Ernährung nach Krebs So normal wie möglich

Autor: Dietmar Kupisch

Von jedem etwas: Eine ausgewogene Ernährung ist das beste Rezept. © AdobeStock - Alexander Raths

Ob krank oder gesund – Ernährungsberater empfehlen ein normales Körpergewicht. Ohne Bewegung und bewusste Ernährung erreicht man das nicht. Für Krebspatient:innen oft eine besondere Herausforderung.

Während einer Krebstherapie gestaltet sich die gewohnte Ernährung oft schwierig. In der Regel nehmen Patient:innen erst einmal ab. Manche vertragen bestimmte Speisen oder Getränke unter einer Chemotherapie nicht mehr. Andere leiden unter vorübergehenden Schluckbeschwerden und meiden feste Nahrung oder haben einfach keinen Appetit. 
Nach der Behandlung gilt es also, wieder Gewicht zuzulegen. „Die meisten Patient:innen können wieder normal essen, haben Appetit. Ausnahmen gibt es bei einigen Krebsarten wie beispielsweise beim Magen-, Darm- oder Speiseröhrenkrebs. Betroffene erhalten hier einen besonderen Speiseplan“, sagt Dr. Jann Arends, Oberarzt am Universitätsklinikum Freiburg mit dem Schwerpunkt Ernährungsmedizin. 

Gewicht oft über Ausgangsniveau

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass ein Teil der Patient:innen nach Erreichung ihres Normalgewichts weiter zunehmen. „Oft schont man sich körperlich zu sehr und verbrennt zu wenig Kalorien. Oder bestimmte Therapien fördern die Gewichtszunahme über das Ausgangsniveau, wie etwa die Behandlung nach Brustkrebs“, erklärt Dr. Arends. Ein Problem, denn Fettleibigkeit ist nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft ein ähnlich großer Risikofaktor für die Entstehung von Krebs wie das Rauchen. Schätzungsweise 16 Prozent aller Erkrankungsfälle gehen auf das Konto eines zu hohen Body-Mass-Index (BMI). Ein BMI über 25 ist ein Alarmsignal. Würden alle Menschen ihr Normalgewicht halten, könnten allein in Deutschland pro Jahr etwa 25.000 Krebserkrankungen vermieden werden. Gewicht zu reduzieren, zahlt also auch in die Prävention einer weiteren Krebserkrankung ein. Von radikalen Diäten raten Experten allerdings ab. „Betroffene sollten bewusst und zielgerichtet essen. Nur so erreichen sie ein gesundes Körpergewicht, das auch nachhaltig ist. Bloß nichts übers Knie brechen, sonst riskiert man einen Jo-Jo-Effekt“, warnt Dr. Arends.
Letztlich gilt für Krebspatient:innen das, was auch für kerngesunde Menschen gilt: Eine vitamin- und eiweißreiche, pflanzliche Kost mit viel Gemüse und Obst, Ballaststoffen, Hülsenfrüchten und unverarbeitetem Getreide sollten bei der Ernährung im Mittelpunkt stehen. Zu viele gesättigte Fettsäuren wie sie in Wurst, Butter und Frittiertem stecken sowie übermäßig viele Kohlenhydrate schaden dagegen der Gesundheit. Stattdessen sollte man gute Öle mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren verwenden, wie Olivenöl, das die Gefäße schützt oder Leinöl, das die entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren liefert.

Natürliche Nahrung, weniger Zucker und Fleisch

Eine Schlüsselrolle spielt auch der Umgang mit Zucker, ob in Süßigkeiten, Getränken oder in Fertiggerichten. Viele Menschen nehmen täglich Süßes zu sich. Daher fällt es schwer, von heute auf morgen auf diese Gewohnheit zu verzichten. Nachhaltig erfolgversprechend ist dagegen, Zucker Schritt für Schritt zu reduzieren. Zum Beispiel lassen sich süße Joghurts mit Naturjoghurt strecken oder Fruchtsäfte, die ebenfalls viel Zucker enthalten, mit Wasser verlängern. Zuckerersatzstoffe wie Xylit oder auch Stevia sind übrigens keine Lösung auf Dauer, denn sie erhalten den Süßhunger aufrecht und stehen im Verdacht, die Darmflora negativ zu verändern. „Die Darmflora sollte möglichst ausgeglichen sein. Dabei hilft bunte, abwechslungsreiche Nahrung – also nicht immer dasselbe Gemüse oder Obst essen und möglichst viele Lebensmittelgruppen regelmäßig verzehren“, empfiehlt Dr. Arends. 
Hochverarbeitete Lebensmittel, Fertig- und Convenience-Produkte sollte man möglichst aus der Küche verbannen. Sie enthalten viele versteckte Kalorien und wenig wertvolle Nährstoffe. Wer frisch kocht, weiß hingegen ganz genau was er auf dem Teller hat und kann so seine Nährstoffaufnahme gut ausbalancieren. „Vom Verzehr von zu viel Fleisch raten wir ab. Insbesondere rotes Fleisch in großen Mengen steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Besser sind hochwertige Eiweißquellen, wie Eier, Fisch oder mageres Geflügelfleisch. Sie sorgen zudem für eine langanhaltende Sättigung“, erklärt Dr. Arends. Auch zu viel Alkohol ist schädlich. Bei oder nach einer Krebserkrankung wird sogar ein Verzicht empfohlen. Salz steht ebenfalls auf der roten Liste. Höchstens sechs Gramm pro Tag sollten es sein. 

Gesund essen und abnehmen

Obst – eine große Handvoll/Tag
Empfehlenswert u.a.: Äpfel, Aprikosen, Erdbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren, Himbeeren, Grapefruits, Kiwis, Orangen, Pflaumen, Pfirsiche, Wassermelone, Zwetschgen. Zuckerreiches Obst nur in kleinen Mengen: z.B. Banane, Ananas, Birne, Weintrauben, Süßkirsche 
Gemüse – 3 große Handvoll/Tag
Empfehlenswert: alle Gemüse, Salate, Hülsenfrüchte, Pilze 
Brot, Getreide und Beilagen wie Nudeln, Kartoffeln, Reis – 2 handtellergroße Portionen/Tag
Empfehlenswert: Vollkornbrot; Haferflocken, Müsli ohne Zucker; Vollkornnudeln, Vollkornreis, Pellkartoffeln
Nicht empfehlenswert: Weißbrot, Weizen- und Milchbrötchen, Croissants; Hartweizennudeln, Pommes, Kroketten, Kartoffelpuffer
Wurstwaren und Fleisch – 1-2 kleine Portionen/Woche
Empfehlenswert: magerer Aufschnitt wie Putenbrust, Koch- oder Lachsschinken; Hühnerfleisch, Putenfleisch, Rinderfilet
Nicht empfehlenswert: Wurstwaren oder fettes Fleisch, wie Nacken oder Speck 
Fisch und Meeresfrüchte – 2 Portionen/Woche
Empfehlung: In Sahne oder Mayonnaise eingelegte Fische meiden
Fette und Öle – ca. 2 EL/Tag
Empfehlenswert: Olivenöl, Rapsöl, Leinöl, Walnussöl; 
Nicht empfehlenswert: Sonnenblumenöl, Butter, Schmalz, Palmfett

Nahrungsergänzungsmittel unnötig – fast

Wer so isst, deckt seinen Nährstoffbedarf, auch die Versorgung mit Vitaminen und Spurenelementen, gut ab. „Nahrungsergänzungsmittel sind daher unnötig“, sagt Dr. Arends und ergänzt: „Einzige Ausnahme ist Vitamin D. Das sollte bei Bedarf, vor allem im Winterhalbjahr zugeführt werden.“ Um ausreichend Vitamin D zu bilden, sollte man nämlich jeden Tag eine gewisse Zeit an der Sonne verbringen. Denn rund 80 bis 90 Prozent des Tagesbedarfs werden unter dem Einfluss von Sonnenlicht über die Haut gebildet. Von Oktober bis März reicht die Sonnenbestrahlung in Deutschland jedoch nicht, um für genug Nachschub zu sorgen. Zwar kann unser Körper Vitamin D aus den Sommermonaten speichern, aber damit kommt man in der Regel nicht über den Winter.