Chronische lymphatische Leukämie Mit modernen Medikamenten gegen den Blutkrebs

Autor: Perspektive LEBEN

Bleiben erkrankte Zellen trotz Therapie im Körper zurück, können diese einen Rückfall auslösen. © Sebastian Kaulitzki – stock.adobe.com

Die chronische lymphatische Leukämie, kurz CLL, ist eine Erkrankung, bei der sich infektabwehrende weiße Blutkörperchen, die sogenannten Lymphozyten, im Körper zu stark vermehren. Sie ist mit einem Drittel aller Leukämien die häufigste Leukämie im Erwachsenenalter. Meist tritt die CLL im höheren Lebensalter auf.

Perspektive LEBEN sprach über die Therapie mit Prof. Dr. Peter Dreger, Leiter der CLL-Sprechstunde und der Sektion Stammzelltransplantation am Universitätsklinikum Heidelberg. Neben dem Standard Chemotherapie plus Antikörper werden immer neue Optionen zur Behandlung entwickelt.

Die chronische lymphatische Leukämie ist eine bösartige Erkrankung des Immunsystems. Sie betrifft die lymphatischen Zellen aus dem Knochenmark, der Milz, der Leber oder den Lymphknoten. „Als Leukämie bezeichnen wir die Erkrankung, weil die entarteten Zellen auch im Blut zu finden sind. Sie schwimmen dort als weiße Blutkörperchen herum oder sammeln sich im Knochenmark an. So stören sie die normale Blutbildung“, erklärt Prof. Dreger.

Hochwirksame Chemotherapie als Standardbehandlung

Zu Beginn der Krankheit weist die CLL oft keine besonderen Symptome auf. Die meisten Patienten sind lange Zeit beschwerdefrei. „Beobachtung heißt hier die Therapie. Die Patienten müssen nicht behandelt werden“, lautet die gute Nachricht von Prof. Dreger.

Bei einer fortgeschrittenen Erkrankung kommt es zu Funktionsstörungen des Knochenmarks. „Das führt nicht selten zu einer Blutarmut. Symptome wie Fieber, Gewichtsverlust, Abwehrschwäche oder Lymphknotenschwellungen können hinzukommen“, erläutert der Experte. Liegen solche Symptome vor, muss die CLL behandelt werden. Betroffene können jedoch zuversichtlich sein. Denn die Behandlungsmöglichkeiten haben sich in den letzten 20 Jahren und besonders in letzter Zeit stark verbessert.

Dank Forschung immer neue Therapieoptionen

Die Chemotherapie ist als Standardbehandlung bei der CLL hochwirksam. Sie enthält stets einen Antikörper gegen die Krebszellen, also einen Wirkstoff, der die CLL-Zellen zusätzlich bekämpft. „80–90 Prozent der Patienten sprechen auf diese Therapie an. Bei mehr als der Hälfte verschwinden die Krankheitserscheinungen sogar vollständig“, sagt Prof. Dreger.

Die behandelten Patienten sind dann allerdings nicht geheilt. Denn in der Regel werden nicht alle bösartigen Zellen erwischt. „Deshalb kommt es im Verlauf zu einem erneuten Ausbruch“, stellt der Experte fest. Das kann allerdings sehr lange dauern. Im Mittel bricht die CLL nach vier Jahren wieder aus.

Bei einem kleineren Anteil der Patienten wirkt die Chemotherapie gegen die Leukämiezellen nicht oder nur kurzfristig. Für diese Patientengruppe – sogenannte Hochrisikopatienten – stehen seit kurzer Zeit sehr wirksame Medikamente zur Verfügung, die sogenannten ­Signalwegsinhibitoren. Sie lösen den Zelltod aus, indem sie bestimmte Stoffwechselvorgänge in den bösartigen Zellen blockieren. „Wir sprechen dabei von einer zielgerichteten Therapie, da die Medikamente – im Gegensatz zur Chemotherapie – tatsächlich nur auf die Krebszellen wirken“, sagt Prof. Dreger.

Nebenwirkungen der CLL-Therapie

Zudem unterscheiden sich diese neuen Wirkstoffe bei den Nebenwirkungen: Die chemotherapie-typischen Nebenwirkungen gibt es nicht. Zudem werden die Medikamente als Tabletten verabreicht. Zeitaufwendige und lästige ­Infusionen im Krankenhaus entfallen. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil für die Patienten.

Bei der Chemotherapie können die klassischen Nebenwirkungen wie Haarausfall, Magen-Darm-Beschwerden oder Infektionen auftreten. Allerdings sind die Nebenwirkungen nur vorübergehend. Nach der Therapie verschwinden sie in aller Regel wieder. Bei der zielgerichteten Therapie kann es unter anderem zu Durchfall, Herz-Rhythmus-Störungen oder Blutgerinnungsproblemen kommen.

Heilung ist nur durch eine Stammzelltransplantation möglich

Eine vollständige Heilung ist auch mit der zielgerichteten Behandlung nicht zu erzielen. „Auch hier werden erfahrungsgemäß nicht alle CLL-Zellen erwischt, sodass sich nach dem Absetzen die Erkrankung wieder erneuert. Die Entwicklung geht hier aber weiter – und wir hoffen, eines Tages auch dieses Problem noch in den Griff zu bekommen“, berichtet Prof. Dreger.

Die bisher einzige Methode, mit der man die chronische lymphatische Leukämie heilen kann, ist die Stammzelltransplantation. „Dabei wird sozusagen das gesamte Immunsystem ausgetauscht. Aufgrund ihrer Risiken ist sie jedoch nur in speziellen Situationen sinnvoll“, betont Prof. Dreger.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen rund um die CLL liefern die Seiten der Deutschen CLL Studiengruppe ». Es handelt sich hierbei um eine Studiengruppe deutschsprachiger Spezialisten auf dem Gebiet der chronischen lymphatischen Leukämie. Die Seite bietet auch Patienten viele nützliche Informationen rund um die Krankheit und weiterführende Links.


Professor Dr. Peter Dreger, Leiter der CLL-Sprechstunde und Leiter der Sektion Stammzelltransplantation am Universitätsklinikum Heidelberg © privat