Selbsthilfe Aktiv werden nach der Diagnose Krebs

Autor: MPL-Redaktion

Im Internet kommt es darauf an, Falschinformationen zu meiden und die richtigen Seiten zu finden. © contrastwerkstatt – stock.adobe.com

Die Kraft, die jeder Mensch in sich trägt, um mit schwierigen Situationen umgehen zu können – sie wird besonders nach einer Krebs-Diagnose wichtig. Doch manchmal ist die eigene Kraft eingeschränkt. Dann bedarf es der Hilfe von außen, damit der Patient wieder handlungsfähig werden kann, stellt Sabine Malinka fest. Sie ist Diplom-Sozialarbeiterin und Psychoonkologin am Krebsberatungszentrum des Caritasverbandes Hannover. Perspektive LEBEN sprach mit ihr.

Krebspatienten, die Hilfe bei Sabine Malinka suchen, wissen oft gar nicht, was ihnen in ihrer Situation helfen könnte. „Das Problem ist: Es kann nun sein, dass das, was einem sonst in schwierigen Situationen geholfen hat, plötzlich nicht mehr hilft. War für einen Krebspatienten vor der Diagnose zur Stressbewältigung Sport ein wichtiges Mittel, ist das unter der Chemotherapie plötzlich keine Möglichkeit mehr“, stellt die Psychoonkologin fest und ergänzt: „Sport könnte den Betroffenen jetzt eher noch weiter belasten, weil er erkennen muss, dass er zurzeit kaum leistungsfähig ist.“

Solche Patienten leiden dann vielleicht sogar doppelt. Ihre eigene Selbsthilfe funktioniert nicht mehr. Die Bewältigungsstrategien müssen an die neue Lebenssituation angepasst, manchmal neue Strategien gefunden werden. In dieser Situation können Impulse und Unterstützung von außen für die Betroffenen hilfreich sein, sei es durch Angehörige und Freunde, professionelle Berater in Krebsberatungsstellen oder durch Gleichgesinnte in Selbsthilfegruppen.

Die Suche nach richtigen Informationen

Grundsätzlich geht es Betroffenen um Informationen, die geeignet sind, ihnen in ihrer Situation zu helfen – mit Ängsten umzugehen, ihre Situation einzuordnen, damit das Gefühl der Unsicherheit zu reduzieren und alltägliche Dinge wieder zu meistern. Gerade dazu sind Menschen, denen es ähnlich ergeht oder erging, sehr gute Gesprächspartner. „Im Austausch mit anderen Betroffenen, ob in der Selbsthilfegruppe oder im privat organisierten Dialog, kann über Erfahrungen gesprochen werden, können Erfahrungen geteilt werden“, erläutert die Psychoonkologin. Eine viel gestellte Frage lautet: Wie macht ihr das? Und dabei geht es häufig um den Umgang mit der Erkrankung im Alltag.

Aber nicht nur lebenspraktische Fragen sind Thema. Allein die Tatsache, dass der Gesprächspartner aus eigener Erfahrung weiß, wie man sich fühlt, hilft bereits. Man kennt die Probleme und die Unsicherheiten und Belastungen – auch unausgesprochen. Und auch Gefühle wie Wut und Trauer über die Erkrankung haben Platz. Das Gespräch mit Gleichgesinnten tut damit auch der Seele gut. Denn ein Betroffener kann sich meist ganz anders einfühlen als ein Außenstehender.

Neben den Themen zur Alltagsbewältigung tauscht man sich in den Gruppen auch über ergänzende Therapien aus, über ärztliche Behandlungserfolge, aber auch über Ängste, die man nicht in die Familie geben will, weil Angehörige nicht beunruhigt werden sollen.

Vorsicht mit zu vielen Fakten!

„Ratschläge können hilfreich sein, wenn danach gefragt wird. Zu viele ungewollte Ratschläge oder Informationen können sich jedoch für Hilfesuchende negativ auswirken“, mahnt Malinka. „Denn so zu viel Material kommt für den Empfänger unvorbereitet. Und es besteht die Gefahr, dass er sie alle gar nicht verarbeiten kann oder falsch einordnet“.

Besonders heikel sind laienhaft vorgetragene medizinische Informationen. Dabei meinen es die Ratgeber aus dem Angehörigen-, Freundes- oder Bekanntenkreis natürlich nur gut. Betroffene sollten jedoch klar signalisieren, wenn ihnen die Gespräche und deren Inhalte zu viel werden. Erste Anzeichen dafür sind Verwirrung und Verunsicherung. Oder man merkt, dass einem die Inhalte überhaupt nicht weiterhelfen. „Wenn das alles zu viel wird, sollten Betroffene einen Experten aufsuchen. Er kann dann die verschiedenen Informationen sortieren, entsprechend einordnen und gibt Tipps, was zu welchem Zeitpunkt wichtig ist. Das schafft Sicherheit, dient der Klärung und beruhigt“, empfiehlt Malinka.

Informationen – egal welchen Inhaltes – müssen zum richtigen Zeitpunkt kommen und vor allem in der richtigen Form. Die Expertin rät vor allem Angehörigen, sich darüber stets im Klaren zu sein. Diese sollten überlegt und sensibel mit ihren Botschaften umgehen – getreu dem Motto: „Fragen kann nicht schaden“, gilt es, vorsichtig nachzufragen, was dem Betroffenen hilft, welche Informationen er braucht oder ob er vielleicht Unterstützung bei der Informationsrecherche benötigt.

Informationen aus dem Internet – Vorsicht!

Informationsbeschaffung, ganz gleich zu welchem Thema, ist heutzutage dank des Internets kein Problem. Doch hier sollten Betroffene genau hinschauen. Oft sind in Foren, Blogs und Chats Menschen unterwegs, die ex­treme Positionen vertreten, ein gefährliches Halbwissen verbreiten oder sehr einseitig diskutieren. Solche Informationen sind nicht repräsentativ, unvollständig oder sogar falsch – ohne fundierten Hintergrund.

Malinka rät deshalb dazu, die richtigen Seiten aufzusuchen: „Bei Foren sollten es unbedingt begleitete Foren sein. Die Frauenselbsthilfe bietet so etwas an. Ein Experte passt auf, bewertet die Beiträge und greift gegebenenfalls ein.“ Grundsätzlich sollten sich Informationssuchende also nur auf Seiten bewegen, die seriös sind. Nur dann kann das Internet für Betroffene wirklich hilfreich sein.

Sabine Malinka, Diplom-Sozialarbeiterin und Psychoonkologin am Krebsberatungszentrum des Caritasverbandes Hannover © privat