Worte finden Wege aus der Einsamkeit

Autor: Tina Krepela

Es ist schwer, über die Krankheit zu reden. © iStock/borchee

Menschen mit Krebs fühlen sich oft einsam und unverstanden – auch wenn sie von Familie und Freunden umgeben sind. Wie kann diese Einsamkeit durchbrochen werden? Das diskutierten Betroffene auf dem 5. German Cancer Survivors Day am 6. Juni 2019 in Berlin. Perspektive LEBEN gibt einer Patientin eine Stimme.

Franziska Krause ist heute 29 Jahre alt, Masterstudentin der Kulturwissenschaften und lebt in Berlin. Mit 23 erhält die junge Frau die Diagnose Hodgkin Lymphom – also eine bösartige Erkrankung des Lymphgewebes. Mit Chemotherapien kann die Erkrankung bekämpft und zurück­gedrängt werden. Die junge Frau schaut heute wieder zuversichtlich in die Zukunft und plant die nächsten beruflichen Schritte.

Wann haben Sie Einsamkeit im Zusammenhang mit Ihrer Krankheit gefühlt?

Franziska Krause: Zweimal ist mir Einsamkeit richtig bewusst geworden. Zum ersten Mal während und unmittelbar nach meiner Chemotherapie und zum zweiten Mal, als ich im Krankenhaus war. Mit Einsamkeit meine ich dabei nicht, dass meine Familie und Freunde sowie Ärzte und Pfleger mich alleine gelassen haben – ganz im Gegenteil, sie waren immer für mich da. Ich meine, dass ich lange nicht ausdrücken konnte, wie es mir geht. Im echten Wortsinn: Mir fehlten die Worte, für das, was mit mir geschah. Da verspürte ich mit einem Mal eine große Einsamkeit.

Als ich die Worte dann gefunden hatte und ausdrücken konnte, wie ich mich fühle und was mich umtreibt, fehlten mir die Menschen, die mich verstehen können – Gleichaltrige, die meine Worte begreifen konnten. Im Krankenhaus zum Beispiel war ich mit meinen 21 Jahren mit großem Abstand die jüngste Patientin.

Ich konnte mich mit niemandem über meine Probleme unterhalten: Meine Probleme waren ganz andere als die der Mitpatienten. Exemplarisch dafür ist die Frage nach dem Kinderwunsch. Für mich war das sehr wichtig und eine drängende Frage. Für die Anderen, meist viel Älteren spielte dieses Thema keine Rolle. Auch in diesen Momenten war ich sehr einsam.

Wie konnten Sie die Einsamkeit überwinden?

Franziska Krause: Am Anfang hatte ich viel mit mir selbst und den bürokratischen Dingen mit Ämtern, Kassen und so weiter zu tun. Dabei fiel mir auf, dass ich als junger Patient ungewöhnlich bin und die Organisationen nicht gut auf mich vorbereitet sind. Schon zu diesem Zeitpunkt habe ich mir fest vorgenommen, dass ich im Anschluss an die Behandlung aktiv werden muss.

Ich muss helfen, dass Patienten erstens schnell Worte finden können, mit denen sie über sich, ihre Ängste und Bedürfnisse reden und diese auch ausdrücken können. Das Zweite war, dass ich Menschen treffen wollte, die ein ähnliches oder gleiches Schicksal haben. Ich war mir sicher, das hilft anderen und mir, die Einsamkeit dauerhaft zu über­winden.

Welchen Einfluss hat die Krankheit auf Ihr Leben?

Franziska Krause: Schon bald wurde mir klar: Die Krankheit wird mir immer bleiben, sie ist Teil meines Lebens. Sie hat mir beigebracht, dass ich alleine entscheiden kann, was wichtig oder unwichtig für mich ist. Sie ist für mich eine sehr wertvolle Erfahrung und eine Herausforderung, die ich mir nicht selbst ausgesucht habe, die aber angenommen und überwältigt werden konnte.

Mein Krebs hat ganz praktischen Einfluss auf mein Leben. Ich habe meinen Plan umgesetzt. Ich engagiere mich aktiv in der Deutschen Stiftung für Junge Erwachsene mit Krebs. Ich helfe dabei, dass Patienten Worte finden können.