Selbsthilfe Mit der Krankenkasse verhandeln: Wird die Therapie erstattet?

Autor: MPL-Redaktion

Bitte über Ablehnungen kein Gras wachsen lassen: Hier gibt es wichtige Fristen! © iStock/Rike_

Der medizinische Fortschritt bringt unablässig neue Möglichkeiten der Krebsbekämpfung hervor. Unermüdlich forschen die Experten und es entstehen so ständig neue Therapieansätze. Die Ärzte sind gut ausgestattet. Auch die Behandlungen der Nebenwirkungen, Begleiterkrankungen und Rehabilitationsmaßnahmen entwickeln sich immer weiter – zum Wohle der Patienten. Doch können diese überhaupt auf die vorhandene Vielfalt an Behandlungsmöglichkeiten zurückgreifen?

Hedy Kerek-Bodden, Mitglied im Bundesvorstand der Frauenselbsthilfe nach Krebs, weiß, dass das nicht immer möglich ist: „Wir erleben dauernd, dass Patienten mit den Krankenkassen über bestimmte Behandlungen kämpfen müssen – trotz der begründeten Empfehlung des behandelnden Arztes.“ So riet beispielsweise ein Arzt seiner Brustkrebspatientin zu einer Bisphosphonate-Therapie. Bisphosphonate sind Medikamente, die in den Knochenstoffwechsel eingreifen. Für Brustkrebspatientinnen sind sie wichtig, wenn eine Hormonentzugsbehandlung zu einer verminderten Knochenstabilität führt oder sich eine Osteoporose entwickelt hat. Darüber hinaus spielen Bisphosphonate für Frauen eine große Rolle, bei denen sich die Brustkrebserkrankung in die Knochen ausgebreitet hat. „Ihre Krankenkasse lehnte die Bezahlung der Behandlung ab“, erzählt Hedy Kerek-Bodden. „In solchen Fällen raten wir Patienten, das nicht einfach hinzunehmen, sondern mit der Krankenkasse zu verhandeln“. Wie diese Verhandlungen am besten geführt werden, lernt man in Selbsthilfegruppen. Mitglieder berichten von ihren Erfahrungen und geben Empfehlungen, welche Vorgehensweise im Dialog mit der Krankenkasse hilfreich sein kann.

Ein zentrales Thema nach der Krebsdiagnose ist die Wahl der richtigen Therapie. „Sind sich Patienten bezüglich Ihrer Therapie unsicher und suchen Beratung, verweisen wir in einem ersten Schritt stets auf den Krebsinformationsdienst oder an das Infonetz Krebs der Deutschen Krebshilfe. Auch raten wir dazu, sich die Zweitmeinung eines anderen Spezialisten einzuholen“, so Hedy Kerek-Bodden. „Es ist aber auch wichtig, dass die Patienten mit dem behandelnden Arzt ihre Präferenzen und Bedürfnisse besprechen, denn auch diese können Einfluss auf die Therapieplanung haben. Eine gute Vorbereitung auf Gespräche mit Arzt und Krankenkasse und ein Notizzettel helfen enorm.“

Patienten müssen informiert sein

Wird dann die Kostenübernahme einer vom Arzt vorgeschlagenen Therapie abgelehnt, ist es wichtig, dass Patienten gut informiert sind. Nur so können sie als Verhandlungspartner mit den Krankenkassen bestehen. Denn sie müssen schlüssige Argumente vorbringen. Auch die schriftliche Stellungnahme des Arztes – also ein Arztbrief – ist für Verhandlungen mit der Krankenkasse hilfreich. Letztendlich, so zeigt die Erfahrung, müssen Patienten sich immer auf längere Verhandlungen mit den Kassen einstellen. „Dabei sollten sie die Flinte nicht zu schnell ins Korn werfen. Man darf sich nicht abspeisen lassen, sondern muss zeigen, dass es einem ernst ist“, so der Rat von Hedy Kerek-Bodden. Mit dem seit 2013 geltenden Patientenrechtegesetz wird die Position der Patienten gestärkt. Entscheidet die Krankenkasse ohne hinreichende Begründung nicht innerhalb einer Drei-Wochenfrist über eine beantragte Leistung – bzw. bei Einschaltung des Medizinischen Dienstes innerhalb einer Fünf-Wochenfrist – gilt die Leistung als genehmigt. Beschaffen sich Patienten nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§13 (3a) SGB V).

Ruhig mal hartnäckig sein

Selbsthilfegruppen sind auch hierbei meist gute Ratgeber. Denn nicht selten findet sich irgendein Mitglied, das ähnliche Sachverhalte schon einmal durchgefochten hat. „Solche Ratschläge sind dann natürlich viel wert“, weiß Hedy Kerek-Boden und ergänzt: „Viele Betroffene denken, sie würden bei ihren Kassen als lästige Bittsteller auftreten. Eine solche Denkweise ist fehl am Platze. Viele Kassen erfüllen ja die Bitten ihrer Mitglieder. Es ist schließlich nicht so, dass alles stets abgelehnt wird. Man muss seine Wünsche äußern und Anträge stellen.“ Und Patienten sollten wissen, was ihnen zusteht, welche Ansprüche sie haben. Auch hierbei hilft eine Beratung beispielsweise durch den Krebsinformationsdienst.

Ohne Antrag keine Reha

Sind die anstrengenden Behandlungen vorbei, gilt es wieder Kraft zu tanken. Auch dabei können die Krankenkassen unterstützen. „Auf eine Reha-Maßnahme, wie eine Anschlussheilbehandlung, hat jeder Anspruch. Es muss lediglich ein entsprechender Antrag eingereicht werden und innerhalb von zwei Wochen nach der Akutbehandlung muss die Anschlussheilbehandlung angetreten werden. In begründeten Fällen verlängert sich die Frist auf vier Wochen“, erklärt Hedy Kerek-Bodden.

Seit Inkrafttreten der Gesundheitsreform 2007 ist die Rehabilitation zu einer Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen geworden. Den Antrag auf eine Reha-Maßnahme müssen Patienten allerdings selbst stellen. Hierbei sollten sie unbedingt achtsam sein. „Das fristgerechte Abschicken des Antrages heißt nicht, dass er automatisch genehmigt ist. Neigt sich die Frist dem Ende zu, und man hat noch keinen Bescheid, sollte der Antragsteller unbedingt nachhaken“, sagt Hedy Kerek-Bodden. „Im Eifer des Gefechtes ist schon so mancher Antrag zu spät bearbeitet worden – und die Frist verstrichen.“


Hedy Kerek-Bodden; Mitglied im Bundesvorstand der Frauenselbsthilfe nach Krebs © privat