Leberkrebs Wie die Gruppe hilft – Austausch mit Betroffenen

Autor: Jonathan Fasel

„Jeder der Teilnehmer an der Selbsthilfegruppe erhält nützliche Informationen für seine individuelle Krankheitssituation.“ © reichdernatur – stock.adobe.com

Die Leberzirrhose gilt als Hauptrisikofaktor für die Entstehung von Leberkrebs. Hierzulande erkranken rund 9.000 Patienten jährlich neu. Die Patienten sind meist zwischen 50 und 60 Jahre alt. Die Diagnose belastet stark, gilt Leberkrebs doch als relativ schwere Krebserkrankung. Sie zu verarbeiten, gelingt oftmals nicht ohne psychische Unterstützung. Ein Austausch von Erfahrungen und Hilfestellungen, abseits der ärztlichen Informationen, kann nun wichtig sein. Genau das finden Betroffene in Selbsthilfegruppen.

Perspektive LEBEN befragte Sabine von Wegerer zum Thema Selbsthilfe bei Leberkrebs. Die Vorstandsvorsitzende und Beraterin beim Berliner Leberring e.V. betreut und moderiert seit Jahren entsprechende Selbsthilfegruppen. Ihre Empfehlung lautet: „Betroffene sollten möglichst gleich nach ihrer Diagnose eine Selbsthilfegruppe aufsuchen. Denn gerade am Anfang tauchen neben den medizinischen Themen viele persönliche Fragen auf, die man dem Arzt nicht stellen möchte oder die er nicht beantworten kann.“ Sabine von Wegerer betont: „Wartet man zu lange und bleiben dringende Fragen ungeklärt, wächst die Unsicherheit und damit der Stress des Betroffenen unnötigerweise an.“

Die Seele braucht Trost

Die Diagnose Leberkrebs kommt meist völlig unerwartet. Patienten werden aus ihrem Alltag gerissen und müssen sich mit unbekannten Sachverhalten auseinandersetzen: Sie müssen sich mit komplizierten medizinischen und sozialrechtlichen Fragestellungen befassen und gleichzeitig unterschiedliche Diagnoseverfahren über sich ergehen lassen, bis schließlich die ersten Therapiemaßnahmen beginnen. Überhäuft von oftmals schwer verständlichen Informationen, bleibt kaum Zeit für Gefühle. „Aber genau die dürfen keinesfalls zu kurz kommen. Gerade die Seele braucht nun Trost und Beruhigung. Außenstehende können hier oft nicht entlasten“, weiß Sabine von Wegerer und fügt hinzu: „Gespräche mit anderen Betroffenen vermitteln Neuerkrankten viel Sicherheit und Zuversicht. Und genau das ist wichtig in dieser schweren Zeit.“

Für jeden was dabei

In einer Selbsthilfegruppe tauschen Betroffene wertvolle Tipps für den Umgang mit ihrer Krankheit im Alltag aus. Es gibt beispielsweise Ratschläge für die richtige Einnahme von Medikamenten, zu möglichen Nebenwirkungen und mit welchen Methoden man sie wirkungsvoll bekämpfen kann. Auch berichten Erkrankte über ihre Erfahrungen mit Ärzten und können Empfehlungen aussprechen. Zudem ist bei Leberkrebspatienten das Thema Ernährung ein gern diskutiertes. „Jeder erhält nützliche Informationen für seine individuelle Krankheitssituation. Aber auch über Privates wird gesprochen oder was man bei der Beantragung eines Behindertenausweises beachten sollte“, sagt Sabine von Wegerer.

Sprechen ist kein Muss

Eine Gruppensitzung dauert in der Regel zwei Stunden. Zu Beginn einer typischen Sitzung gibt es bei Sabine von Wegerer immer Kaffee oder Tee. „Wir machen es uns gemütlich, damit wir uns wohlfühlen.“ Die Runde startet dann mit einem „Blitzlicht“: Jeder Teilnehmer berichtet kurz, wie es ihm in letzter Zeit ergangen ist. Damit fachlich alles sauber abläuft, moderiert Sabine von Wegerer die Sitzungen. Zudem achtet sie auf Ausgewogenheit bei Themen und Inhalten. „Niemand darf mit seinen Belangen zu kurz kommen. Und jeder sollte etwas sagen dürfen“, erklärt von Wegerer und betont: „Sprechen ist jedoch kein Muss. Nur wer möchte, kann sich beteiligen.“ Nach einer Sitzung besteht üblicherweise die Möglichkeit zu Einzelgesprächen mit der Leiterin. Denn Manche möchten nicht alle Probleme in der Gruppe diskutieren. „Auf solche menschlichen Bedürfnisse nehmen wir selbstverständlich Rücksicht.“

Teilnahmedauer unbestimmt

Allerdings leben Selbsthilfegruppen auch von einer gewissen Bereitschaft, sich innerhalb einer Gruppe zu öffnen. „Je offener die Gespräche verlaufen, desto erfolgreicher ist eine Sitzung“, betont Sabine von Wegerer. „Denn offene Gespräche erleichtern und befreien gerade neue Teilnehmer und bauen den seelischen Druck ab. Besonders belastend empfinden Betroffene die Tatsache, dass Krebs in der Gesellschaft immer noch ein Tabu-Thema ist. Im Gegensatz zu anderen Volkskrankheiten ist ein offener Austausch selten möglich. Auch deshalb ist es für viele sehr entlastend, mit Gleichgesinnten sprechen zu können. Ab wann und wie lange Betroffene an den Sitzungen teilnehmen, ist ganz unterschiedlich. „Das ist individuell offen. Einige kommen nur, um ihre Therapiezeit zu überbrücken. Andere sind auch nach ihrer Behandlung und Reha noch viele Jahre dabei“, erzählt Sabine von Wegerer. „Solche Teilnehmer beleben die Gruppe, denn sie können ihre umfangreichen Erfahrungen rund um die Erkrankung an die weitergeben, die gerade erst am Anfang stehen.“


Wie gehe ich am besten mit Nebenwirkungen um? Auf welche Ernährung sollte ich achten? In der Gruppe gibt es Antworten auf viele Fragen. © CMP – stock.adobe.com