Selbsthilfe Selbsthilfe bei Hautkrebs: Von digital zu analog

Autor: MPL-Redaktion

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In Deutschland sind Selbsthilfegruppen schon länger ein fester Bestandteil des Gesundheitswesens. Doch häufig wird zu wenig für ihr wichtiges Angebot geworben. Das Engagement für sie kann sich aber lohnen.

Jedes Jahr werden etwa 500.000 neue Krebsdiagnosen in Deutschland gestellt. Fast immer dauern die Behandlungen und die Nachsorge viele Monate, Jahre oder das ganze Leben lang. Selbsthilfegruppen ergänzen medizinische Einrichtungen um Angebote zur Bewältigung der Krankheit und von deren Folgen. Sie bieten Informationen, Betreuung und Raum für Eigeninitiativen von Patienten und deren Angehörigen.

Nach der Akutbehandlung und Rehabilitation geben Selbsthilfegruppen dann den Raum, mit Menschen in Kontakt zu treten, die das gleiche Schicksal haben. Sie alle haben das Ziel, die Krankheit besser zu bewältigen und den Alltag besser zu meistern. Der Austausch von Betroffenen untereinander eröffnet zusätzlich neue Perspektiven und kann dem Leben einen neuen Sinn verleihen. Dazu braucht es Mut und Stärke. Dabei gilt der Grundsatz, dass für Familie und Angehörige die Arbeit der Gruppe oft genauso wichtig ist wie für die Patienten selbst.

Der Anfang

„Zu Beginn meiner aktiven Tätigkeit für Hautkrebspatienten im Jahr 2004 gab es in Berlin die einzige Hautkrebsgruppe in Deutschland“, sagt Anne Wispler, stellvertretende Vorsitzende des Hautkrebs-Netzwerk Deutschland e.V., Berlin. „Dies lag zum einen an dem teilweise sehr hohen Alter der Patienten, die am weißen Hautkrebs litten, und zum anderen an den teils sehr schlechten Prognosen der Betroffenen mit schwarzem Hautkrebs.“ Hinzu kommt, dass der schwarze Hautkrebs gegenüber Brust-, Darm- oder Prostatakrebs – glücklicherweise – seltener auftritt.

Heute sind in mehreren deutschen Städten Hautkrebs-Selbsthilfegruppen aktiv. Dafür sind zwei Gründe entscheidend. „Ich stelle immer mehr fest, dass Menschen mit weißem Hautkrebs heute bis ins hohe Alter viel aktiver sind als früher“, erzählt Anne Wispler, die auch die Selbsthilfe Hautkrebs Berlin leitet. „Und zum Glück ist die Prognose der Patienten mit schwarzem Hautkrebs dramatisch besser geworden.“ Hinzu kommt: Die Krankenhäuser müssen die Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen nachweisen, um als Krebszentrum zertifiziert werden zu können. „Diese Zusammenarbeit lief am Anfang mancherorts etwas holprig“, erinnert sich die Expertin. „Inzwischen sind die Gruppen jedoch als wichtige Ergänzung der Therapie von vielen Beteiligten anerkannt. Sie werden heute zumindest durch Hinweise auf Gruppentermine und Vorträge von Experten unterstützt.“

Das Netzwerk

Im Jahr 2015 wurde das Hautkrebs-Netzwerk Deutschland e.V. mit dem Ziel gegründet, Selbsthilfe, Prävention, Früherkennung und bestmögliche Behandlung in Bezug auf den Hautkrebs weiter zu verbessern. „Was sich so sperrig anhört, ist im Ergebnis praktische Arbeit vor Ort“, betont Anne Wispler. „Wir stehen den Mitgliedern für organisatorische und inhaltliche Fragen zur Verfügung und helfen bei der Gründung von Selbsthilfegruppen.“ Im ländlichen Raum sind Hautkrebs-Selbsthilfegruppen eher selten. Daher weichen viele Patienten in Foren oder in die sozialen Netzwerke aus. „Auch das begrüßen wir ausdrücklich“, sagt die stv. Vorsitzende. „Wenn diese Gruppen gut moderiert werden und auf evidenzbasierte Medizin setzen, können sie einen wichtigen Beitrag leisten, die Krankheit besser zu bewältigen. Hinzu kommt, dass die digital-vernetzten Gruppenmitglieder hin und wieder eine ganz analoge, klassische Selbsthilfegruppe gründen. Die Mitglieder nehmen dann die längeren Anfahrten in Kauf oder treffen sich zwischendurch per­sönlich und halten Kontakt im Netz.“

Wachsende Bedeutung

Die Selbsthilfegruppen und ihre Mitglieder sind nicht nur in der direkten Arbeit mit den Patienten, deren Angehörigen und Freunden aktiv. In letzter Zeit arbeiten sie auch auf Länder-, Bundes- und sogar auf Europa-Ebene an der besseren Versorgung von Hautkrebspatienten mit.

„Mitglieder von Selbsthilfegruppen, die sich auf diesen Ebenen engagieren, bekommen einen sehr tiefen und fundierten Einblick in die Erkrankung, deren Behandlung und in das Gesundheitswesen“, erklärt Anne Wispler. „Ich spreche dann gerne von der zweiten Karriere. Wer sich engagiert, stellt rasch fest, dass er viel lernen und einiges für die Patienten bewegen kann. Er diskutiert und handelt auf Augenhöhe mit den Vertretern der Gesundheitspolitik und den Medizinern. Dabei ist extrem befriedigend, zu sehen, wie man durch die eigene Arbeit anderen und sich selbst ganz konkret hilft.“

Die Gründung

Wer eine Selbsthilfegruppe gründen will, wendet sich am besten an lokale Selbsthilfekontaktstellen, das örtliche Krankenhaus, an niedergelassene onkologische Praxen aus der Region oder an die Krankenkassen. Diese sind alle gehalten, die Gründung und den Betrieb von Selbsthilfegruppen zu fördern – und sie tun dies auch meist ohne großen bürokratischen Aufwand. Erste Anregungen, Hilfen, Tricks und Tipps zur Gründung geben ausgewählte Internetseiten.


Anne Wispler, stellvertretende Vorsitzende Hautkrebs-Netzwerk Deutschland e.V., Berlin © privat