Nebenwirkungen Bei Chemotherapie auf die Mundhygiene achten

Autor: Perspektive LEBEN

Gerade bei der Chemotherapie werden die Schleimhäute des Körpers besonders belastet, weswegen Mundhygiene noch wichtiger ist. © iStock/PeopleImages

Sie zählt bei vielen Krebserkrankungen noch zum Standardrepertoire – die Chemotherapie. Die Medikamente, sogenannte Zytostatika, wirken auf sich schnell teilende Tumorzellen und hindern diese am Wachstum. Der Nachteil: Auch gesunde Zellen mit guter Teilungsfähigkeit werden angegriffen. Hierzu gehören unter anderem die Schleimhautzellen in Mund und Rachen.

Der Onkologe Dr. Heiko Golpon, Leiter des Lungenkrebszentrums an der Medizinischen Hochschule Hannover, weiß, was Patienten beachten müssen.

Führt eine Chemotherapie grundsätzlich zu einer Entzündung in Mund und Rachen?

Dr. Heiko Golpon: Nein, nicht jeder Chemotherapie-Patient ist automatisch von solchen Nebenwirkungen beziehungsweise Entzündungen betroffen, die übrigens fachsprachlich als orale Mukositis bezeichnet werden. Das hängt meist von der Art der verwendeten Medikamente und ihrer Dosis ab.

Welche Folgen können solche Entzündungen mit sich bringen?

Dr. Golpon: Entzündungen in Mund und Rachen können schmerzhaft sein und Schluckbeschwerden verursachen. Einigen Patienten vergeht dann die Lust am Essen. Sie verlieren an Gewicht und sind schlimmstenfalls mangelernährt. Das führt zu Energie- und Kraftlosigkeit – und gerade das können Patienten während einer Chemotherapie nicht gebrauchen, da diese in der Regel recht kräftezehrend ist.

Können Patienten bestimmte vorbeugende Maßnahmen ergreifen?

Dr. Golpon: Ja, sie sollten vor Beginn der Therapie einen Zahnarzt aufsuchen. Dieser erkennt bereits vorhandene Zahn- oder Zahnfleischschädigungen und kann sie entsprechend behandeln. Das ist wichtig, denn sie könnten sich später zu einer Infektionsquelle entwickeln. Auch während der Behandlung sollten Zähne und Mundhöhle regelmäßig vom Zahnarzt kontrolliert werden. Zudem sollte im Vorfeld auf eine besonders konsequente Mundhygiene geachtet werden.

Hilft konsequente Vorbeugung denn gegen jede Entzündung?

Dr. Golpon: Eine Garantie gibt es leider nicht. Während der Therapie lassen sich Entzündungen in Mund und Rachen oft nicht vermeiden – trotz richtiger Hygiene. Allerdings können bestimmte Maßnahmen Ausmaß und Folgeschäden deutlich mindern. So sollte besonders auf Alkohol und Rauchen verzichtet werden. Auch stark gewürzte, saure, sehr kalte oder sehr heiße Speisen und Getränke begünstigen Entzündungen. Zudem ist von trockenen und harten Lebensmitteln abzuraten. All das kann die Schleimhäute schädigen.

Wie sollte die Mundhygiene während der Chemotherapie aussehen?

Dr. Golpon: Zähneputzen ist die beste Grundlage für eine gesunde Mundhöhle. Während der Therapie sollten sehr weiche Zahnbürsten und milde Zahnpasten benutzt werden – auch Kinderzahncremes sind geeignet. Mundspülungen mit alkoholfreien Lösungen können unterstützende Pflege bieten. Zum Schutz der Schleimhäute können zudem Dexpanthenol-haltige Lutschtabletten helfen.

Wie machen sich erste Anzeichen einer Schleimhautentzündung bemerkbar?

Dr. Golpon: Schmerzen, Rötungen, Schwellungen oder Brennen im Mund können Anzeichen einer Mundschleimhautentzündung sein. Solche Symptome müssen dem behandelnden Arzt mitgeteilt werden. Er überprüft sie und versucht dann, eine solche Entzündung schnell zu heilen.

Wie lange halten die Schleimhautentzündungen an?

Dr. Golpon: Nach Beendigung der Chemotherapie klingen in den meisten Fällen alle Nebenwirkungen im Mundbereich schnell wieder ab. Trotzdem ist auch weiterhin eine konsequente Mundpflege empfehlenswert.

Können Betroffene die Heilung unterstützen?

Dr. Golpon: Kommt es trotz der Vorsorgemaßnahmen dennoch zu Entzündungen, müssen Sie behandelt werden. Ziel ist es vor allem, Infektionen zu verhindern. In der Regel wird der Arzt Spülungen und Gele mit lokal wirksamen Schmerzmitteln verschreiben. Die Anwendung erfolgt in der Regel mehrmals täglich.

Was kann der Patient selbst tun?

Dr. Golpon: Er sollte seine Zähne besonders sorgfältig und schonend pflegen. Da seine Schleimhäute bereits angegriffen sind, sollte er alles vermeiden, sie weiter zu reizen. Es empfiehlt sich, weiche, pürierte oder passierte Speisen zu essen und möglichst viel zu trinken. Auch sind säure- und zuckerhaltige Getränke und Speisen möglichst zu vermeiden.


Dr. Heiko Golpon, Onkologe, Leiter des Lungenkrebszentrums an der Medizinischen Hochschule Hannover © Privat