Eierstockkrebs Diagnose des Ovarialkarzinoms – Der verborgene Tumor

Autor: Dietmar Kupisch

Krebszellen im Eierstock: Am Beginn der Krankheit zeigen die Patientinnen meist keine Symptome – was die frühe Diagnose deutlich erschwert. © iStock/Kinwun

Er gilt in seiner häufigsten Form als aggressive Krebsart und ist die häufigste tödliche Genitalkrebserkrankung bei Frauen; seine Häufigkeit nimmt mit steigendem Lebensalter zu. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 69 Jahren. Circa eine von 70 Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens an Eierstockkrebs. Neben der Therapie nimmt die Nachsorge eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung ein.

„In den häufigsten Fällen entdecken wir den Eierstockkrebs erst in einem fortgeschrittenen Stadium, da er lange Zeit zunächst keine oder nur unspezifische Symptome zeigt. Deutliche Beschwerden treten erst im Spätstadium auf“, stellt Professor Dr. Uwe Andreas Ulrich fest. Der Experte ist Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe und Leiter des Gynäkologischen Krebszentrums im Berliner Martin-Luther-Krankenhaus.

Gewebeuntersuchung zur klaren Diagnose

Liegt ein Verdacht auf Eierstockkrebs vor, führen Experten verschiedene Untersuchungen durch. Dazu gehören eine körperliche gynäkologische Untersuchung, ein Vaginal-Ultraschall, eine Computertomographie des Bauches und des Brustkorbes. „Eine ganz sichere Diagnose liefern uns die Ergebnisse allerdings noch nicht. Sie untermauern lediglich den Verdacht“, erklärt Prof. Ulrich.

„Erst durch eine Operation mit der histologischen Untersuchung des Gewebes erhalten wir Sicherheit.“ Findet der Operateur dann einen bösartigen Tumor, entfernt er diesen sowie mögliche Absiedlungen gleich mit. „Wir versuchen, das Tumorgewebe vollständig zu entfernen. Wir arbeiten dabei sehr gründlich und berücksichtigen den gesamten Bauchraum vom Becken bis zum Zwerchfell“, sagt Prof. Ulrich.

Bewährter Standard – Chemotherapie

Die Operation ist für den Behandlungserfolg des Eierstockkrebses von zentraler Bedeutung. Das Ziel lautet, das Tumorgewebe möglichst vollständig zu entfernen. In der Regel dauern diese gründlichen Eingriffe viele Stunden. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass Reste von Tumorgewebe, auch in mikroskopischer Menge, verbleiben.

Deshalb schließt sich der Operation – von wenigen Ausnahmen abgesehen – eine Chemotherapie an. Die Zytostatika sollen verbliebene Absiedlungen zerstören. Zur Behandlung der meisten Stadien und Formen des Eierstockkrebses greifen die gynäkologischen Onkologen auf eine Chemotherapie mit den Wirkstoffen Carboplatin und Paclitaxel zurück. „Das ist ein Standard, der sich bewährt hat“, betont Prof. Ulrich.

Bei fortgeschrittenen Stadien – und das ist leider meistens der Fall – kommt ein sogenannter Angiogenesehemmer hinzu. „Liegt eine BRCA-Mutation vor, bevorzugen die meisten gynäkologischen Onkologen inzwischen jedoch eine Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor“, so der Experte. Der Angiogenesehemmer ist ein Antikörper, der zielgerichtet das Wachstum des Tumors unterbricht. Der Tumor stirbt ab, erklärt Prof. Ulrich.

Behandlung durch Spezialisten

Für eine optimale Behandlung des Eierstockkrebses sollten betroffene Frauen geeignete Zentren auf­suchen. Hier finden sie erfahrene gynäkologische Onkologen und weitere Spezialisten, die dafür nötig sind. Dazu gehören vor allem Viszeral­chirurgen, Urologen, Intensivmediziner und nicht zuletzt mit gynäkologischen Tumoren erfahrene Pathologen.

Die Zentren findet man beispielsweise unter:
https://www.oncomap.de/centers

Keine unnötigen Computertomographien

Der Eierstockkrebs neigt dazu, wiederzukommen. Onkologen bezeichnen das als Rezidiv. Somit ist eine sorgfältige und engmaschige Nachsorge unerlässlich. „Anfangs empfehlen wir unseren Patientinnen einen Drei-Monats-Rhythmus“, sagt Prof. Ulrich und betont: „Wir schicken dabei unsere Patientinnen nicht alle drei Monate ins CT. Das wäre wenig zielführend und auch nicht leitlinienkonform. Der Fokus liegt auf gynäkologischen Untersuchungen und einem gemeinsamen Umgang mit den Sorgen und Ängsten der Betroffenen.“

Ein Hinweis auf ein Rezidiv kann zum Beispiel das erneute Auftreten von Flüssigkeit im Bauch sein. Bestätigt sich der Verdacht, kommt als erste Behandlungsmaßnahme in der Regel eine erneute Chemotherapie in Betracht, im Einzelfall aber auch eine zweite Operation. Die genaue Strategie bei der Behandlung eines Rezidivs hängt vor allem von der vergangenen Zeit zwischen dem Ende der Erst-Therapie und der Diagnose des Rezidivs ab.

Die Faustformel lautet: Je größer der zeitliche Abstand ist, desto eher kommt eine erneute Operation infrage. Vo­raussetzung dafür ist jedoch, dass damit Tumorfreiheit im Bauch erreicht werden kann. In der Regel folgt darauf erneut eine Chemotherapie. Je kürzer hingegen der zeitliche Abstand, desto eher wäre eine alleinige Chemotherapie die erste Wahl für die Behandlung.

PARP-Inhibitoren verbessern die Prognose

Da die Mehrheit der Fälle in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt wird, zeigt die Erfahrung, dass der Tumor relativ häufig schon nach kurzer Zeit zurückkehrt. „Eine neue Gruppe von Wirkstoffen, die PARP-Inhibitoren, verlängert die rezidivfreie Zeit deutlich. Das zeigen zahlreiche Studien“, lautet die gute Nachricht von Prof. Ulrich. „Patientinnen nehmen die Medikamente in Tablettenform ein.“

Das Risiko, dass die Krankheit in den ersten dreieinhalb Jahren nach der Standardtherapie zurückkehrt, wird durch die anschließende Behandlung mit PARP-Inhibitoren um rund 70 Prozent gesenkt. Im Gegensatz zur Primärbehandlung, bei der die PARP-Inhibitoren derzeit nur bei Patientinnen mit BRCA-Mutation eingesetzt werden, ist eine solche Mutation keine Voraussetzung für die Anwendung im Falle eines Rezidivs. Experten gehen davon aus, dass langfristig vielleicht auch mehr Heilungen erzielt werden könnten.


Prof. Dr. Uwe Andreas Ulrich, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe und Leiter des Gynäkologischen Krebszentrums im Berliner Martin-Luther-Krankenhaus © Privat