Sorgfältige Behandlungsplanung Darmkrebs: Erfolgreiche Therapie nach Tumorstadien

Autor: Perspektive LEBEN

Tomographien geben Aufschluss über den Darmkrebs. Das Schema verdeutlicht die Ausmaße des Organs im menschlichen Körper. © iStock/sudok1, SolStock

Die Diagnose wird in diesem Jahr Schätzungen zufolge deutschlandweit bei 59 000 Menschen gestellt. Mit 33 000 Männer und 26 000 Frauen ist Darmkrebs derzeit bei Männern die dritthäufigste und bei Frauen die zweithäufigste Tumorerkrankung hierzulande.

Die Faustformel lautet: Je früher ein Tumor entdeckt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Das gilt auch für den Darmkrebs. „Die Medizin spricht in diesem Zusammenhang von unterschiedlichen Tumorstadien, in denen sich die Krankheit befindet. Bevor wir eine endgültige Therapie planen können, müssen wir das jeweilige Stadium sorgfältig ergründen“, sagt Prof. Dr. Jochen Wedemeyer. Der Darmkrebsexperte ist Leiter der Klinik für Innere Medizin im Klinikum Robert Koch, Gehrden. Je nach dem diagnostizierten Darmkrebsstadium greifen die Ärzte auf unterschiedliche Behandlungsmethoden zurück.

Stadien-Einteilung als Strategiebasis

Die Stadium-Einteilung erfolgt nach international gebräuchlichen Kriterien. Sie ermöglichen es, die Größe und Ausbreitung eines Tumors zu klassifizieren und ihn verschiedenen Stadien zuzuordnen. „Bereits vor der Operation versuchen wir, den Tumor möglichst genau einzustufen. Die endgültige Einschätzung gelingt aber meist erst nach der Entfernung des Primärtumors und der anschließenden Untersuchung des Gewebes“, erklärt Prof. Wedemeyer und fügt hinzu: „Diese Tatsache gilt gerade, wenn es sich um ein schon fortgeschrittenes Stadium handelt“.

Die Bestimmung eines Tumors ist relativ komplex. Sehr viele unterschiedliche Fakoren müssen bei einer Typisierung in Betracht gezogen werden.

Grob betrachtet teilen ihn die Onkologen in vier Stadien ein, für die bestimmte Normen maßgeblich sind. Dazu gehören die Größe und Ausbreitung des Primärtumors, das Vorhandensein von örtlichen oder benachbarten Lymphknotenmetastasen und von Fernmetastasen in anderen Organen. Einem wenig fortgeschrittenen Tumor schreiben die Experten das Stadium 1 zu, einem sehr fortgeschrittenen Tumor, der schon Metastasen aufweist, das Stadium 4.

Tumorentfernung im Enddarm – mitunter vorerst Nebensache

Der Enddarmkrebs, auch Rektumkarzinom genannt, ist der Darmkrebs, der die letzten 16 cm des Dickdarms betrifft. Die Behandlung des Enddarmkrebses unterscheidet sich von der eines Dickdarmkrebses in den restlichen Abschnitten. Hintergrund der unterschiedlichen Dia­gnostik und Behandlung ist insbesondere die Blut- und Lymphgefäßversorgung im letzten Abschnitt des Dickdarms. Während in vorgeschalteten Abschnitten das Blut zunächst in Richtung Leber fließt und hier möglicherweise Metastasen verursacht, kann das Blut aus dem Enddarm auch direkt in die Lunge fließen und hier Absiedlungen setzen.

„In der Regel therapieren wir beide Krebsarten unterschiedlich. Allein deshalb macht eine Unterteilung Sinn“, sagt Prof. Wedemeyer. Befindet sich der Tumor innerhalb der letzten 16 Zentimeter des Darms, lautet die Diagnose Enddarmkrebs. Um sein Stadium festlegen zu können, bedienen sich die Ärzte sogenannter bildgebender Verfahren. Hierzu zählen Computertomographie-, Kernspintomographie- und Sonographie-Untersuchungen. „Mit ihrer Hilfe suchen wir nach Absiedlungen in Lunge und Leber, stellen die Eindringtiefe des Primärtumors in die Darmwand fest und schauen, ob lokale Lymphknoten befallen sind.“

Erst den Tumor verkleinern – und danach erfolgreich operieren

Die Bilder sind eine wichtige Basis für die Behandlungsplanung, die stets im Rahmen einer Tumorkonferenz vorgenommen werden sollte. Eine Reihe Experten verschiedener medizinischer Fachrichtungen prüfen und diskutieren die Behandlungsmöglichkeiten. Letztendlich erhält der Patient so die optimale Therapie.

„Finden sich lokale Lymphknoten oder Metastasen, beginnen wir die Therapie in der Regel mit einer neoadjuvanten Behandlung. Das geschieht in Form einer Strahlen- und Chemotherapie“, so Prof. Wedemeyer. „Ziel hierbei ist es, den Tumor so zu verkleinern, dass er sich besser operieren lässt. Zudem sollen die Metastasen zerstört werden.“ Erst im Anschluss an diese Behandlung, die zwei bis drei Monate dauern kann, erfolgt die Operation des eigentlichen Tumors.

„Wir wissen, dass eine solche Vorgehensweise die Langzeitergebnisse für die Betroffenen verbessert“, fasst Prof. Wedemeyer zusammen.

Dickdarmkrebs: Stadiumeinteilung erst nach OP

Die Erhebung des Stadiums beim Dickdarmkrebs beginnt ebenfalls mit bildgebenden Untersuchungen von Leber und Lunge. „Finden wir dabei Metastasen, wird der Fall zunächst im Rahmen der Tumorkonferenz besprochen. Ergibt sich kein Hinweis auf Absiedlungen des Tumors, ist der erste Therapieschritt die Operation des Tumors“, erläutert der Experte. „Anhand seiner Eindringtiefe und eines eventuellen Befalls der angrenzenden Lymphknoten bekommen wir dann das Tumorstadium heraus.“

Die Lymphknoten werden im Rahmen der Operation mit entfernt und hinterher vom Pathologen gründlich untersucht. Von den Ergebnissen hängt auch ab, ob sich nach der Operation gegebenenfalls noch eine sogenannte adjuvante Behandlung in Form einer Chemotherapie anschließt.

Nachsorge: Warum sie so wichtig ist

Die Nachsorgeuntersuchungen bieten Chancen und Gewissheit. Eventuell auftretende weitere Tumoren können entdeckt und behandelt werden. Welche Untersuchungen durchgeführt werden sollten, bestimmt Ihr Arzt ganz individuell. Üblich sind Befragung, Blutuntersuchungen, Stuhl­untersuchung auf Blut, Ultraschalluntersuchungen, die Darmspiegelung sowie Röntgen- und computertomographische Untersuchungen. Bis zu zwei Jahre nach einer Behandlung werden die Untersuchungen relativ dicht aufeinanderfolgen – zur Sicherheit und Beruhigung der Patienten.

Dies geschieht immer dann, wenn ein fortgeschrittenes Tumorstadium vorliegt. Tumorzellen, die mit den üblichen bildgebenden Verfahren wie Sonographie oder CT noch gar nicht erkennbar sind, sollen so abgetötet und ein erneutes Ausbrechen der Tumorerkrankung verhindert werden. Je höher das Tumorstadium ist, desto wahrscheinlicher wird eine solche Maßnahme.


Prof. Dr. Jochen Wedemeyer, Leiter der Klinik für Innere Medizin im Klinikum Robert Koch, Gehrden © Privat