Ernährung Darf ich trotz Krebs essen, was mir schmeckt?

Autor: MPL-Redaktion

Früchte schmecken noch besser, wenn man sie zu Säften oder Smoothies verar-beitet – ein Genuss! © Sunny Forest, DavidPrado – stock.adobe.com

Experten empfehlen Krebspatienten oft eine therapiebegleitende Ernährung – abgestimmt auf ihr Krankheitsbild. Andere wiederum befürworten eher eine kalorienreiche Nahrungsauswahl – Gewichtsverlust soll vermieden werden. Für Betroffene kann die Informationslage verwirrend sein. Perspektive LEBEN hat nachgefragt – bei der Ökotrophologin Dr. Andrea Trappe aus Isernhagen bei Hannover. Die Ernährungsexpertin berät krebskranke Menschen seit 30 Jahren. Ernährung ist für sie übrigens mehr als nur Essen und Trinken. Der Genuss darf nie fehlen.

Für Dr. Trappe ist die Ernährung ein wichtiger Baustein der Krebstherapie. „Die Patienten brauchen meist Kraft und sind psychisch gefordert. Auch kann es zu Geschmacksveränderungen kommen – einhergehend mit Appetitverlust, geringerer Nahrungszufuhr und somit zu Gewichtsverlust.“ Das häufigste Ernährungsziel ist somit meist, das Gewicht der Patienten zu halten und den Körper mit allen Vitalstoffen zu versorgen. „So bleiben sie stark für die eigentlichen Behandlungen“, betont Dr. Trappe.

Erst die Analyse, dann die Empfehlung

Jeder Patient muss individuell betrachtet und genauestens analysiert werden. Erst darauf erfolge die eigentliche Ernährungsempfehlung. Hat der Patient beispielsweise einen Tumor, der die Speiseröhre oder den Magen beeinflusst, müsse ernährungsseitig anders unterstützt werden, als wenn ein Teil des Darms entfernt worden ist. Es erfolgt immer eine auf den individuellen Tumor und den Patienten zielende Beratung.

Dr. Trappe beschreibt ihre Analyse: „Neben der allgemeinen Datenerhebung, wie Gewicht, Größe und Alter, stehen vor allem die konkrete Erkrankung sowie die Wünsche und Probleme der Patienten im Fokus. Zudem ergründe ich das aktuelle Essverhalten meiner Patienten. Hier hilft es, wenn die Patienten alles aufschreiben, was sie tagsüber zu sich nehmen – inklusive Getränke“. Auffällig sei laut Dr. Trappe, dass die meisten Männer zu wenig Obst und Gemüse, Frauen hingegen meist zu wenig Fleisch essen.

Häufiges Ernährungsziel während der Therapie: Gewichtsstabilisierung

Es gelte nun, alle erhobenen Daten möglichst mit einer ausgewogenen Ernährung in Einklang zu bringen. Dann erfolgt bei Dr. Trappe der grundlegende Beratungsansatz. Die ersten Empfehlungen seien dabei oft: mehr Obst und Gemüse oder auch mehr Fleisch. Der nächste Schritt beinhalte dann die konkrete Umsetzung: Welches Gemüse verträgt der Patient? Welches nicht? Welche Zubereitungsart ist die passendste zum Krankheitsbild? „Dabei versuche ich, den Patienten möglichst weit entgegen zu kommen. Gerade wenn es um das Primärziel Gewichtsstabilisierung geht, kann eine ausgewogene Ernährung auch mal hinten anstehen“, so Dr. Trappe. Hier können Patienten dann grundsätzlich essen was ihnen schmeckt. Meist ist das ja eher kalorienreiche Nahrung.

Ein Grund für den Gewichtsverlust ist laut der Ernährungsexpertin oft Appetitlosigkeit bei den Patienten. Hier helfen mehrere kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt. Diese sollten mit möglichst vielen Kalorien angereichert sein. Trockenobst oder das Beimischen guter Öle, wie Olivenöl, erfüllten diesen Anspruch. Kommen Schluckbeschwerden hinzu, eigneten sich beispielsweise Smoothies, Nuss-Mousse oder Suppen.

Ab jetzt gesund ernähren – aber bloß kein Stress dabei!

Viele Patienten kommen auch zu Dr. Trappe, weil sie nach der Dia­gnose das Ziel verfolgen, nun besonders gut zu leben – sich ausgewogen zu ernähren. „Einen solchen Ansatz kann man natürlich nur unterstützen. Allerdings warne ich davor, sich dabei zu sehr zu stressen“, berichtet Dr. Trappe und führt aus: „Viele versuchen, dann nur noch Bio-Produkte zu konsumieren und verzweifeln regelrecht, wenn das nicht immer gelingt“.

Wie sieht eine gesunde Ernährung aus? Dr. Trappe empfiehlt ihren Patienten, sich an dem Ernährungsdreieck des Vereins für Ernährung und Diätetik zu orientieren. Denn neben den üblichen Modellen berücksichtigt es auch die Bewegung und die Getränke.

Trinken nicht vergessen

Man sollte täglich mindestens 1,5 – 2 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Bei körperlicher Betätigung oder in besonderen Situationen, zum Beispiel bei hohen Temperaturen, kann der Flüssigkeitsbedarf auf bis zu 3 – 4 Liter ansteigen. Normalerweise wird dieser am besten durch Mineralwasser gedeckt, ungezuckerten Tee oder auch durch Fruchtschorlen mit nicht mehr als einem Drittel Fruchtsaftanteil.

Möchte man aber in kleiner Menge viele Kalorien zuführen, dann wären frische Säfte oder Smoothies auch sinnvoll. Bei dem Mineralwasser sollte man auf die vielfältigen, unterschiedlich enthaltenen Mineralstoffe achten. Je häufiger man die Sorte wechselt, umso abwechslungsreicher ist die Mineralstoffzufuhr. Cola und Limonade sollte man gänzlich meiden, da sie viel Zucker und damit auch viele Kalorien enthalten, aber keine Vitamine oder Mineralien. Wer Energie braucht, der sollte gute Säfte verwenden.

Gemüse und Obst – möglichst viel davon!

Mindestens drei bis vier Portionen Gemüse am Tag lautet die Empfehlung. Es ist kalorienarm und enthält viele Mineralstoffe, Vitamine, Ballaststoffe, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe und Wasser. Gerade den sekundären Pflanzeninhaltsstoffen werden zahlreiche Schutzwirkungen zugeschrieben: Sie beugen Krebs vor, senken den Cholesterinspiegel, regulieren den Blutdruck und den Blutzuckerspiegel. Das Gemüse sollte vitamin- und mineralstoffschonend zubereitet werden – zum Beispiel durch Dünsten, im Bratschlauch oder im Römertopf. Eine Portion entspricht dabei einer gefüllten Hand.

Bei Obst reichen normalerweise zwei Portionen, da es meist viel Fruchtzucker enthält. Das kann sich negativ auf das Gewicht auswirken. Bei Krebspatienten mit erhöhtem Energiebedarf können es hingegen ruhig auch mehr Obstportionen sein. Obst enthält Vitamin C, welches zum Immunschutz beiträgt. Zudem enthält es ebenfalls sekundäre Pflanzen- und Ballaststoffe.

Vollkornprodukte, Milch und Fisch

Vollkornprodukte dürfen nicht fehlen. Fünf Portionen am Tag sind nicht zu viel. Zum Beispiel Vollkornbrot, Müsli, Reis oder Nudeln. Die Vollkornvarianten enthalten besonders viele Ballast- und Mineralstoffe. Sie senken den Cholesterinspiegel und führen zu einem längeren Sättigungsgefühl.

Empfohlen werden täglich mindestens drei Portionen Milchprodukte. Zum Beispiel in Form von Käse, Milch oder Joghurt. Milch- und Milchprodukte enthalten leicht verdauliches Fett, Calcium, hochwertige Eiweiße wie Casein, aber auch Milchzucker, welcher gut für die Darmtätigkeit ist.

Zudem sind zwei Portionen Fisch pro Woche wünschenswert, da er meist viel gutes Fett, die Omega-3-Fettsäuren, enthält. Fisch ist darüber hinaus ein Jod-Lieferant, was besonders wichtig für die Schilddrüse ist.

Wurst, Fleisch und Eier

Bei Fleisch und Wurst gilt Zurückhaltung. Nicht mehr als zwei bis drei Portionen pro Woche empfehlen die Experten. Auch sollte man je nach Energiebedarf auf den Fettgehalt achten. Ähnlich verhält es sich mit den Eiern: mehr als ein bis zwei Stück pro Woche sollten es nicht sein, besonders bei erhöhtem Cholesterinspiegel.

Fette und Öle

Fette und Öle sollten in Maßen zu sich genommen werden. Für Salate eignen sich kalt gepresste Öle, da diese mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten. Diese wirken sich positiv auf den Cholesterinspiegel und damit auf das Herz-Kreislauf-Risiko aus. Gut sind Distel- oder Olivenöl.

Das Fazit von Dr. Trappe lautet:

„Man kann Krebspatienten ganz gute allgemeine Empfehlungen und Anregungen geben. Davon ausgehend sollten sie ihre Ernährung dann immer nach ihren Wünschen individuell optimieren und gegebenenfalls ändern.“


Dr. Andrea Trappe; Ökotrophologin, Isernhagen bei Hannover © privat