Vitamine Unterversorgung vermeiden, Nahrungsergänzungsmittel richtig einsetzen

Autor: Perspektive LEBEN

Die Regel lautet: Was immer aus der Natur kommt, ist besser als der synthetische Ersatz. Nur wo es nicht anders geht, ist die Ergänzung geboten. © iStock/Merinka, Creativeye99

Während der Therapie, aber auch hinterher, haben viele Patienten oft Probleme mit ihrer Nahrungsaufnahme. Schuld daran sind etwa Nebenwirkungen von Medikamenten oder die Erkrankung selbst. Dabei sollten sich Betroffene gerade in dieser Phase ausgewogen ernähren, um genügend Kraft für die anstrengenden Behandlungen zu haben. Nahrungsergänzungsmittel (NEM) können hierbei helfen. Lesen Sie, wann genau solche Zusatzpräparate Sinn machen und was bei der Einnahme zwingend zu beachten ist.

Im Verlauf einer Krebserkrankung kann es bei Betroffenen zu einer Unterversorgung mit Vitaminen und Nährstoffen kommen. Die Ursachen hierfür sind meist vielfältig: Zum einen erschweren Nebenwirkungen einer Therapie oft die Nahrungsaufnahme.

Vorsicht vor Unterversorgungen!

„Hierzu zählen beispielsweise Übelkeit oder Erbrechen. Solche Beschwerden können rasch zu einer Unterversorgung mit Nährstoffen führen. Oder Entzündungen der Mundschleimhäute verursachen Kau- und Schluckbeschwerden, sodass Betroffene einfach weniger essen“, weiß Dr. Trappe zu berichten. Ebenso meiden sie oft Obst, da seine Fruchtsäuren ein Brennen an den entzündeten Stellen verursachen kann. Viele Patienten hatten leider auch vor der Erkrankung nicht ausreichend Obst und Gemüse auf ihrem Speisezettel.

Patienten, deren Magen-Darm-Trakt durch einen Tumor betroffen ist, haben häufig Verdauungsprobleme – auch hier leidet die Nährstoffaufnahme. Sie resorbieren viele wichtige Nahrungsbestandteile nicht ausreichend. Besonders häufig wird eine Unterversorgung bei Leukämien beobachtet, v.a. nach einer Stammzelltransplantation.

Nahrungsergänzungsmittel können helfen

„Nahrungsergänzung ist nicht mit Nahrungsersatz zu verwechseln – es ergänzt die aufgenommene Nahrung“, unterstreicht Dr. Trappe. „Nahrungsergänzungsmittel sollen daher ausschließlich der vorübergehenden Versorgung mit notwendigen Nährstoffen dienen, wenn diese zum Beispiel durch eine eingeschränkte Ernährung nicht in ausreichender Menge zugeführt werden können.“

Nahrungsergänzungsmittel werden üblicherweise in lebensmitteluntypischer Form angeboten, etwa als Ta­bletten, Kapseln, Granulat, Pulver, Drinks und Tropfen. „Einige Konsumenten glauben, es handele sich dabei um Arzneimittel. Dies ist nicht der Fall“, erklärt Dr. Trappe. Nahrungsergänzungsmittel gibt es als Einzelpräparat, ein Beispiel dafür sind Vitamin-D-Kapseln. Oder als Kombipräparate, die zum Beispiel mehrere Vitamine oder Mineralstoffe enthalten.

Ein Fachmann sollte begleiten

„Eine ausgewogene Ernährung macht Nahrungsergänzungsmittel normalerweise überflüssig. Bei Krebspatienten stellt sich aber manchmal die Frage: Was können sie überhaupt noch essen?“, so Dr. Trappe. Deshalb sollte eine genaue Nahrungsmittel-Anamnese klären, was der Patient noch verträgt und was nicht. Erst daraufhin könnten Nahrungsergänzungsmittel gezielt eingesetzt werden.

„Das Ganze sollte immer ein Fachmann begleiten. Denn es müssen nicht nur Unterversorgungen ausgeglichen, sondern auch Überdosierungen vermieden werden sowie die Interaktion mit anderen Medikamenten“, gibt die Ernährungsexpertin zu bedenken.

Krebspatienten sollten also so gut es geht auf eine ausgewogene Ernährung achten. Dazu zählen vor allem Obst und Gemüse sowie Milchprodukte, Eier, Fleisch und Fisch. Je nach Art der Erkrankung kann es aber auch sinnvoll sein, frühzeitig die Vitamin- und Nährstoffspeicher des Körpers aufzufüllen. Patienten bereiten so ihren Organismus und ihr Immunsystem auf eine anstrengende Therapie vor. „Die Faustformel lautet: Je fitter man ist, desto besser steckt man eine anstrengende Therapie weg. Eine ausgewogene Ernährung bildet dafür die Grundlage“, sagt Dr. Trappe.

Auf die richtige Dosierung achten!

Stellt der Ernährungsexperte eine Unterversorgung fest, kann er gezielt gegensteuern. Dabei fällt es Patienten oft leichter, statt fünf Orangen oder Kiwis eine entsprechende Vitamin-C-Tablette einzunehmen. Dr. Trappe warnt dabei ausdrücklich vor einer übertriebenen Eigeninitiative: „Gerade bei Einzelpräparaten muss auf eine Überdosierung geachtet werden, denn diese sind oft hoch dosiert.“ Ein erfahrener Arzt sollte daher einen Mangel konkret feststellen, bevor ein passendes Präparat verschrieben wird. Geeignet sind meist Produkte aus der Apotheke.

Nahrungsergänzungsmittel lassen sich somit therapiebegleitend einsetzen – und zwar so, dass sie Nebenwirkungen möglicherweise lindern können. Gelingt das, kann eine Therapie reibungsloser vollzogen werden. „Der Patient bleibt kräftiger und wird nicht zusätzlich durch eine Unterversorgung geschwächt. Gleichzeitig muss der Onkologe die Therapie nicht umstellen“, erklärt Dr. Trappe.

Nahrungsergänzungsmittel können auch nach der Therapie unterstützen. Also in den Übergangsphasen, wenn es darum geht, wieder stark und ausdauernd zu werden. „Darüber hinaus gilt, je älter die Patienten sind, desto intensiver muss auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden.“

Viel hilft manchmal wenig

Um nach der Therapie wieder körperlich stark zu werden, kommen oftmals Eiweißpräparate ins Spiel. Auch hierzu hat Dr. Trappe eine schlüssige Meinung: „Beim Muskelaufbau macht eine eiweißhaltige Ernährung – ob über konventionelle Nahrung oder Nahrungsergänzungsmittel – nur Sinn, wenn man dazu auch ein Muskulatur-Training betreibt. Andernfalls wird das überschüssige Eiweiß nur zu Fett umgewandelt und es könnte langfristig zu anderen gesundheitlichen Problemen führen.“ Normalerweise sollte eine ausreichende Eiweißversorgung ohne Zusatzpräparate gelingen. Ob über Fleisch, Käse oder in flüssiger Form über Milch. „Da sollte für jeden Patienten etwas dabei sein. Eiweißtabletten oder Shakes sind in der Regel nicht notwendig.“

Abgeklärt werden müssen immer Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten – gerade während einer Therapie. Monopräparate, die zum Beispiel nur aus einem Vitamin bestehen, sollten während einer Chemo- oder Strahlentherapie ausschließlich nach ärztlicher Rücksprache eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere für Produkte, die hoch dosiert sind und ein Vielfaches der Konzentration enthalten, die sich über normale Ernährung im Körper anreichert. Antioxidanzien wie Vitamin C, E oder Beta-Carotin behindern zum Beispiel die Wirkungen einer Chemo- oder Strahlentherapie ganz erheblich.


Dr. Andrea Trappe, Diplom-Ökotrophologin aus Isernhagen bei Hannover © Privat