Heilungschancen werden immer besser Hodenkrebs: Behandlung und Nachsorge im Überblick

Autor: Dietmar Kupisch

Die Diagnose trifft vor allem junge Männer – und ist erst einmal ein Schock. Zum Glück gibt es vielfältige Therapieoptionen. © iStock/filadendron, jaouad.K

In Deutschland erkranken jährlich rund 8000 Männer. Zum Zeitpunkt der Dia­gnose sind sie meist zwischen 20 und 30 Jahre alt. Die Chance auf eine Heilung ist meist gut, insbesondere wenn die Therapie in spezialisierten Zentren erfolgt. Informationen zu den verschiedenen Stadien und Behandlungsmöglichkeiten.

Die Prognose beim Hodenkrebs ist sehr gut. Selbst fortgeschrittene Erkrankungen mit bereits ausgedehnten Metastasen werden in der Regel erfolgreich behandelt. „So heilen wir heutzutage – über alle Stadien hinweg – deutlich über 85 Prozent der Patienten. Und die Heilungschancen werden immer besser, sofern die Leitlinien eingehalten werden und die Therapie der fortgeschrittenen Hodentumoren an spezialisierten Zentren erfolgt“, erklärt Professor Dr. Dr. h.c. Axel Heidenreich. Der Hodenkrebsexperte ist Direktor der Klinik für Urologie, Uro-Onkologie, spezielle urologische und Roboter-assistierte Chirurgie an der Uniklinik Köln.

Tumormarker bestimmen

Die Verdachtsdiagnose eines bösartigen Hodentumors erfolgt durch einen Tastbefund und eine Ultraschall­untersuchung. Anschließend entnimmt der behandelnde Arzt Blut, um die Tumormarker zu bestimmen. Als Tumormarker bezeichnet man Substanzen, die das Vorhandensein eines Tumors im Körper anzeigen. Ist er negativ, schneidet der Chirurg bei der Operation lediglich den Tumor aus dem Hoden heraus. „Wir nennen das eine Tumorenukleation mit Schnittstelldiagnostik. Denn bei einem fehlenden Tumormarker kann es sich durchaus um einen gutartigen Tumor handeln“, erklärt Prof. ­Heidenreich und führt aus: „Stellt die Gewebeuntersuchung das fest, erhalten wir den Hoden. Andernfalls entfernen wir diesen.“

Abwarten und beobachten

Ist der Tumormarker positiv, wird der betroffene Hoden in der Regel sofort entfernt. „In besonderen Fällen, wenn etwa nur noch ein Hoden existiert, versuchen wir das Organ auch zu erhalten. Das stellt jedoch eher die Ausnahme dar“, merkt Prof. Heidenreich an. Nach der Entnahme untersuchen Experten das Tumorgewebe, um festzustellen, ob es sich um einen Tumor aus Spermienstammzellen, also ein Seminom, oder um ein Nicht-Seminom handelt.

Die Hoden sind pflaumenförmig, wiegen 20 Gramm und haben ein Volumen von 20–25 ml. Die Länge beträgt 5 cm, die Breite etwa 3 cm. Sie entwickeln sich in der Pubertät.

Ebenso erfolgt eine bildgebende Umfelddiagnostik zum Ausschluss von Metastasen im Bereich des hinteren Bauchraums beziehungsweise der Lunge. „In diesen Bereichen würden sich als erstes Metastasen ansiedeln“, erläutert der Experte. Werden sie nicht fündig, handelt es sich um einen Hodentumor im Stadium I. „Bei einer solchen Diagnose erfolgt meist keine weitere Therapie. Wir warten ab und kontrollieren den Patienten in regelmäßigen Abständen. Das Wiederauftreten des Tumors passiert bei einem Seminom nämlich nur in ungefähr zehn Prozent und beim Nicht-Seminom in 50 Prozent der Fälle“, so Prof. ­Heidenreich.

Tritt dieser Fall ein – Experten sprechen von einem Rezidiv – wird eine Chemotherapie durchgeführt. Alternativ zur Strategie des Abwartens kann in Abhängigkeit des individuellen Risikoprofils auch sofort eine prophylaktische Chemotherapie veranlasst werden.

Metastasen bei Nicht-Seminomen

Bei Patienten im Stadium II liegen bereits Metastasen in nahegelegenen Lymphknoten vor, jedoch noch keine Fernmetastasen. Je nach Größe und Anzahl der befallenen Lymphknoten wird das Stadium II weiter unterteilt in IIA, IIB und IIC.

„Ist bei Patienten mit einem Nicht-Seminom im Stadium IIA der Tumormarker erhöht, werden sie mit drei bis vier Zyklen einer Chemotherapie behandelt. Für Patienten mit negativen Tumormarkern stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, die mit dem Patienten individuell diskutiert werden müssen: CT-Kontrolle nach sechs bis acht Wochen, primäre Chemotherapie oder die operative Entfernung der Lymphknoten ohne begleitende Chemotherapie. Patienten im Stadium IIB erhalten hingegen primär eine Chemotherapie.

Sechs Wochen nach Therapieende erfolgt eine bildgebende Kontrolluntersuchung. Finden die Experten dabei Tumorreste, werden diese operativ entfernt. Auch in den Stadien IIC und III ist die primäre Therapie die Chemotherapie, gefolgt von der operativen Residualtumorresektion. Dabei erhalten Patienten mit günstigeren Prognosen meist nur drei Zyklen, während der Rest vier Zyklen erhält.

Optionen bei Seminomen

Patienten mit einem Seminom im Stadium IIA erhalten eine Strahlentherapie, im Stadium IIB wird die systemische Chemotherapie mit drei Zyklen favorisiert. Dabei setzt der Strahlentherapeut von außerhalb des Körpers hochenergetische Röntgenstrahlen ein, um die Krebszellen abzutöten. Befinden sich Patienten im Stadium IIC und III erfolgt hingegen eine Chemotherapie, die je nach Prognose drei bis vier Zyklen andauert. Sechs Wochen nach Therapieende kontrollieren die Ärzte den Erfolg mittels einer Computertomographie des Bauchraums und der Lunge.

Behandlung in Krebszentren

Treten in den ersten zwei Jahren nach Therapieende keine Metastasen mehr auf, ist das Rezidivrisiko bereits erheblich reduziert. Da es jedoch Spätrezidive geben kann, erfolgt die Nachsorge noch für drei weitere Jahre. Die Behandlungserfolge gelten beim Hodenkrebs als außerordentlich gut. „Eine Voraussetzung dafür ist die Therapie in einem entsprechenden Krebszentrum. Das gewährleistet eine Behandlung nach den aktuellsten Leitlinien. Patienten erhalten so die optimale Versorgung“, betont Prof. Heidenreich.


Professor Dr. Dr. h.c. Axel Heidenreich, Direktor der Klinik für Urologie, Uro-Onkologie, spezielle urologische und Roboter-assistierte Chirurgie, Uniklinik Köln © Privat