CAR-T-Zell-Therapie Wie wirkt eine Immuntherapie?

Autor: MPL-Redaktion

Ziel der Tumorimmuntherapie ist es, das Immunsystem mithilfe von Medikamenten zu befähigen, bösartige Zellen wiederzuerkennen und abzutöten. © iStock/saiva

Grundsätzlich ist das körpereigene Immunsystem in der lage, bösartige Zellen abzutöten. In seltenen Fällen versagt es dabei und ein Tumor kann entstehen. Forscher haben entschlüsselt, warum das so ist und auf basis ihrer erkenntnisse die Tumorimmuntherapie entwickelt. Gerade in den letzten Jahren wurden damit immer größere behandlungserfolge erzielt: bei vielen Krebsarten verbessert sich die Prognose deutlich. Perspektive leben sprach mit dem experten Professor Dr. Andreas Mackensen über die Immuntherapie. er ist Direktor der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie des Universitätsklinikums erlangen, stellvertretender Direktor des Comprehensive Cancer Center erlangen-eMn und Sprecher des Onkologischen Zentrums des Universitätsklinikums erlangen.

Was kann man sich unter einer Tumorimmuntherapie vorstellen?

Ganz allgemein gesagt, handelt es sich dabei um eine Behandlung mit Medikamenten, deren Wirkstoffe das körpereigene Immunsystem befähigen, bösartige Zellen wieder zu erkennen und – ihrer Aufgabe entsprechend – abzutöten.

Wie funktioniert die Immuntherapie?

Es gibt verschiedene Funktionsweisen. Unterteilen lässt sie sich in eine unspezifische und spezifische sowie in eine aktive und passive Immuntherapie.

Wo liegt der Unterschied zwischen einer spezifischen und einer unspezifischen Funktionsweise?

Unspezifische Immuntherapien aktivieren das Immunsystem ganz breit, wieder gegen die Tumorzellen zu kämpfen. Dazu werden dem Patienten spezielle Hormone wie Interleukine oder Interferone verabreicht, die das Immunsystem entsprechend unspezifisch stimulieren. Spezifische Immuntherapien bringen hingegen dem Immunsystem bei, den Tumor über bestimmte Eiweiße beziehungsweise Tumorantigene als fremd zu erkennen und abzutöten. Bei den Tumorantigenen handelt es sich um Merkmale, die für Krebszellen typisch sind. Auf solche Antigene soll das Immunsystem reagieren und schließlich die Krebszellen zerstören.

Womit wird diese Reaktion gegen Tumorantigene hervorgerufen?

Zum Beispiel mit Vakzinen. Das sind Impfstoffe, die ein Tumorantigen enthalten und in der Regel über ein unterstützendes Adjuvans das Immunsystem stimulieren. Nach der Impfung kommt es zu einer zielgerichteten Immunantwort gegen das Tumorantigen.

Was hat es mit der aktiven Immuntherapie auf sich?

Bei der aktiven Immuntherapie mithilfe sogenannter Checkpoint-Hemmer handelt sich um den wohl zurzeit wirkungsvollsten Behandlungsansatz. Hier wurden in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt. Immunologische Checkpoint- Moleküle sind die natürlichen Bremsen unseres Immunsystems. Sie sollen unsere Immunzellen nach erfolgreicher Abwehrreaktion zur Ruhe bringen, sodass keine überschießenden Autoimmunreaktionen entstehen. Interessanterweise sind in bösartigen Tumoren besonders viele Bremsen eingebaut. Mithilfe eines blockierenden Antikörpers gegen die Checkpoint-Moleküle CTLA4 und PD1 arbeitet das Immunsystem so verstärkt, dass es eine Rückbildung des Tumors auslösen kann. Diese Erkenntnisse nutzen Forscher im Kampf gegen den Krebs.

Wie genau sieht dieser Nutzen aus?

Es gibt Tumoren, die zum Beispiel das sogenannte Eiweiß PD-L1 entwickeln. Dahinter steckt der Name Programmed Death Ligand 1. Nun haben Forscher verschiedene Antikörper entwickelt, die eine Interaktion von PD-L1 mit den T-Zellen unterbinden. Die Tumorzellen werden somit von den T-Zellen wieder erkannt und zerstört. Und jährlich kommen neue Antikörper beziehungsweise neue Wirkstoffe hinzu, die andere Bremsen des Immunsystems lösen. Besonders vielversprechend sind dabei Antikörper, die gegen PD1-Checkpoint- Antigene gerichtet sind.

Wann setzen Onkologen diese aktive Immuntherapie ein?

Bis vor Kurzem nur als Zweitlinientherapie bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen. Neuerdings auch in der Erstlinientherapie bei metastasierten Tumoren, wie etwa beim Lungenkarzinom. Aber auch in der adjuvanten Therapie ohne Vorliegen von Metastasen sowie in der neo-adjuvanten Therapie wird sie zunehmend eingesetzt – und zwar vor allem bei schwarzem Hautkrebs, Blasen-, Nieren- und Kopfhalstumoren. Die Einsatzmöglichkeiten werden immer vielfältiger.

Sind die neuen Antikörper bei allen Patienten wirksam?

Nein, leider nicht. Die Quote liegt ungefähr bei 20 bis 40 Prozent. Aber sie verbessert sich stetig. Zudem kommen neue Behandlungsmöglichkeiten hinzu, wie die bereits erwähnten passiven Immuntherapien. Eine vielversprechende ist die CART-Zell-Therapie.

Wie wirkt die CAR-T-Zell-Therapie?

CAR steht für chimärer Antigen- Rezeptor. Diese CAR-T-Zell-Therapie ist recht neu und wird gegen Leukämien und Lymphome eingesetzt. T-Zellen des Patienten werden befähigt, Tumorzellen direkt anzugreifen. Dazu entnehmen Ärzte die weißen Blutkörperchen des Patienten und verändern sie im Labor gentechnisch mit dem CAR. Anschließend vermehren sie die gentechnisch veränderten Abwehrzellen und verabreichen sie letztlich dem Patienten wieder mittels einer Infusion. Die CAR-T-Zellen zerstören dann die Krebszellen zielgenau.

Welche Nebenwirkungen sind bei Immuntherapien zu erwarten?

Wenn die Bremsen des Immunsystems gelöst werden, kann es zu Autoimmunerkrankungen kommen. Hierzu zählen vor allem Darm-, Haut- und Lungenentzündungen sowie Hepatitis. Die meisten dieser Nebenwirkungen sind jedoch gut behandelbar, meist mit Kortison. Und frühzeitig erkannt, überstehen die meisten Betroffenen die Behandlung relativ beschwerdefrei. Bei der CAR-T-Zell-Therapie können allerdings stärkere Nebenwirkungen auftreten, wie Fieber, Blutdruckabfall und neurologische Störungen, die eine intensiv-medizinische Behandlung notwendig machen. Eine Behandlung mit CAR-T-Zellen ist daher nur in spezialisierten universitären Zentren möglich.

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Immuntherapie ein?

Ihr Stellenwert innerhalb der Krebstherapien wächst weiter, die Einsatzmöglichkeiten werden vielfältiger. Ihre Wirksamkeit wird sich stetig verbessern, auch durch die Kombination mit anderen Therapieoptionen wie der Chemotherapie. Das sehen wir bereits heute. Zudem schreitet die Forschung unaufhörlich voran und wird – wie bereits in den letzten Jahren – zu weiteren Durchbrüchen in der Krebsbehandlung führen.


Prof. Dr. Andreas Mackensen, Direktor der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie des universitätsklinikums Erlangen, stellvertretender Direktor des Comprehensive Cancer Center Erlangen-EMN und Sprecher des Onkologischen Zentrums des universitätsklinikums Erlangen © privat