Brustkrebs Wie Chemotherapie und Bestrahlung helfen

Autor: MPL-Redaktion

Bei Brustkrebs gibt es eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten. © iStock/Katarzyna Bialasiewicz

Mit rund 70.000 Neuerkrankungen pro Jahr handelt es sich um die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Die Krankheit tritt deutlich früher auf als andere Krebsarten: Etwa jede vierte Frau ist bei der Diagnosestellung jünger als 55 Jahre und jede zehnte unter 45 Jahre alt. Neben der Operation gehören die Chemo- und Strahlentherapie zu den Standardtherapien. Perspektive Leben befragte die Expertin Professor Dr. Barbara Schmalfeldt. Sie ist Direktorin der Klinik und Poliklinik für Gynäkologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Chemotherapie – nicht mehr unbedingter Standard

„Die wichtigste Frage, die nach der Operation des Brustkrebses heutzutage geklärt werden muss, ist: Braucht die Patientin überhaupt eine Chemotherapie? Es steht zwar zweifelsfrei fest, dass eine Chemotherapie das Rückfallrisiko einschränken kann. Aber wir erleben auch, dass viele Patientinnen durch eine Operation mit einer anschließenden Antihormontherapie gleichermaßen geheilt werden können“, betont Prof. Schmalfeldt.

Zur entsprechenden Einschätzung dienen bestimmte Prognosefaktoren, wie der Lymphknotenstatus, die Tumorgröße oder spezielle Eigenschaften des Tumors. Wichtige Informationen hierzu liefert die Gewebeprobe des Tumors. „Vor gerade einmal fünf Jahren war das noch anders – die Chemotherapie war Standard. Heute stehen uns mehr Optionen zur Verfügung – zum Wohle der Patientinnen“, so die Expertin.

Chemotherapie – wie sie funktioniert

Als Chemotherapie wird die Behandlung von Krebserkrankungen mit Medikamenten, sogenannten Zytostatika, bezeichnet. Sie hindern die Krebszellen an der Teilung. So sollen sämtliche Krebszellen im Körper zerstört werden. Die Chemotherapie wird daher auch als systemische Therapie bezeichnet – weil sie den ganzen Körper betrifft. Zytostatika wirken gegen sich schnell teilende Zellen – wie die Brustkrebszellen. Allerdings greifen sie auch gesunde, sich schnell teilende Zellen an. Dazu gehören zum Beispiel die Haarzellen oder die Schleimhautzellen. Das kann dann zu Nebenwirkungen, wie Haarausfall und Entzündungen der Schleimhaut führen.

Eine Chemotherapie dient unterschiedlichen Zwecken: Als neoadjuvante Therapie wird sie vor einer geplanten Operation eingesetzt. Ziel ist es in einem solchen Fall, den Tumor so zu verkleinern, dass er besser operiert werden kann. Als adjuvante Therapie kommt sie hingegen erst nach einer Operation zum Einsatz. Hierbei sollen eventuell noch im Körper vorhandene Tumorzellen zerstört werden. Das erhöht zusätzlich die Chancen auf eine Heilung. Ist diese nicht mehr möglich, wird die Chemotherapie auch als palliative Behandlung genutzt. Sie verlangsamt das Fortschreiten der Erkrankung und sorgt so für ein längeres Überleben.

Chemotherapie – abgestimmt auf die Erkrankung

Es gibt verschiedene Zytostatika. Sie unterscheiden sich vor allem in der Art und Weise, wie sie die Tumorzellen zerstören. Somit kann die Therapie an die persönliche Krankheitssituation der Patientin angepasst werden. „Jede Patientin bekommt ihre individuelle Chemotherapie. Je nachdem, um was für eine Art von Brustkrebs es sich handelt, in welchem Stadium sich der Tumor befindet, ob er bereits Metastasen gebildet hat und je nachdem, wo er liegt“, erklärt Prof. Schmalfeldt. Die Medikamente werden stets in mehreren Zyklen verabreicht – meist in vier oder sechs. Die Patientin bekommt dafür entweder einen Zugang an einer Arm- oder zentral gelegenen Vene gelegt. In manchen Fällen können die Zytostatika auch geschluckt werden. Ein Zyklus dauert in der Regel einen Tag. Die dazwischen liegenden Pausen erstrecken sich über einige Tage oder auch Wochen. So können sich geschädigte gesunde Zellen regenerieren.

Welche Nebenwirkungen auftreten und wie ausgeprägt sie sind, hängt unter anderem von der Art der Medikamente und der körperlichen Verfassung der Patientin ab. Typisch sind Übelkeit, Schleimhautentzündungen, Müdigkeit, Durchfall, Appetitlosigkeit, Haarausfall und Immunschwäche. „Die gute Nachricht lautet allerdings: Das meiste ist nur vorübergehend. Zudem gibt es die sogenannten Supportiv-Therapien. Sie lindern die Nebenwirkungen und sorgen für eine deutlich bessere Lebensqualität“, betont Prof. Schmalfeldt. „Patientinnen sollten auch während der Chemotherapie leichten Sport treiben. Das verbessert das Allgemeinbefinden.“

Keine Wirkung ohne Nebenwirkungen!

Viele Frauen fürchten sich vor den Nebenwirkungen besonders einer Chemotherapie. Dabei sollten Patientinnen bedenken: Diese Nebenwirkungen sind Teil der Wirksamkeit der individuellen Therapie. Die gute Nachricht: Viele Nebenwirkungen können mittlerweile durch moderne Medikamente deutlich gelindert oder sogar komplett verhindert werden. Wichtig ist zudem, sich klar zu machen:

  • Es stehen Dank der Forschung bei der Behandlung von Übelkeit mittlerweile hochwirksame Präparate bereit.
  • Die Nebenwirkungen verlieren sich nach dem Ende der Therapie. Das bedeutet: Auch die Haare, die den Patientinnen in der Chemo ausgefallen sind, kehren wieder zurück

Strahlentherapie – technisch anspruchsvoll

„Konnte die Brust nach der Operation erhalten werden, wird in der Regel eine Bestrahlung durchgeführt. Diese erfolgt lokal, nämlich gezielt in dem Bereich, wo eventuell noch Tumorzellen zurückgeblieben sind“, erläutert Prof. Schmalfeldt und ergänzt: „Das ist der entscheidende Unterschied zur Chemotherapie, die den ganzen Körper erfasst.“ Die Bestrahlung kann darüber hinaus auch auf die Lymphabflusswege gerichtet werden. Das geschieht immer dann, wenn mehr als drei Lymphknoten betroffen waren.

Bei der Strahlentherapie hat sich technisch in den letzten Jahren sehr viel getan. Die Geräte bestrahlen wesentlich präziser. Die Behandlung kann zudem vorab computersimuliert exakt geplant werden. „Das Zielgewebe wird dadurch genauer erfasst und das gesunde Umgebungsgewebe geschont. Somit werden Lunge und Herz deutlich weniger belastet als früher. Das alles führt zu einer sehr guten Verträglichkeit für die Patientinnen“, berichtet Prof. Schmalfeldt.

Die Strahlentherapie soll Brustkrebszellen so schädigen, dass sie absterben. Das geschieht mithilfe von Strahlen, die das Erbmaterial der bestrahlten Krebszellen zerstören. Die Behandlung läuft über vier bis sechs Wochen. Sie wird ambulant durchgeführt und dauert maximal eine halbe Stunde – oft auch nur wenige Minuten. Die Nebenwirkungen beschränken sich auf die Haut im Bereich des Strahlenfeldes. In einigen Fällen verursachen die Strahlen Rötungen – sehr selten kommt es zur Blasenbildung. „Aber heute gibt es gute Möglichkeiten, diese Nebenwirkungen zu lindern“, betont die Expertin.