Chronische myeloische Leukämie Therapie mit Tyrosinkinase-Hemmern: Die Lebenserwartung steigt stetig an

Autor: Perspektive LEBEN

Die Bausteine der Therapie bei CML werden immer erfolgreicher – und besser. © iStock/toeytoey2530, imagedepotpro

Bei der chronischen myeloischen Leukämie, kurz CML, handelt es sich um eine bösartige Erkrankung des Knochenmarks, bei der zu viele weiße Blutkörperchen gebildet werden. Dank neuer Medikamente kann die Behandlung entscheidend verbessert werden. Das Ergebnis: Patienten dürfen heute meist von einer guten Lebensqualität ausgehen.

Die chronische myeloische Leukämie (CML) entsteht aus einer veränderten Knochenmarkstammzelle, bei der es einen genetischen Defekt gab. „Im Knochenmark wird dann die normale Blutbildung verdrängt und die typischen Symptome einer Leukämie treten auf. Patienten fühlen sich abgeschlagen und müde, verlieren Appetit und Gewicht“, berichtet Professor Dr. Martin C. Müller. Der Experte ist Facharzt für Innere Medizin mit Spezialisierung auf Hämatologie und Onkologie. Er verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Behandlung von CML-Patienten und leitet zurzeit ein Labor, in welchem auch die Blutproben von CML-Patienten verlaufskon­trolliert werden.

Heilung durch Tabletten

Die Diagnose einer CML erfolgt anhand von Blutuntersuchungen. Zusätzlich empfehlen Experten eine Knochenmarkuntersuchung. Sie liefert weitere wichtige Informationen, denn im Knochenmark können Chromosomen-Veränderungen entdeckt werden. Diese wären entscheidend für die Prognose. „Mit Beginn der Behandlung haben die Patienten oft eine hohe Anzahl an weißen Blutkörperchen im Blut. Ist diese Zahl besonders hoch, führen wir eine Blutwäsche durch, um möglichst rasch diese Zellen reduzieren zu können. Das ist jedoch nur in ganz seltenen Fällen notwendig“, erklärt Prof. Müller.

Bei der Therapie kommen zielgerichtete Medikamente zum Einsatz. Sie greifen in die Signalwege des Tumorstoffwechsels ein und halten so das Tumorwachstum auf. Fachsprachlich werden sie als Tyrosinkinase-Hemmer bezeichnet. Patienten nehmen sie in Tablettenform ein. In Deutschland sind zurzeit drei Hemmer für die Erstlinien-Therapie zugelassen. „Die Einnahme erfolgt täglich. Das ist die beste Möglichkeit, die Erkrankung zu kontrollieren“, betont Prof. Müller und fügt hinzu: „Kontrolle heißt natürlich nicht Heilung. Wobei wir immer zuversichtlicher werden, dass auch die Heilungsraten weiter steigen.“

Die Mediziner sehen eine CML als quasi geheilt an, wenn sie selbst mit den empfindlichsten Messmethoden nicht mehr nachweisbar ist und der Patient keine Therapie mehr braucht – wohlwissend, dass meist noch vereinzelte bösartige Zellen im Körper vorhanden sind. Diese werden aber mit dem körpereigenen Immunsystem im Griff gehalten.

Neue Medikamente können noch wirksamer sein

Hält das Immunsystem die verbliebenen bösartigen Zellen in Schach, können die Medikamente abgesetzt werden. Zurzeit wird dies allerdings vor allem im Rahmen von Studien empfohlen, also mit einer engmaschigen Kontrolle von Experten beteiligter Disziplinen. „Wir wissen mittlerweile, dass uns die neue Generation von Tyrosinkinase-Hemmern noch schneller und noch höhere Heilungsraten beschert als unter dem Erstgenerationsmedikament“, lautet die gute Nachricht des Hämatologen. Wichtig bei jeglichem Absetzen von Tyrosinkinase-Hemmern ist, dass für circa ein Jahr alle vier Wochen eine Verlaufsmessung im Blut erfolgt anstatt des sonst üblichen Drei-Monat-Intervalls.

Sollte die Tumorlast, also die Zahl der bösartigen Zellen, wieder über einen Wert von 0,1 Prozent ansteigen, muss das Medikament wieder angesetzt werden, um den Patienten nicht zu gefährden. Gelingt die Heilung nicht, müssen sich Patienten nicht sorgen. Denn der Begriff Heilungsrate ist bei dieser Krebserkrankung nicht gleichzusetzen mit Überlebensrate. „Im Gegenteil, die Lebenserwartung von CML-Patienten kann als eine normale betrachtet werden. Hier gilt es nur, die Therapie fortzusetzen beziehungsweise die Medikamente weiter einzunehmen und so die Krankheit dauerhaft einzudämmen“, lautet die gute Nachricht von Prof. Müller.

Medikamente niemals eigenmächtig reduzieren

Die Medikamente können Wassereinlagerungen, Übelkeit, Durchfälle, Kopf- oder Bauchschmerzen verursachen. Doch solche Nebenwirkungen bekommen Betroffene zumeist gut in den Griff. „Das ist oft nicht dramatisch, kann aber auf Dauer störend sein. Man darf jedoch keinesfalls den Fehler machen, die Medikamente selbstständig zu reduzieren“, mahnt Prof. Müller und ergänzt: „Hier verändern wir dann die Therapie und geben den Betroffenen andere Medikamente.“ Patienten sollten sich also stets genau an die Therapievorgaben der Ärzte halten. Sie sollten eigenverantwortlich handeln.

„Außerordentlich wichtig ist die Einhaltung der exakten Dosierung der Medikamente. Bereits zehn Prozent weniger Tabletten können zu einem völligen Versagen der Therapie führen“, erklärt Prof. Müller. Auch sind je nach Medikament die Rahmenbedingungen der Einnahme – wie der zeitliche Abstand zu den Mahlzeiten – genau zu beachten. Auch sollten Patienten ihre Therapie anderen behandelnden Ärzten anzeigen. Denn nehmen sie zum Beispiel blutdrucksenkende Medikamente oder sind Diabetiker, kann eine unerwünschte Wechselwirkung zwischen den unterschiedlichen Medikamenten auftreten. „Wenn Betroffene nun noch ihren Lebenswandel so anpassen, dass möglichst keine neuen Krankheiten entstehen, sie sich ausgewogen ernähren, ein normales Gewicht halten und Sport treiben, steht einem völlig beschwerdefreien Leben nichts im Wege“, so Prof. Müller.

Die richtige Klinik finden

Entscheidend für den Therapieerfolg ist letztlich auch immer die richtige Arzt- und Klinikwahl. Gute Informationen hierzu liefert das Kompetenznetz Leukämien. Auf diesen Seiten werden zudem ausführliche Informationen für Patienten und Angehörige bereitgestellt. Empfehlenswert ist darüber hinaus auch die Homepage www.leukaemie-online.de. Patienten haben dort insbesondere die Möglichkeit, sich mit anderen Patienten über ihre Erkrankung auszutauschen.


Prof. Dr. Martin C. Müller, Facharzt für Innere Medizin mit Spezialisierung auf Hämatologie und Onkologie © Privat