Gewebeuntersuchungen Pathologie: Dreh- und Angelpunkt der Diagnosefindung

Autor: MPL-Redaktion

Pathologen untersuchen Gewebeproben nach gefährlichen Erregern, Fehlbildungen oder Krebszellen. © iStock/nicolas

Keine Diagnose ohne Pathologen. So oder so ähnlich muss man sich die Bedeutung dieser Disziplin vorstellen, wenn es um das Thema Krebs geht. Lesen Sie, warum die Pathologie als Disziplin der Medizin so eminent wichtig für die erfolgreiche Krebsbehandlung ist.

Was ist eigentlich Pathologie?

Landläufig sprechen die meisten Menschen von der Pathologie und meinen eigentlich die Gerichtsmedizin. In den allermeisten Krimiserien spielen die Gerichtsmediziner eine tragende, manchmal witzige und/oder auch knorrige Rolle. Sie beschäftigen sich ganz überwiegend mit der Aufklärung von Gewaltverbrechen und dergleichen.

Wir Pathologen in den Kliniken beschäftigen uns hingegen fast ausschließlich damit, den behandelnden Ärzten dabei zu helfen, Leben möglichst lange und gut zu erhalten. Dafür untersuchen wir die unterschiedlichsten Gewebeproben, immer auf der Suche nach gefährlichen Erregern, Fehlbildungen und Krebszellen und deren Vorstufen.

Bei Tumorerkrankungen wird darüber hinaus die Bestimmung sogenannter Marker immer wichtiger. Diese Marker sind für die Therapie oft sehr wichtig. Sie können zum Beispiel anzeigen, welche Medikamente gut oder nicht gegen einen bestimmten Krebs wirken. Mit unseren Ergebnissen können die Ärzte also die richtige Behandlung einleiten und oft unnötige Nebenwirkungen vermeiden.

Warum ist die Pathologie bei Krebs so wichtig?

Der Spruch „Keine Diagnose ohne Pathologen“ klingt platt, trifft aber des Pudels Kern sehr genau. Die Pathologie ist nämlich immer dabei, wenn es um Krebs geht. Ein Beispiel macht es deutlich: Wird bei einer Frau in der Mammographie ein unklarer Befund entdeckt, wird ihr eine Gewebeprobe entnommen. Diese wird in der Pathologie auf Krebs und seine Vorstufen untersucht. Können wir Entwarnung geben, ist alles in Ordnung. Finden wir aber entartete Zellen, muss entschieden werden, was nun zu tun ist.

Dies hängt ganz wesentlich von unseren Untersuchungen ab. Denn wir können nicht nur erkennen, dass es Krebs ist. Wir können meist auch bestimmen, wie gefährlich er ist und welche Eigenschaften er hat. Auf dieser Basis entscheiden die Ärzte, welche weiteren Behandlungen vorgenommen werden.

Wenn die Frau operiert werden muss, werden wir im Anschluss an die Operation das Gewebe des Tumors wiederum untersuchen. Dabei schauen wir uns auch ganz genau den Saum, sprich die Ränder der Operationsschnitte, an. Sind dort keine Tumorzellen vorhanden, war die Operation erfolgreich. Deshalb ist die Pathologie bei Krebs Dreh- und Angelpunkt der Behandlung.

Wie müssen wir uns eine pathologische Untersuchung vorstellen?

Im Prinzip ist das ganz einfach, aber im Detail dann doch sehr aufwendig. Die Gewebeproben werden zunächst mit Formalin fixiert. Das heißt, dass alle Zersetzungsprozesse in den Proben dauerhaft gestoppt werden. Danach werden die Gewebeteile in Wachs eingebettet, in hauchdünne Scheiben geschnitten und auf Objektträger aufgebracht. Mit bestimmten und zum Teil sehr aufwendigen Färbetechniken werden die Gewebeproben eingefärbt. So können wir unterschiedliche Eigenschaften der Krebszellen systematisch herausarbeiten und die Ergebnisse an die behandelnden Ärzte weitergeben.

Oft hört man von Schnellschnitten während der Operation. Was ist damit gemeint?

Soll schon während der Operation eine erste Begutachtung einer Gewebeprobe vorgenommen werden, kann der sogenannte Schnellschnit angewendet werden. Dabei wird eine Gewebeprobe schockgefroren, hauchdünne Scheiben davon abgeschnitten und mit dem Mikroskop untersucht. Die Methode ist nicht so sicher wie die normale Methode, liefert aber trotzdem schon sehr gute Ergebnisse. Zur Sicherheit werden die Gewebeproben des Schnellschnitts anschließend auf die herkömmliche Art und Weise untersucht.

Das klingt alles sehr einfach. Ist das wirklich so?

Wie gesagt, das Prinzip ist einfach. Aber es gehört eine ganze Portion Sachverstand und sehr viel Erfahrung dazu. Wir müssen uns zum Beispiel genau überlegen, in welche unterschiedlichen Schichten wir die Gewebeproben schneiden müssen.

Ein Beispiel: Betrachten wir einen Apfel und unterstellen wir, die Kerne wären Krebsnester. Schneiden wir den Apfel in der Mitte von oben nach unten durch, kann es passieren, dass wir keinen Kern treffen. Also wäre der Schluss, dass in dem Apfel kein Krebsnest ist. Das könnte ein fataler Irrtum sein. Schneiden wir nämlich den Apfel in der Mitte quer durch, werden die Kerne immer mit angeschnitten und somit die „Krebsnester“ gefunden. Dieses einfache Beispiel zeigt, wie schwierig eine pathologische Untersuchung sein kann. In der Realität ist dies natürlich viel komplexer und die Fragestellungen sind sehr viel aufwendiger.

Wie sicher sind die pathologischen Untersuchungen?

Extrem sicher. Die Gewebeproben werden von erfahrenen Ärzten entnommen. Die Präparate werden von sehr guten und erfahrenen Mitarbeitern unter fachärztlicher Aufsicht hergestellt.

Die Diagnosen werden dann im Vier-Augen-Prinzip erstellt. Das heißt, jede Probe wird von mindestens zwei Fachärzten begutachtet. Bleiben dennoch Zweifel, werden weitere Pathologen, auch von außerhalb, hinzugezogen. Das macht unsere Diagnosen sehr sicher. Wir schaffen mit unserer Arbeit eine sehr gute Basis für die weiteren Schritte der Behandlungen.


Dr. Gabriele Deubler, Fachärztin für Pathologie in der Praxis für Pathologie, Reutlingen © Privat