Lungenkrebs Wichtige Fragen – hilfreiche Antworten

Autor: MPL-Redaktion

Die Erkrankungsraten von Lungenkrebs steigen weiter an. © iStock/Chinnapong

Der Lungentumor gilt als eine der gefährlichsten Tumorarten. Jährlich erkranken rund 35.000 Männer und 18.000 Frauen an Lungenkrebs in Deutschland. Die Erkrankungsraten steigen zudem weiter an – vor allem bei Frauen. Hier ist der Lungenkrebs auf dem Weg, den Brustkrebs als häufigsten Krebs abzulösen. Gleichzeitig verbessert sich aber auch seine Prognose, denn die Medizin macht große Fortschritte. Die häufigsten Patientenfragen rund um die Erkrankung besprachen wir mit Professor Dr. Tobias Welte, Direktor der Klinik für Pneumologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, die auch das weltweit größte Lungentransplantationszentrum beherbergt.

Lungenkrebsdiagnose – wie geht es für Betroffene nun weiter?

Bevor die Therapie beginnt, muss erst einmal die Art des Tumors bestimmt werden. Dies ist ganz wesentlich für den Behandlungserfolg. Darüber hinaus wird untersucht, ob der Tumor auf die Lunge begrenzt ist oder er bereits Metastasen gebildet hat. Wir reden hier fachsprachlich von der Staging-Untersuchung.

Was folgt auf die Staging-Untersuchung?

Sind Art und Ausdehnung des Tumors bekannt, lautet dann die erste primäre Frage: Kann der Tumor operiert werden beziehungsweise lässt er sich gut entfernen? Denn die Operation ist das einzige Therapieverfahren, das zu einer wirklich vollständigen Heilung führen kann.

Was, wenn der Tumor nicht gut zu operieren ist?

Dann kann eine spezielle Chemotherapie helfen. Sie soll den Tumor so verändern, dass er besser operiert werden kann – ihn beispielsweise verkleinern. Wir sprechen hier von einer neoadjuvanten Therapie.

Können grundsätzlich alle Lungentumoren operiert werden?

Kleinzellige Tumoren werden in der Regel nicht operiert, auch weil die Wahrscheinlichkeit einer Metastasenbildung sehr hoch liegt. Die theoretisch gute Nachricht hierbei: Kleinzellige Tumorarten kommen nur zu 20 Prozent vor. Beim Rest handelt es sich um die besser therapierbaren Formen, die auch als nicht kleinzellige Karzinome bezeichnet werden.

Ist die Operation die einzige Therapiemöglichkeit?

Nein. Es gibt Chemotherapeutika. Dabei handelt es sich allerdings um keine heilende Therapie. Hier steht der zentrale Aspekt der Erhaltung der Lebensqualität im Vordergrund. Eine weitere grundsätzliche Behandlungsmöglichkeit ist die Bestrahlung. Meist passiert dies in der Kombination mit einer Chemotherapie. Ein Verfahren unterstützt dabei das andere Verfahren. So kann heutzutage sehr zielgerichtet dosiert werden. Das ist gut für den Patienten. Der Behandlungserfolg wird maximiert, die Nebenwirkungen werden minimiert. Je nachdem, welche Ausgangssituation beim Patienten vorliegt, werden die drei Therapieformen auch kombiniert. Entscheidend können dabei sein: Alter und körperliche Verfassung des Patienten sowie die Tumorgröße und -art.

Wie ist der Stand der medizinischen Forschung?

Die Diagnostik hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Man ist mittlerweile in der Lage, sehr spezifische Therapieverfahren anzuwenden, die genau auf den jeweiligen Tumortyp zugeschnitten sind. Beispielsweise gibt es einen besonderen Tumor bei weiblichen Nichtrauchern. Hiergegen helfen spezielle Tabletten, die dauerhaft einzunehmen sind. Eine Operation ist dabei gar nicht notwendig.

Gibt es weitere Erfolge?

Zurzeit befindet sich die diesbezügliche Forschung in einem sehr dynamischen Lernprozess. Immer schneller werden immer mehr Erfolge verbucht. Man kann von einem Paradigmenwechsel sprechen, der Mut macht in Hinsicht auf zukünftige Therapieerfolge. Durch personalisierte Therapien ist es zum Beispiel nun besser möglich, die Tumoren zu charakterisieren und sie anschließend zielgerichtet mit wirkungsvollen Medikamenten zu bekämpfen. So gibt es beispielsweise Signalwegsblockierer, sogenannte Tyrosinkinasehemmer, die die Zellteilung des Tumors unterbinden. Stark in der Entwicklung ist zudem die Immuntherapie. Hier wird mit Medikamenten das körpereigene Immunsystem so aktiviert, dass es den Tumor zerstört. Beides kann kombiniert werden.

Und wie sehen die konkreten Ergebnisse aus?

Obwohl wir bei den zielgerichteten Therapien und den Immuntherapien noch am Anfang stehen, verzeichnen wir bereits sehr gute Erfolge. Die Fünfjahresüberlebensraten verbessern sich damit zum Beispiel von bisher 5 bis 10 Prozent auf etwa 30 Prozent!

Wo finden Patienten Ärzte, die Lungenkrebs optimal behandeln können?

Patienten müssen genau schauen, wem sie sich anvertrauen. Die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Therapiewege machen die Tumortherapie sehr komplex. Man sollte sich daher nur solchen Tumorzentren und Kliniken anvertrauen, die auch entsprechende Erfahrungen mit diesen Methoden aufweisen. Je mehr Patienten mit der Diagnose Lungenkrebs ein Facharzt behandelt, desto routinierter und – in der logischen Konsequenz – erfolgreicher wird er sein. Für eine positive Klinikauswahl sollte die Zahl von 250 Tumorbehandlungen pro Jahr nicht unterschritten werden. Wir behandeln im Jahr mehr als 1000 Patienten.

Was kommt als Nächstes?

Wir warten jetzt auf große Studien zum Lungenkrebs-Screening. Diese sollen innerhalb der nächsten sechs Monate publiziert werden. Die Kernfrage dabei lautet: Ist es sinnvoll, gefährdete Personen – wie etwa Raucher – ab dem vierzigsten Lebensjahr mit einer Niedrigdosis-Computertomographie zu screenen, um Tumoren frühzeitig zu erkennen? Das würde die Prognose weiter verbessern.


Prof. Dr. Tobias Welte; Direktor der Klinik für Pneumologie an der Medizinischen Hochschule Hannover © privat