Die Optionen bei CLL Chemotherapiefrei als ein neues Ziel

Autor: Dietmar Kupisch

In vielen Fällen hilft einfach Beobachten und Abwarten. © Kateryna_Kon – stock.adobe.com

Die chronische lymphatische Leukämie, abgekürzt mit CLL, ist die häufigste Leukämie im Erwachsenenalter und wird den Non-Hodgkin-Lymphomen zugeordnet. Die meisten betroffenen Patienten sind über 65 Jahre alt. Jährlich kommt es in Deutschland zu etwa vier Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Perspektive LEBEN erklärt die Möglichkeiten zur Behandlung.

Bei der chronischen lymphatischen Leukämie vermehren sich weiße Blutkörperchen, die sogenannten Lymphozyten, im Körper zu stark. Diese krankhaften Lymphozyten sind jedoch funktionell inaktive Zellen und nehmen an der Infektionsabwehr nicht teil. Die CLL stört und verdrängt die normale Blutbildung. Sie ist eine Erkrankung des Immunsystems und betrifft die lymphatischen Zellen aus dem Knochenmark, der Milz, der Leber oder den Lymphknoten.

Mögliche Symptome der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL)

Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist eine medikamentös nicht heilbare Form des Blutkrebses mit langsamer Progression. Bei Patienten mit CLL findet im Knochenmark eine unkontrollierte Vermehrung bestimmter weißer Blutkörperchen, der B-Zellen, statt.

Quelle: pharma-fakten.de

Als Leukämie wird sie bezeichnet, weil die entarteten Zellen auch im Blut zu finden sind. Diese vermehrten weißen Blutkörperchen schwemmen aus den Lymphdrüsen und dem Knochenmark in das Blut aus.

Watch and wait

In der Regel wird die CLL in einem frühen Stadium dia­gnostiziert. Zu diesem Zeitpunkt weist sie meist keine störenden Symptome auf und muss nicht medikamentös behandelt werden. Der behandelnde Arzt beobachtet den Betroffenen nur und wartet ab, wie sich die Krankheit entwickelt. Mediziner nennen diese Strategie „watch and wait“, also „beobachten und abwarten“. Empfohlen werden lediglich begleitende Vorsorge-Maßnahmen, die helfen, beschwerdefrei zu bleiben. Hierzu gehören regelmäßiger Sport, die Einnahme von Vitamin D sowie eine Grippe- und Pneumokokken-Impfung.

Behandlung erst bei fortgeschrittener Erkrankung

Bei einer fortgeschrittenen CLL leiden Patienten etwa unter Blutarmut, an Fieber, Gewichtsverlust oder einem geschwächten Immunsystem mit rezidivierenden Infektionen. „So ein fortgeschrittenes Stadium muss behandelt werden“, erklärt Dr. Rolf Mahlberg. Der Leukämie-Experte ist Chefarzt und Leiter des onkologischen Zentrums des Klinikums Mutterhaus der Borromäerinnen gGmbH in Trier.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen rund um die CLL liefern die Seiten der Deutschen CLL-Studiengruppe. Es handelt sich hierbei um eine Studiengruppe deutschsprachiger Spezialisten auf dem Gebiet der chronischen lymphatischen Leukämie. Die Seite bietet viele nützliche Informationen rund um die Krankheit und weiterführende Links.

Bisher war eine wirksame Behandlung im Rahmen der Erstlinientherapie die Chemotherapie zusammen mit einem Antikörper gegen Oberflächenstrukturen der Lymphozyten, der die Krebszellen zusätzlich bekämpft. „Bei den Behandlungsmöglichkeiten für die CLL hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan“, sagt Dr. Mahlberg. „Uns stehen heute weitere Medikamente zur Verfügung. Sie blockieren bestimmte Proteine, die für das Wachstum und Überleben der Krebszellen zuständig sind.“ Im Wesentlichen handelt es sich um zwei Medikamentengruppen, die sogenannten Kinase-Inhibitoren und die Gruppe der Zelltod-Induktoren.

Zielgerichtete Therapien

Onkologen sprechen hier von zielgerichteten Therapien, da diese Medikamente, im Gegensatz zur Chemotherapie, hauptsächlich auf die Krebszellen zielen. Eine gute Botschaft für die Patienten: Verabreicht werden die Medikamente als Tabletten oder Kapseln – gegebenenfalls kombiniert mit einer Antikörperbehandlung. Zeitaufwendige Krankenhausaufenthalte entfallen somit.

Zudem sind sie recht verträglich. Die chemotherapietypischen Nebenwirkungen gibt es nicht. „Diese Therapien sind sehr gut verträglich. Der Therapiestart muss allerdings unter ärztlicher Kontrolle geschehen, da Komplikationen möglich sind“, betont Dr. Mahlberg. „Nach etwa einer Woche behandeln wir dann nur noch ambulant.“ Dabei ist es wichtig, dass sich Patienten bezüglich der Dosierung und Einnahme an die Hinweise ihres behandelnden Arztes halten.

Ein Ziel: Therapiepause

Aufgrund dieser Vorteile streben Onkologen neuerdings meist eine solche chemotherapiefreie Behandlung mit zielgerichteten Medikamenten an. „Das zweite neue Therapieziel lautet, eine Therapiepause zu erreichen“, so Dr. Mahlberg. „Wir versuchen, die Erkrankung so weit herunterzufahren, dass sie nicht mehr nachgewiesen werden kann. Nach ungefähr zwei Jahren kann der Patient in diesem Fall eine längere Therapiepause eingelegen.“

Eine Heilung wird auf diese Weise zwar nicht erreicht, denn die CLL kommt früher oder später garantiert wieder, aber eine medikamentenfreie Zeit stellt dennoch einen Fortschritt bei der Behandlung dar. Eine vollständige Heilung ist weder mit einer Chemo- noch mit einer zielgerichteten Therapie zu erzielen. Erfahrungsgemäß bleiben stets vereinzelte Krebszellen übrig.

Die bisher einzige Methode, mit der eine Heilung erzielt werden kann, ist die Stammzelltransplantation. Dabei wird gewissermaßen das gesamte Immunsystem ausgetauscht. Da jedoch die etablierten Therapien bei den Patienten zu einer guten Lebensqualität führen und die Stammzelltransplantation gewisse Risiken mit sich bringt, wird sie nur in speziellen Situationen angewendet.


Dr. Rolf Mahlberg, Chefarzt und Leiter des onkologischen Zentrums des Klinikums Mutterhaus der Borromäerinnen gGmbH in Trier © Privat