Gynäkologische Krebserkrankungen Exzellenz der Operationen entscheidet bei Eierstock- und Gebärmutterkrebs

Autor: MPL-Redaktion

Studien belegen: Die besten Heilungschancen für Patientinnen bieten zertifizierte 
gynäkologische 
Krebszentren. © Syda Productions – stock.adobe.com

Krebserkrankungen an den weiblichen Geschlechtsorganen sind zwar seltener als Brustkrebs, aber Eierstockkrebs ist die häufigste Todesursache bei Frauen mit einer gynäkologischen Krebserkrankung. Lesen Sie in Perspektive LEBEN, warum Betroffene sich, wenn immer möglich, in einem zertifizierten Zentrum behandeln lassen sollten.

Zu den gynäkologischen Krebserkrankungen zählen der Eierstock-, der Gebärmutterhals- und der Gebärmutterkrebs sowie die seltenen bösartigen Tumoren an den Schamlippen und in der Scheide. Insgesamt werden ungefähr 27.000 Diagnosen dieser Krebsarten pro Jahr in Deutschland gestellt.

Dabei wird Gebärmutterkrebs als häufigster gynäkologischer Krebs fast 12.000-mal pro Jahr diagnostiziert. Hierbei wird der Krebs häufig aufgrund von Blutungen nach der Menopause in einem frühen Stadium erkannt, wodurch die Heilungschancen meist sehr gut sind. Goldstandard in der Therapie ist die Operation. Dabei kommen die klassische offene, aber erfreulicherweise immer häufiger die minimal-invasive oder auch die robotergestützte Operation infrage. „Welche der Methoden zum Einsatz kommt, hängt von vielen Faktoren ab“, sagt Professor Dr. Pauline Wimberger, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Technischen Universität in Dresden. „Wir entscheiden das im Team.“ Dabei sind u.a. der Allgemeinzustand, Voroperationen und Begleiterkrankungen der Patientin entscheidend.

Beim Gebärmutterkrebs wird – wenn Risikofaktoren vorliegen – nach der Operation eine Strahlentherapie zur Senkung des lokalen Rezidivrisikos und im fortgeschrittenen Stadium eine Chemotherapie empfohlen.

Optimale Versorgung ist wichtig

Der zweithäufigste gynäkologische Krebs ist der Eierstockkrebs. Knapp 8.000 Frauen bekommen diese Diagnose pro Jahr in Deutschland gestellt. Bei fast 75 Prozent der Frauen ist die Erkrankung schon weit fortgeschritten und hat sich dann typischerweise im gesamten Bauchraum ausgebreitet, da es bislang keine guten Screeningmethoden gibt. Eine ausgedehnte Operation mit dem Ziel, alle sichtbaren Tumorherde operativ zu entfernen, ist der wichtigste Baustein in der Therapie. Nach der Operation werden im fortgeschrittenen Stadium eine Chemotherapie sowie eine Antikörpertherapie mit einem Angiogenese-Hemmer empfohlen. Diese Angiogenese-Hemmer sollen verhindern, dass der Krebs neue Tumorgefäße bildet, die ihn mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. So kann das Tumorwachstum gehemmt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass Tumorreste, selbst wenn mit dem bloßen Auge keine Tumoren mehr sichtbar sind, wirksam bekämpft werden.

Wirksamer operieren – die Exzellenz der Operation entscheidet!

„Die Exzellenz der Operation und auch der nachfolgenden Behandlung ist für den weiteren Verlauf der Erkrankung extrem entscheidend“, betont Prof. Wimberger. „Aus Veröffentlichungen wissen wir genau, dass Frauen, die in einem zertifizierten gynäkologischen Krebszentrum behandelt wurden, an dem auch zahlreiche Studien angeboten werden, eine weitaus bessere Prognose haben“, so die Expertin.

Die Gründe, warum Patientinnen in den ausgewiesenen anerkannten Zentren profitieren, sind sehr vielfältig. Zum einen ist es die Erfahrung, die das Team mit derartigen sehr ausgedehnten Operationen und Erkrankungen hat. Zum anderen werden die Patientinnen von einem ganzen Stab hoch spezialisierter Ärzte und Mitarbeiter betreut. Dies beginnt bei der Diagnose, setzt sich fort über die Therapieplanung und Behandlung und endet mit der Beratung zur Nachsorge und Rehabilitation. Die erfahrene Ärztin rät daher allen Betroffenen, unbedingt ein gynäkologisches Krebszentrum aufzusuchen.

Hinzu kommt, dass in den Zentren die neuesten Operationsmethoden eingesetzt werden. Die Operateure entfernen zielgenauer das befallene Gewebe und können die Nerven, die die Blasenfunktion beeinflussen, schonen. Letzteres kommt vor allem bei Frauen mit Gebärmutterhalskrebs zum Tragen. „Dies kann für Frauen entscheidend sein und die Lebensqualität erheblich verbessern: Die Kontinenz kann erhalten bleiben und Blasenentleerungsstörungen sind sehr viel seltener“, sagt Prof. Wimberger. „Zudem können wir dank der neuen Methode der TMMR – einer speziellen Form der radikalen Gebärmutterentfernung, bei der die autonomen Nerven geschont werden und entsprechend den embryologisch entwickelten Kompartimenten ausgedehnt operiert wird – beim Gebärmutterhalskrebs häufig auf die belastenden Strahlentherapien im Anschluss an die Operation verzichten.“ Mit ungefähr 4.400 Neuerkrankungen ist der Gebärmutterhalskrebs schon eher eine seltenere Erkrankung. Auch hier gilt: Wird der Krebs früh entdeckt, kann er meist gut behandelt werden. Wird er später entdeckt und liegen Risikofaktoren vor, ist trotz ausgedehnter Standardoperation eine anschließende kombinierte Chemo- und Strahlentherapie unausweichlich. „Ein neues innovatives operatives Therapiekonzept ist die TMMR, die wir als eines von wenigen ausgewiesenen Zentren unseren Patientinnen mit Gebärmutterhalskrebs anbieten, um möglichst auf eine Strahlentherapie verzichten zu können“, bekräftigt Prof. Wimberger. Besonders häufig tritt dieser Krebs um das 35. und um das 65. Lebensjahr auf.

Was bedeutet TMMR?

Die totale mesometriale Resektion, abgekürzt als TMMR, ist eine erst 1998 entwickelte Operationsmethode. Sie basiert auf einer entwicklungsbiologischen Idee: Entfernt wird ein bösartiger Tumor in der Umgebung seiner Entstehung. Die für die Ausbreitung z.B. des Gebärmutterhalskrebses bestimmende Einheit wird dabei aus der embryonalen Entwicklung abgeleitet. Organe und Gewebeteile, die nicht zu dieser Einheit gehören, können trotz der Nähe zum Tumor erhalten werden. Mit der TMMR können, so belegen Studien, auch ohne zusätzliche Strahlentherapie Rückfälle weitgehend vermieden werden.

Je seltener eine Krebsart ist, desto wichtiger ist das Expertenwissen!

Mit ungefähr 1.500 beziehungsweise 1.000 Neuerkrankungen pro Jahr sind der Scheiden- und der Schamlippenkrebs sehr selten.
„Auch hier gilt es ganz besonders darauf zu achten, dass die Therapie in einem Zentrum stattfindet, das mit diesen seltenen Erkrankungen viel Erfahrung hat. Plastische Rekonstruktionen, um möglichst keine Funktionsstörungen zu verursachen, sind bei diesen Krebsarten für die Patientinnen häufig vonnöten“, betont Prof. Wimberger.

„Die Betroffenen sollten von ihrem Recht, eine zweite Meinung einzuholen, großzügig Gebrauch machen. Denn so wird das Vertrauen des Patienten in die Therapie gestärkt.“ Unter den Stichworten „gynäkologisches Krebszentrum“ und „Bundesland“ können die Zentren in der Umgebung abgerufen werden.


Prof. Dr. Pauline Wimberger; Direktorin der Klinik und Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Technischen Universität in Dresden © privat