Kehlkopfkrebs Neue OP-Methoden schonen die Stimmbänder

Autor: Dietmar Kupisch

Kehlkopfkrebs entsteht rund um die Stimmritze hinter dem Schildknorpel. Da hier auch Luftröhre und Stimmbänder verlaufen, gehören Schluckstörungen, Heiserkeit und Atembeschwerden zu den häufigsten Symptomen.

Tumoren im Bereich der Mundhöhle, des Rachens, der Nase oder des Halses kann man unter dem Begriff Kopf-Hals-Tumoren zusammenfassen. Mit jährlich über 4.000 Neuerkrankungen gehört der Kehlkopfkrebs zu den häufigsten Vertretern dieser Krebsart in Deutschland. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen. Wir geben einen Überblick über die Therapiemöglichkeiten.

Wie bei allen Krebsarten ist auch beim Kehlkopfkrebs vor dem Behandlungsbeginn eine umfassende Diagnostik erforderlich, um das Tumorstadium zu ergründen. Unterschiedliche Verfahren stehen zur Verfügung, wie Kehlkopfspiegelung, Gewebeentnahme, Ultraschall, MRT und CT. „Je früher der Tumor entdeckt beziehungsweise die Diagnose gestellt wird, desto besser sind die Heilungschancen“, sagt Prof. Dr. Stefan Dazert. Der Experte für Kehlkopfkrebs und Direktor der Hals-Nasen-Ohrenklinik der Ruhr-Universität Bochum betont: „Eine optimale Versorgung garantieren Kliniken, die auf Kopf-Hals-Tumoren spezialisiert sind. Denn hier arbeiten die beteiligten Spezialisten in einem Kopf-Hals-Tumorzentrum Hand in Hand.“

Verschiedene OPs für individuelle Behandlung

Grundsätzlich kommen bei Kehlkopftumoren die Operation, Bestrahlung oder Chemotherapie beziehungsweise eine Kombination aus diesen Verfahren zum Einsatz.

Die operative Entfernung des Kehlkopftumors bietet Aussicht auf Heilung. Sie stellt deshalb bei geeigneter Tumorgröße die zentrale Behandlungsmöglichkeit dar. „Bei der chirurgischen Behandlung verfügen wir über eine Vielzahl verschiedener Operationsverfahren“, erklärt der Experte. „Je nach Ursprungsort und Ausdehnung können wir sehr schonende Eingriffe durch den Mund vornehmen, die die Funktion des Kehlkopfes nur wenig beeinträchtigen, bis hin zur vollständigen Entfernung des Organs.“ Durch den Einsatz eines Lasers und mikrochirurgische Techniken können kleinere Tumoren durch eine Kehlkopfteilresektion entfernt werden.

Einige Tage danach beginnt der Patient mit einem Stimmtraining. „Solche Übungen helfen bei einer zügigen Integration zurück in Alltag und Beruf“, so Prof. Dazert. Ist der Tumor größer und infiltrierend gewachsen, kann eine schonende Laserbehandlung durch den Mund häufig nicht mehr durchgeführt werden. „In solchen Fällen müssen wir meist den Kehlkopf vollständig und gegebenenfalls auch Teile des Rachens entfernen. Zudem ist die Anlage eines Luftröhrenschnittes erforderlich“, sagt der HNO-Experte aus Bochum.

Die Sprache bleibt meist erhalten

Dort, wo der Tumor entfernt wurde, setzt der Chirurg körpereigenes Gewebe ein, um den Schluckweg wiederherzustellen. „Dabei greifen wir auf eine Vielzahl verschiedener Verfahren zurück, wobei die gefäßgestielte Transplantation von Unterarmgewebe besonders gute funktionelle Ergebnisse liefert“, erklärt Prof. Dazert. Nach der Operation größerer Tumoren schließt sich gemäß den Behandlungsleitlinien in der Regel eine Bestrahlungs-Chemotherapie an. Die Zustimmung der Patient:innen vorausgesetzt.

Die gute Nachricht: Bei den meisten Patienten ist eine Sprechrehabilitation nach der Kehlkopf­operation möglich.

Auf diese Warnsignale sollten Sie achten

Bei Krebs im Bereich der Stimmritze (Glottis):

  • Heiserkeit und Halskratzen
  • Räusperzwang
  • chronischer Husten
  • später Atembeschwerden und Luftnot

Bei Krebs oberhalb der Glottis:

  • unerklärliche Schluckstörungen und Schmerzen
  • Fremdkörpergefühl im Hals

Bei Krebs oberhalb der Stimmritze:

  • Unspezifische Beschwerden
  • Atemprobleme bei Anwachsen des Tumors

Genereller Gewichtsverlust im Laufe der Erkrankung.

Hat der Tumor eine Größe, die eine Operation nicht mehr zulässt, oder ist der Patient zu schwach für den Eingriff, wird eine sogenannte primäre Radio-Chemotherapie durchgeführt: Der Patient wird nicht operiert, sondern mit Medikamenten und Bestrahlungen behandelt. Auch mit dieser Therapie kann es noch zu einer Heilung kommen. Allerdings sind die Chancen dafür nicht so gut wie bei den operativen Verfahren.

Arzneimittel als Alternative

Medikamente, wie etwa der Antikörper Cetuximab, können in manchen Fällen eine weitere Therapieoption sein. Sie setzen an speziellen Bindungsstellen der Tumorzellen an, greifen in die Signalvorgänge der Zellen ein und bekämpfen so den Tumor. Zudem macht ein neues Krebstherapie-Konzept Hoffnung, dass bei einigen anderen Krebsarten bereits erfolgreich eingesetzt wird: die Immuntherapie.

Mithilfe sogenannter Immun-Checkpoint-Inhibitoren aktiviert man das körpereigene Immunsystem und kann so den Tumor gezielt bekämpfen. „Wir setzen die Immuntherapie mittlerweile beim fortgeschrittenen, rezidivierenden Kehlkopfkrebs ein“, so Prof. Dazert.

Nachuntersuchungen empfohlen

Nach der Therapie empfiehlt der Mediziner seinen Patient:innen regelmäßige, klinische Nachuntersuchungen. Hierbei wird auch mit Ultraschall-, Computertomographie- oder Kernspintomographie-Untersuchungen geprüft, ob neues Tumorwachstum aufgetreten ist.

Im ersten Jahr sollte eine Nachuntersuchung alle drei Monate erfolgen. Danach verlängern sich die Abstände, da die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Rezidivs mit der Zeit geringer wird.


Prof. Dr. Stefan Dazert Prof. Dr. Stefan Dazert, Experte für Kehlkopfkrebs, Direktor der Hals-Nasen-Ohrenklinik der Ruhr-Universität Bochum © privat