Prostatakrebs Von der Forschung heute schon profitieren

Autor: MPL-Redaktion

Wo finde ich die beste Behandlung für mich? Studien sind dazu eine gute Möglichkeit. © iStock/xubingruo

Zurzeit werden viele Studien mit neuen Medikamenten gegen bösartige Tumoren der Vorsteherdrüse durchgeführt. Lesen Sie hier, wie Sie als Betroffener direkt von der modernen Wissenschaft profitieren können.

Ist der Krebs auf die Prostata begrenzt, bestehen prinzipiell drei unterschiedliche Methoden, den Tumor zu behandeln. Im günstigsten Fall kann der Tumor engmaschig beobachtet werden. Wächst er nicht weiter, kann auf jegliche weitere Behandlung verzichtet werden. Ärzte sprechen dann von einer „aktiven Beobachtung“. Allerdings: Ist der Tumor aggressiv oder schon zu groß, kann die aktive Beobachtung nicht in Betracht gezogen werden. In diesen Fällen muss die Prostata operiert oder bestrahlt werden. Welche der Alternativen angewendet werden soll und kann, ist von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. „Neben der rein medizinischen Beurteilung und Empfehlung ist die persönliche Situation des Patienten entscheidend“, sagt Professor Dr. Bernd Wullich, Direktor der Klinik für Urologie, Universitätsklinikum Erlangen. Für die Entscheidung über die Behandlungsmethoden sind die Wünsche in Bezug auf Sexualität, Lebenszeit und Lebensqualität ganz entscheidend. „Wir sind heute glücklicherweise in der Lage – in Grenzen –, auf diese Bedürfnisse der Patienten einzugehen.“

Hormone ab- und ausschalten

Ist der Tumor zu groß oder über die Prostata hinausgewachsen, kann er mit einer Operation oder Bestrahlung alleine nicht mehr therapiert werden. Ist der Krebs fortgeschritten oder bestehen bereits Absiedelungen z.B. im Knochen, dann kann die Erkrankung mit einer sogenannten Hormontherapie bekämpft werden. Sie beruht auf der Erkenntnis, dass der Prostatakrebs ganz wesentlich von dem männlichen Sexualhormon, dem Testosteron, gesteuert und angeregt wird. Die Therapieansätze beruhen daher darauf, die Produktion des Hormons zu unterbinden oder die Wirkung des Hormons zu hemmen. Bei der sogenannten Hormonentzugstherapie werden Medikamente verabreicht, die die Produktion von Testosteron im Hoden unterdrücken. Die typischen Nebenwirkungen sind Hitzewallungen und Schweißausbrüche. Der sexuelle Antrieb und die Potenz gehen zurück. Bei der Therapie mit einem sogenannten Antiandrogen wird dagegen verhindert, dass sich das Testosteron an die Tumorzelle ankoppeln kann. Damit wird die entscheidende Signalkette gestört, die das Tumorwachstum unterhält.

Die Nebenwirkungen dieser Medikamente sind in der Regel sehr viel geringer als bei der Hormonentzugstherapie. „Diese Medikamente wirken heute im Durchschnitt zwei bis drei Jahre“, sagt Prof. Wullich. Doch auch bei den Patienten, die eine sogenannte Kastrationsresistenz entwickeln, bei denen also der Tumor trotz dieser Medikamente wieder zu wachsen beginnt, steht heute eine ganze Reihe neuer Medikamente zur Verfügung. „Mit den neuen Hormonmedikamenten der 2. Generation kann der Beginn einer Chemotherapie weiter nach hinten verschoben werden.“ Verlieren auch diese Medikamente ihre Wirkung, kann eine Chemotherapie gegen den Tumor eingesetzt werden.

Hier finden Sie aktuelle Studien, die zu Krebstherapien gemacht werden

Patienten können unter Umständen schon heute an den Erfolgen der Zukunft teilhaben – indem sie sich aktiv um die Teilnahme an einer der zahlreichen klinischen Studien zu neuen Behandlungsmethoden gegen ihre Krebserkrankung bemühen. Eine wichtige Adresse dazu ist das „Deutsches Register Klinischer Studien DRKS“: Unter drks-neu.uniklinik-freiburg.de finden Patienten auf eigene Initiative aktuell laufende Studien. Weitere wichtige Hinweise erhalten Sie im Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt. Ebenfalls lohnt es sich, in Tumorzentren der Universitätskliniken nachzufragen – traditionell wird an den Universitäten nämlich aufwendig geforscht.

Impfen gegen Krebs

Die Idee eines therapeutischen Krebsimpfstoffes hat auch beim Prostatakarzinom Einzug in die Wirklichkeit gehalten. Der Grundgedanke dabei ist, dass das Immunsystem die Krebszellen nicht erkennt und daher auch nicht bekämpft. Mithilfe der Impfungen wird daher versucht, das Immunsystem des Körpers von außen, also künstlich, so zu stimulieren, dass es die Krebszellen nun erkennt und gezielt zerstört.

Dafür sind zwei Dinge notwendig. Erstens muss ein Merkmal gefunden werden, das typisch für die Prostatakrebszellen ist. Und zweitens muss das Immunsystem lernen, dieses Merkmal zu erkennen und dann aktiv zu werden. Die Wirksamkeitsprüfung neuer Tumorimpfstoffe in Kombination mit der klassischen Chemotherapie ist derzeit Gegenstand von Studien. „Hierfür entnehmen wir den Patienten Blut und prägen die Immunzellen auf die Krebszellen“, sagt Prof. Wullich. „Die Immunzellen werden gewissermaßen gegen die Tumorzellen scharf gemacht.“ Mit mehreren Injektionen werden dann die scharf gemachten Zellen zurück in den Körper gegeben. Sie machen sich daran, die Krebszellen zu zerstören.

Wann und wie die Immuntherapie eingesetzt werden kann, hängt von weiteren Untersuchungen ab. Es ist zu erwarten, dass weitere Immuntherapien in klinischen Studien auch beim Prostatakarzinom untersucht werden. „Patienten sollten daher in Zukunft unbedingt ihren Arzt fragen, ob es solche Studien gibt und ob sie in eine solche Studie eingeschlossen werden können“, regt Prof. Wullich an. „Die ersten Ergebnisse bei anderen Tumoren – beispielsweise dem Nierenkrebs oder dem Blasenkrebs – sehen vielversprechend aus.“


Prof. Dr. Bernd Wullich; Direktor der Klinik für Urologie, Universitätsklinikum Erlangen © privat