beziehungsweise ihre Lebenssituation“, betont Prof. Wedemeyer. Für den Fall, dass der Tumor nicht operabel ist, beziehungsweise bereits gestreut hat, muss vor Einleitung einer Chemotherapie die Diagnose Pankreaskrebs durch Gewinnung einer Gewebeprobe bestätigt werden. Diese palliative Chemotherapie soll ein weiteres Wachstum verhindern und zu einer Verkleinerung der Absiedlungen führen.

Zielgerichtete Therapie als Ergänzung

„Von Fall zu Fall ergänzen wir die Chemotherapie durch eine zielgerichtete Therapie, die sich gegen bestimmte Zellrezeptoren richtet. Das soll die Wirkung gegen die Tumorzellen verstärken“, erläutert Prof. Wedemeyer und ergänzt: „Stellt sich innerhalb der ersten acht Behandlungswochen ein Hautausschlag ein, wirken die Medikamente.“

Bei Patienten mit einem sehr guten Allgemeinzustand kann eine Kombination von Zytostatika ausgewählt werden. Eine weitere Verbesserung in den Behandlungsergebnissen ist durch ein neues Chemotherapeutikum erreicht worden, bei dem der Wirkstoff an Eiweiß-Nanopartikel gebunden ist.

Durch die Behandlung mit Zytostatika wird auch gesundes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen. Davon betroffen sind oft die Schleimhäute von Magen und Darm, das blutbildende System im Knochenmark und die Haarwurzeln. Mögliche Begleiterscheinungen der Chemotherapie sind daher Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle und Haarausfall. Die gute Nachricht ist: Die Nebenwirkungen lassen sich oft durch Medikamente abfangen oder lindern. In der Regel verschwinden diese Nebenwirkungen nach Abschluss der Behandlung vollständig.

In guten Händen

„Beim fortgeschrittenen, nicht-operablen Bauchspeicheldrüsenkrebs führen wir in der Regel eine palliative Chemotherapie durch. Damit möchten wir das Tumorwachstum stoppen und die Symptome der Erkrankung lindern. An der Therapie sind zu diesem Zwecke auch ausgebildete Schmerztherapeuten beteiligt“, so Prof. Wedemeyer.

Oft ist es bei der Erkrankung auch erforderlich, eingeengte Gallenwege oder einen eingeengten Zwölffingerdarm offen zu halten. Dies geschieht durch den Einsatz von Stents. Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs befinden sich in Deutschland grundsätzlich in guten Händen. Denn die Bauchspeicheldrüsen-Chirurgie ist eine sogenannte „mindestmengenrelevante Chirurgie“.

Das heißt, ein Krankenhaus muss eine ausreichend große Menge dieser Eingriffe nachweisen, um sie überhaupt mit den Krankenkassen abrechnen zu können. „Betroffene dürfen also davon ausgehen, dass sie es mit erfahrenen Ärzten zu tun haben“, erklärt Prof. Wedemeyer. Darüber hinaus gibt es noch zertifizierte Pankreaszentren, in denen deutlich höhere Operationszahlen gefordert sind.


Prof. Dr. Jochen Wedemeyer, Leiter des Pankreaskarzinomzentrums im Klinikum Robert Koch, Gehrden © Privat