Multiples Myelom Therapie im Überblick – Das Myelom ausbremsen

Autor: Jonathan Fasel

Wünschenswert wäre eine zeitnahe Diagnose, um die weitere Ausbreitung zu verlangsamen. © Gajus – stock.adobe.com

Seit Jahren forschen Experten an den medikamentösen Therapien dieser Krankheit. Das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten hat sich in dieser Zeit deutlich erweitert. Eine vollständige Heilung ist jedoch noch nicht möglich. Gleichwohl gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Möglichkeiten, mit denen sich die Krankheit verlangsamen lässt.

Das multiple Myelom ist selten, gehört aber zu den häufigsten Tumoren von Knochen und Knochenmark – umgangssprachlich auch als Knochenmarkkrebs bezeichnet. Es handelt sich um eine bösartige Erkrankung der Plasmazellen im Knochenmark.

Oft spät entdeckt

Betroffene klagen vor der Diagnose meist über unspezifische Schmerzen, etwa im Rücken oder in den Knochen. Der Hausarzt denkt hierbei üblicherweise erst mal nicht an eine ernstere Erkrankung. „Daher wird das multiple Myelom in der Regel oft relativ spät erkannt“, sagt ­Professor Dr. Ulrich Dührsen. Der Experte ist Direktor der Klinik für Hämatologie am Universitätsklinikum ­Essen.

Er fügt hinzu: „Wünschenswert wäre eine frühzeitige Dia­gnose, denn je eher wir den Knochenmarkkrebs erkennen, desto besser können wir ihn behandeln.“ Eine präzise Diagnostik ist beim multiplen Myelom entscheidend für die nachfolgenden Behandlungsschritte. Hierfür stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Erste Anzeichen sind Eiweißveränderungen im Blut. Um diesen Verdacht zu bestätigen, entnehmen Ärzte Knochenmark. Unter dem Mikroskop lassen sich anschließend die entarteten Zellen nachweisen. Mit weiteren Diagnoseverfahren ergründen Experten nachfolgend die genaue Form der Erkrankung.

„Wir nutzen vor allem bildgebende Verfahren, zum Beispiel eine konventionelle Röntgenuntersuchung der Knochen. Aber auch sensitivere Methoden werden zunehmend zur Diagnostik des multiplen Myeloms eingesetzt, dazu gehören die Computertomographie, die Magnet­resonanztomographie und die Positronenemissionstomographie“, berichtet Prof. Dührsen.

Beobachten statt behandeln

Nach erfolgter Diagnostik erkennen die Experten, ob es sich um eine günstige oder ungünstige Form der Erkrankung handelt und können so ihre Behandlungsstrategie planen.

„Klagt ein Patient nicht über Beschwerden oder Funktionsstörungen und liegt eine günstige Form eines multiplen Myeloms vor, behandeln wir diese in der Regel nicht, sondern beobachten sie nur“, so Prof. Dührsen. In diesen Fällen müssen Betroffene circa alle drei Monate zur ambulanten Untersuchung. Ändert sich nichts, verlängern sich die zeitlichen Abstände der Untersuchungen.

Aufgrund von Erkenntnissen der letzten Jahre steigen die Ärzte mittlerweile früher in die Therapie ein als noch vor einiger Zeit. Das verhindert, dass der Körper Schaden nimmt. „Studien zeigten, ein früher Einstieg führt bei den Patienten zu einer längeren Überlebenszeit“, erklärt Prof. Dührsen.

Behandlung abhängig vom Allgemeinzustand

Zeigt die Diagnostik eine ungünstige Form des multiplen Myeloms und liegen beim Betroffenen Beschwerden oder Funktionsstörungen vor, muss er zwingend behandelt werden. Die Behandlungsintensität wählen die Ärzte in Abhängigkeit vom gesundheitlichen Allgemeinzustand des Patienten.

„Ist der Patient jung und stabil, können wir ihn mit der intensivsten und gleichzeitig effektivsten Methode behandeln, der Hochdosis-Chemotherapie“, stellt Prof. Dührsen fest. Vor einer Hochdosis-Chemotherapie erhält der Patient eine Blutwäsche. „Wir gewinnen so Stammzellen, mit denen wir zwei Tage nach der Behandlung das zerstörte Knochenmark wieder aufbauen“, erläutert Prof. Dührsen und ergänzt: „Nach circa 14 Tagen haben sich Blut und Knochenmark wieder erholt.“ Diese Hochdosis-Chemotherapie führt zu den besten Erfolgen.

Nicht für alle Patienten geeignet

Die Hochdosis-Chemotherapie zeigt die besten Erfolge bei der Behandlung des multiplen Myeloms. Sie ist jedoch nicht geeignet für ältere Patienten, denn ihre Anwendung erfordert einen stabilen Allgemeinzustand der Betroffenen. Ist der Patient jung, sportlich und neben seiner Krankheit hinreichend fit, kommt für ihn in erster Linie eine solche körperlich fordernde Behandlung in Betracht.

Vor- und nachgeschaltet ist ihr eine normal dosierte Therapie mit Medikamenten, die die Prognose des multiplen Myeloms in den vergangenen 20 Jahren deutlich verbessert hat.

Erfolge mit neuartigen Medikamenten

Ist ein Patient zu schwach für diese intensive Form der Therapie, greifen die Onkologen auf neuartige Medikamente zurück. Ihnen stehen zahlreiche Wirkstoffe zur Verfügung, die sehr gut auf Myelom-Zellen wirken. Viele Patienten können auf diese Art und Weise viele Jahre ohne nennenswerte Nebenwirkungen behandelt werden. Die meisten Medikamente stehen als Tabletten zur Verfügung.

„Sehr vielversprechend sind Verfahren, bei denen zusätzlich sogenannte Antikörper verabreicht werden. Sie aktivieren das körpereigene Immunsystem, das nun die Tumorzellen erkennt, angreift und zerstört“, sagt Prof. Dührsen. Seine Prognose lautet: „Solche Immuntherapien sind vielversprechend und werden zukünftig zu weiteren Behandlungserfolgen führen.“


Prof. Dr. Ulrich Dührsen, Direktor der Klinik für Hämatologie am Universitätsklinikum, Essen © Privat
Die Lage des Tumors im Knochenmark. Neue Therapieansätze versuchen, mithilfe von Immunzellen den Krebs zu zerstören. © freshidea – stock.adobe.com