Leberkrebs Chirurgie als Mittel der Wahl

Autor: MPL-Redaktion

Welche Behandlung ist bei Leberkrebs die richtige? © iStock/magicmine

In Deutschland erkranken circa 8.600 Patienten jährlich an Leberkrebs. Männer sind etwas stärker betroffen als Frauen. Im Mittel erkranken Männer im Alter von 71 Jahren und Frauen mit 74 Jahren. Der Hauptrisikofaktor für seine Entstehung ist die Leberzirrhose. Leberkrebs gilt als relativ schwere Krebserkrankung – doch es gibt vielfältige Möglichkeiten der Therapie. Darüber sprach Perspektive ­Leben mit Professor Dr. Ernst Klar. Er ist Direktor der Abteilung für Allgemeine, Thorax-, Gefäß- und Transplantationschirurgie an der Universitätsmedizin Rostock.

Der Leberkrebs wird in der Regel durch eine Ultraschalluntersuchung erstmalig diagnostiziert. Zu sehen ist dabei eine Raumforderung beziehungsweise ein Gewächs in der Leber. „Zur Bestätigung dieser noch etwas unpräzisen Diagnose bedienen wir uns spezieller Tumormarker oder bildgebender Verfahren wie der Computer- oder Magnetresonanztomographie“, erläutert Prof. Klar. „Auch kann zusätzlich eine Gewebeentnahme durchgeführt werden. Diese sogenannte Biopsie ist jedoch nicht immer möglich.“

Heilung nur durch die Chirurgie

Krebstherapien verfolgen natürlich stets das Ziel, den Patienten zu heilen. „Die Methode der Heilung beim Leberkrebs ist die Chirurgie – und zwar in zwei Ausprägungen. Zum einen kommt eine Leberteilentfernung, auch als Resektion bezeichnet, infrage, zum anderen eine Lebertransplantation mit anschließendem Ersatz durch eine Transplantatleber“, erklärt Prof. Klar.

Die Ärzte prüfen hierbei zuallererst, ob sie eine Leberteilentfernung durchführen können. Dabei wird der Teil der Leber herausgeschnitten, der vom Tumor befallen ist. Die Leber regeneriert hinterher sehr schnell und wächst nach. Abhängig ist ein solcher Eingriff allerdings von der Größe und Lage des Tumors. Liegt der Tumor nämlich ungünstig oder ist er zu groß, kann keine Resektion erfolgen. „Auch ist die Schädigung der Leber durch eine oftmals vorliegende Grunderkrankung zu berücksichtigen. Denn Leberkrebs entsteht sehr häufig in einer erkrankten Leber, etwa bei Hepatitis oder Leberzirrhose“, sagt Prof. Klar.

„Ist nun die Leber in ihrer Funktion ohnehin schon eingeschränkt, kann es sein, dass eine Resektion nicht mehr zu verantworten ist.“ Die Faustformel hierbei lautet: Bei einer ansonsten gesunden Leber müssen mindestens 20 Prozent verbleiben. Bei einer vorerkrankten hingegen mindestens 40 bis 50 Prozent. Ist ein solcher Restverbleib der Leber nicht möglich, ist die Transplantation die verbleibende Heilungsmethode.

Leberkrebs

Häufig entsteht ein bösartiger Tumor in der Leber nach einer Vorerkrankung wie etwa einer Hepatitis oder auch einer Leberzirrhose. Obgleich eine schwere Erkrankung, gibt es beim Leberkrebs doch eine ganze Reihe von Behandlungsmöglichkeiten.

Leber-Transplantation – Abstoßung vermeiden

Eine Transplantation hat den großen Vorteil, dass der Lebertumor mit Sicherheit entfernt wird. „Schließlich entnehmen wir ja die erkrankte Leber vollständig“, stellt Prof. Klar fest. „Ersetzt wird sie durch die gesunde Leber eines Spenders. Damit ist der Patient auf jeden Fall geheilt – sowohl von der Vor- als auch von der Krebserkrankung selbst.“

Nach einer Transplantation muss jedoch eine sogenannte Immunsuppression durchgeführt werden. Das bedeutet: Das körpereigene Immunsystem beziehungsweise die Körperabwehr wird künstlich geschwächt. Andernfalls würde die neue Leber abgestoßen. „Die Körperabwehr ist allerdings ein zentraler Mechanismus bei der körpereigenen Krebskontrolle. Sie darf daher nur geschwächt werden, wenn man sicher sein kann, dass der entnommene Tumor keine Metastasen gebildet hat“, betont Prof. Klar und ergänzt: „Laut den sogenannten Mailand-Kriterien kann man das, wenn der entnommene Tumor nicht größer war als fünf Zentimeter. Nur dann profitieren Patienten von einer Transplantation.“

Denn bei größeren Tumoren ist die Wahrscheinlichkeit einer unentdeckten Metastasierung zu groß. Das Gleiche gilt für mehrere Tumoren: Sind in der entnommenen Leber mehr als drei kleinere Tumoren, mit maximal drei Zentimetern, sollte eine Transplantation ebenfalls unterbleiben.

Bei Transplantation: Wartezeit berücksichtigen

Eine Lebertransplantation muss zentral bei Eurotransplant in Leiden, Niederlande, angemeldet werden. Die Organzuteilung erfolgt nach bestimmten objektiven Entscheidungskriterien. Die durchschnittliche Wartezeit für einen Lebertumorpatienten beträgt zurzeit etwa ein Jahr. „Das heißt, trotz der Notwendigkeit für eine sofortige Transplantation müssen wir noch ein Jahr warten. Der Tumor würde in dieser Zeit weiterwachsen und gegebenenfalls so groß werden, dass er außerhalb der Mailand-Kriterien fiele“, erläutert Prof. Klar.

„Daher müssen wir überbrückende Maßnahmen einleiten.“ Damit der Tumor nicht weiter wächst, bringen die interventionellen Radiologen über die arteriellen Gefäße der Leber einen Katheter ein, der genau am Tumor platziert wird. Auf diesem Wege wird dann ein spezielles Chemotherapeutikum gespritzt, das die Blutversorgung des Tumors blockiert und zusätzlich seine Zellen zerstört. „So können wir den Tumor bis zur Transplantation mindestens konstant halten oder sogar verkleinern“, sagt Prof. Klar.

Alternativ kann eine Radiofrequenztherapie helfen

Eine weitere Therapie-Option stellen sogenannte lokal-ablative Verfahren wie die Radiofrequenzablation (RFA) dar. Diese eignet sich gut für Patienten, für die eine größere Operation aufgrund ihrer schlechten körperlichen Verfassung nicht infrage kommt. Hierbei wird mithilfe von Ultraschall von außen eine Sonde in den Tumor eingeführt. Über diese Sonde können Radiofrequenzwellen in den Tumor eingebracht werden, die mit großer Hitze zu einer Zerstörung der Tumorzellen führen. Bei kleineren Tumoren werden damit gute Ergebnisse erzielt. Die RFA kann intraoperativ auch mit einer Leberresektion kombiniert werden und ermöglicht dann Aussicht auf Heilung auch bei mehreren über die Leber verteilten Tumorherden.

Die Behandlung des Leberkrebses ist komplex. Sie beruht auf zahlreichen Entscheidungen und erfordert den Einsatz unterschiedlicher Experten – vor allem der Leber­chirurgen, Hepatologen und Radiologen. „Diese notwendige Expertise finden Patienten nur in großen Zentren“, lautet der Rat von Prof. Klar.

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Prof. Dr. Ernst Klar, Direktor der Abteilung für Allgemeine, Thorax-, Gefäß- und Transplantationschirurgie an der Universitätsmedizin Rostock © privat