Selbstakzeptanz Den neuen Körper schätzen lernen

Autor: Barbara Quenzer

Betroffene Frauen sind Expertinnen in eigener Sache. (Agenturfoto) © iStock/LaylaBird

Nach der Diagnose ist zunächst die Prognose das Wichtigste. Wird eine Brustamputation nötig, kommt etwas dazu. Für Betroffene ist die Veränderung ihres Körperbilds oft fast genauso belastend wie die Diagnose selbst. Barbara Quenzer von der Frauenselbsthilfe Krebs gehört selbst zu den Betroffenen. Und gibt hier Patientinnen hilfreichen Rat.

Viele von Brustkrebs betroffene Frauen haben die große Angst vor dem Verlust ihrer Brust – sie fürchten vielleicht, nicht mehr so geliebt und akzeptiert zu werden wie zuvor. Deshalb empfinden manche Patientinnen ihre Brustkrebserkrankung als Bedrohung ihrer Weiblichkeit. Vielfach entstehen Schamgefühle oder Unsicherheit: Wie wird der Partner oder die Partnerin auf das veränderte Körperbild reagieren? Vor allem dann, wenn Patientinnen ihr Körperbild noch nicht akzeptieren können, glauben sie, dass es anderen Menschen genauso ergeht. Statt da­rüber das Gespräch zu suchen, deuten sie ihre Gedanken und Befürchtungen nur vage an oder verschweigen sie, um sich vor vermeintlicher Zurückweisung zu schützen. Doch das ist keine Lösung.

Viele Wege, damit umzugehen

Betroffene Frauen sollten bedenken: Nicht nur sie als Patientinnen, auch die Menschen in Familie und Freundeskreis sind verunsichert, wie sie mit der Operation umgehen sollten. Die Erfahrung zeigt: Hier helfen nur offene Gespräche. Sonst kann im schlimmsten Fall jede Äußerung oder Nichtäußerung als Desinteresse oder Zurückweisung gedeutet werden.

Natürlich ist es am Anfang nicht leicht, sich mit dem neuen Körper anzufreunden. Deshalb gilt hier der Rat: Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen aus, die die Erfahrung bereits gemacht haben. Häufig relativieren sich dabei die vorherrschenden Ängste und Befürchtungen.

Ein guter Ort für diesen Austausch kann der Besuch einer Selbsthilfegruppe sein. Dort gibt es Frauen, denen eine Brust abgenommen werden musste und die von ihren Erfahrungen berichten können. Sie sind Expertinnen in eigener Sache und können aus eigenem Erleben heraus erläutern, wie sie einen guten Umgang mit dem neuen Körperbild gefunden haben. Betroffene können fragen, wie es nach der Brustamputation weitergehen kann, wie sich eine „neue“ Brust nach einem Brustaufbau anfühlt, wie belastend die notwendigen Eingriffe sind und welche möglichen Nebenwirkungen eintreten können.

Für Betroffene ist die nächste Frauenselbsthilfegruppe nur einen Klick entfernt

Gruppen vor Ort »

Die Bundesgeschäftsstelle in Bonn hilft ebenfalls weiter. Sie unterstützt Patientinnen dabei, eine Gruppe oder eine Ansprechpartnerin zu finden; Tel.: 0228 - 33 88 94 00. Ebenso hilfreich empfinden manche Frauen den Austausch mit anderen Betroffenen in Internetforen.

Andere Frauen wiederum entscheiden sich bewusst gegen einen Brustaufbau und können von ihren Motiven erzählen. Sie möchten sich zum Beispiel weitere Operationen und damit zusätzliche Narben ersparen. Und es gibt Frauen, die in ihrer Brustkrebserkrankung die Chance für einen neuen Lebensabschnitt mit einem veränderten Körper- und Selbstbewusstsein sehen, in dem die fehlende Brust für sie nicht fehlende Lebensqualität bedeutet.

Die Gruppe hilft weiter

In der „Frauenselbsthilfe Krebs“ gibt es viele Ansprechpartnerinnen, um sich als betroffene Frau über das Thema „Umgang mit dem veränderten Körperbild“ auszutauschen. Dabei können alle Fragen, die nun wichtig sind, ohne falsche Scham angesprochen werden. Denn wenn sich das Körperbild wegen einer Krebserkrankung und den damit verbundenen Therapien verändert, setzt sich häufig eine Gedankenspirale in Gang: „Bin ich noch attraktiv?“; „Mein Partner mochte meine Brüste immer so gerne. Wird er mich so noch lieben?“

In der Gruppe werden viele gute Tipps ausgetauscht, wie betroffene Frauen wieder ein gutes Verhältnis zu ihrem Körper herstellen können. Eine Auswahl:

  • Beginnen Sie Ihren Tag bewusst mit einem liebevollen Pflegeprogramm.
  • Überwinden Sie Ihre Scheu und pflegen Sie Narbengewebe besonders intensiv, damit Ihre Narbe weich und elastisch bleibt. Sie beugen damit Verwachsungen vor. Darüber hinaus können Sie Ihren veränderten Körper besser kennenlernen, wenn Sie ihn eincremen.
  • Wenden Sie sich bewusst schönen Dingen zu und tun Sie etwas Gutes für sich.
  • Verwöhnen Sie sich! Ein Besuch beim Friseur oder bei der Kosmetikerin heben die Stimmung und das Selbstwertgefühl!
  • In den vergangenen Jahren sind Prothesenwäsche und -bademoden entwickelt worden, die bezüglich des Materials und der Attraktivität kaum von herkömmlicher Unterwäsche zu unterscheiden sind. Nehmen Sie sich Zeit, schöne Wäsche zu finden und auszuprobieren.
  • Nutzen Sie Möglichkeiten, ein neues Körperbewusstsein aufzubauen. Dabei können körperliche Bewegung wie Sport oder Tanz, aber auch Entspannungstechniken helfen.

Sollten Sie Schwierigkeiten haben, einen Zugang zu Ihrem veränderten Körper zu finden, kann zudem eine Psychotherapie sinnvoll sein und einen unterstützenden Effekt haben. Das Ziel all dieser Aktionen ist es: sich wieder über sich selbst freuen zu können und im Reinen mit sich und seinem neuen Körper zu sein!


Barbara Quenzer gehört zu den Betroffenen. Seit sie Ihre Erkrankung überwunden hat, hilft sie anderen Frauen – mittlerweile als stellvertretende Bundesvorsitzende der Frauenselbsthilfe. © Privat