Interessenvertretung Junge Erwachsene und Krebs

Autor: Perspektive LEBEN

Jüngere Patient:innen im Blick. © Dirk Bleicker, Julia Krämer/Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs

Eine Krebserkrankung ist im höheren Alter wahrscheinlicher als in jungen Jahren. Betroffene, die noch an der Schwelle des Erwachsenenalters stehen oder vielleicht erst noch eine Familie gründen wollen, bilden eher eine Randgruppe. Die „Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs“ hilft speziell diesen jungen Menschen weiter.

Jette ist gerade 16 Jahre alt und studiert schon. Bernd zählt 22 Jahre und ist ausgebildeter Elektroniker. Johanna ist 30, Sängerin und Vocal Coach. Und Lisa ist 21 und ausgebildete Groß- und Einzelhandelskauffrau.

Lisa
Alter zum Zeitpunkt der Diagnose:
21
Beruf: Groß- und Außenhandelskauffrau
Diagnose: Hodgkin-Lymphom

„Viele Menschen denken, dass es nicht weitergeht. Ich sehe das anders. Im Großen und Ganzen kann man mit genug Unterstützung ganz normal leben. Mein größter Wunsch ist, dass die Krankheit nicht wiederkommt. Wenn aber doch, dann kann ich es nicht ändern. Dann mache ich die Behandlung noch mal.“

So unterschiedlich die Wege der vier auch sein mögen, zwei Dinge haben Sie gemeinsam: erstens eine Krebsdiagnose – von der akuten lymphatischen Leukämie über Darmkrebs und Brustkrebs bis zum Hodgkin-Lymphom. Und zweitens engagieren sich die vier ehrenamtlich in der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs.

Eine Ansprechpartnerin in schwieriger Zeit

Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs hat sich eine Aufgabe gesetzt: Sie unterstützt und begleitet junge Betroffene mit einer Krebserkrankung durch die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie des öffentlichen Gesundheitswesens. Zudem engagiert sie sich für eine bessere Versorgung junger Krebspatienten und vertritt deren Interessen gegenüber Gesellschaft und Politik auf regionaler Ebene bis hin zur Bundesebene.

Bernd
Alter zum Zeitpunkt der Diagnose: 22
Beruf: Elektroniker
Diagnose: Darmkrebs

„Mein größter Wunsch? Erst einmal wieder ganz normal arbeiten zu können. Ich hoffe, dass nach der Operation und der Chemotherapie kein Rückfall kommt. Ich möchte einfach leben und arbeiten können – wie jeder andere auch.“

„Ein offenes Gespräch kann dich entlasten, deine Ängste verringern und Klarheit schaffen – für dich und auch für die Menschen in deinem Umfeld“, sagt Jessi, von Beruf Bauzeichnerin. Sie ist 30 Jahre alt und leidet unter Schilddrüsenkrebs. Damit spricht sie eine weitere wichtige Aufgabe der Stiftung an: Kontakte schaffen, Beratung geben und Austausch zwischen den jungen Betroffenen ermöglichen.

Informationen und Aufklärung sind wichtig

Gemeinsam mit jungen Erkrankten und Spezialisten hat die Stiftung das Projekt „Jung & Krebs – Erste Hilfe – Tipps von Betroffenen“ entwickelt. Junge Frauen und Männer, die an Krebs erkrankt sind oder waren, haben ihre Erfahrungen in das Projekt eingebracht. In verschiedenen Themenblöcken werden auf der Webseite und in Broschüren die Bereiche, in denen die meisten Fragen und Probleme unmittelbar nach der Diagnose entstehen, beschrieben. Hilfreiches Material, das den jungen Betroffenen nach dem ersten Schock der Dia­gnose weiterhelfen soll.

Stephan
Alter zum Zeitpunkt der Diagnose: 24
Beruf: Erzieher/Rentner (EU)
Diagnose: Astrozytom/Hirntumor

„Als ich 2005 die Diagnose Hirntumor bekam, war ich geschockt. Ich wollte gerade am nächsten Tag einen neuen Job anfangen. Jetzt konzentriere ich mich auf meine ehrenamtliche Arbeit in verschiedenen Selbsthilfegruppen.“

Kampf für die Kostenübernahme fruchtbarkeitserhaltender Maßnahmen

Zudem kämpft die Stiftung gegen ein Problem, das nur jüngere Krebspatienten kennen: Sie setzt sich seit Jahren für die Kostenübernahme fruchtbarkeitserhaltender Maßnahmen bei jungen Betroffenen ein. Mittlerweile konnte dank intensiver Aufklärung der Politik eine Änderung in den Vorschriften des § 27a im Sozialgesetzbuch V (SGB V) erreicht werden, die die Kassen zur Kostenübernahme verpflichtet. Mit dem 1. Juli 2021 ist diese Regelung wirksam geworden. Die nach dem Gesetz vorgesehene Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist mittlerweile in Kraft getreten und auch die entsprechenden Abrechnungsziffern sind festgelegt worden.

Johanna
Alter zum Zeitpunkt der Diagnose: 30
Beruf: Sängerin & Vocal Coach
Diagnose: Brustkrebs

„Ich habe in der Stiftung viele tolle und lebensbejahende Menschen kennengelernt, die mir Mut machen und zeigen, dass ich das, was sie können, auch schaffen kann. Wir unternehmen wundervolle Dinge miteinander, die mich die ganze Angst und Bedrückung, die durch die Krankheit in mein Leben kam, einfach mal einen Tag lang vergessen lassen.“

Aber es gibt noch Lücken: Die Kosten für die teuren Medikamente zur Eierstock-Stimulation für eine Eizellkonservierung auf Grundlage dieser Richtlinie werden für unter 18-Jährige immer noch nicht übernommen.

Neue Lebensperspektiven gewinnen

Junge Erwachsene erleben ihre Krebsdiagnose nicht selten als Zusammenbruch ihrer bisherigen Lebensplanung. Darüber hinaus trifft die Erkrankung Menschen, die sich mit den Fragen wie der von Familiengründung und Kindern noch gar nicht endgültig auseinandergesetzt haben. Auch deshalb ist es so wichtig, dass diesen Patienten ermöglicht wird, im späteren Leben eigene Kinder zu bekommen.

„Heute bin ich viel dankbarer für die kleinsten Dinge in meinem Leben“, sagt Natascha, 30, Referentin für erneuerbare Energien. „Ich verspüre das starke Bedürfnis, etwas zurückgeben zu wollen“, sagt die junge Frau, die an akuter myeloischer Leukämie erkrankt war. Und sie fügt an: „Ich kann nun anderen Betroffenen helfen – und auch selbst noch so unglaublich viel lernen.“