Psychoonkologie Keine Angst vor der Angst!

Autor: Tina Krepela

Es ist wichtig, mit der Angst leben zu lernen. © Pierre – stock.adobe.com

Wer selbst mit Krebs konfrontiert wird, hat Angst. Nicht vor der Dia­gnose, nicht vor der Behandlung und auch nicht vor einem Rezidiv. Er hat schlicht und einfach Angst vor dem Tod, und dies oft panisch. Das ist ganz normal, aber auch ganz persönlich.

Angst gehört zum Leben. Sie schützt uns vor zu hohen Risiken und hilft, Gefahren zu vermeiden. Wer jedoch vor normalen Situationen krankhafte Angst verspürt, ist psychisch krank und muss in vielen Fällen behandelt werden.

„Wer aber durch eine Krankheit vom Tod bedroht wird und Angst hat, ist hingegen ganz normal! Diese Unterscheidung ist ganz wichtig und muss jedem Krebspatienten ganz präsent sein“, sagt Dr. Peter Weyland, Psychotherapeut und Psychoonkologe aus Ingoldingen in Oberschwaben. „Dieses Bewusstsein der Normalität öffnet die Patienten, Methoden zu erlernen und anzuwenden, mit der Angst besser umzugehen.“

Bleibende Erinnerungen

Als Dr. Weyland vor vielen Jahren seine Krebsdiagnose gestellt bekommt, wird er zum ersten Mal ganz persönlich mit der Endlichkeit seines Lebens konfrontiert. „Ich habe das am Anfang gar nicht verstanden“, sagt Dr. Weyland. „Im Unterbewussten ging ich davon aus, dass Patienten Krebs haben, nicht der Arzt!“

Schnell erkennt er, dass diese Erinnerungen und damit die Angst für immer bleiben. Besonders präsent sind sie, wenn Nachsorgetermine anstehen. Werden die Belastungen zu groß und die Lebensqualität eingeschränkt, rät der erfahrene Arzt unbedingt dazu, Hilfe von Psychoonkologen anzunehmen.

Jahre nach der ersten Diagnose wird bei Dr. Weyland eine Metastase in der Leber festgestellt. Rasch wird klar, dass nur eine Operation und anschließende Chemotherapie Heilung bringen kann. „Die Operation war damals sehr riskant und meine Chancen waren gering, den Eingriff und die Behandlung zu überleben“, erzählt Dr. Weyland.

„Als ich dies einer Bekannten erzähle, fragt sie mich: Was ist eigentlich das Schlimmste für Dich?“ Der Arzt antwortet: Es ist die Unsicherheit darüber, wie viel Zeit mir noch bleibt. Darauf antwortet die Bekannte: Das verstehe ich nicht. Ich weiß auch nicht, wie viel Zeit mir noch bleibt. Wo bitte ist der Unterschied? „Zuerst war ich entsetzt – ich war schließlich der Krebspatient, nicht sie. Dann habe ich nach und nach verstanden, was sie meint“, sagt Dr. Weyland. „Wir haben alle die gleiche Ausgangssituation: Wir wissen nicht genau wann wir dran sind! Das ist ganz normal.“

Er ergänzt: „Die ’Gesunden‘ wissen nur mit dem Verstand, dass unser Leben endlich ist. Wer seinem Tod in die Augen geschaut hat, weiß es aus Erfahrung. Das ist der entscheidende Unterschied! Deshalb ist deren Angst konkret. Sie müssen damit leben lernen.“


Dr. Peter Weyland, Psychotherapeut und Psychoonkologe, Ingoldingen in Oberschwaben © Privat