Antikörper Zielgerichtete Therapie bei Brustkrebs – Mit Antikörpern gezielt blockieren und markieren

Autor: MPL-Redaktion

Die Rezeptoren werden durch Antikörper besetzt, so dass keine Wachstumssignale mehr durchdringen können. © ustas – stock.adobe.com

Bei ungefähr 15 Prozent der Frauen mit Brustkrebs können moderne, zielgerichtete Therapien eingesetzt werden. Einige Patientinnen können von der Wirkung der Therapie besonders profitieren.

1. Die Anzahl der Rezeptoren ermitteln

Auf einer Zelloberfläche befinden sich unzählige unterschiedliche Eiweiße. Diese Eiweiße können von Botenstoffen angeregt werden, Informationen an das Zellinnere und sogar in den Zellkern hi- nein weiterzugeben. Mediziner sprechen dabei von Rezeptoren.

Eine Rezeptorfamilie ist für Patientinnen mit Brustkrebs von besonderer Bedeutung: die sogenannten HER2-Rezeptoren. Diese geben Wachstums- und damit auch Teilungssignale an das Zell-innere weiter. Normalerweise befinden sind nur wenige dieser HER2-Rezeptoren auf den einzelnen Zellen in unserem Körper. Die Zellen wachsen und teilen sich in einem gesunden Maße. Bestimmte Brustkrebszellen tragen jedoch sehr viele HER2-Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Diese geben sehr viele Wachstumssignale an das Zellinnere weiter.

Die Folge davon ist, dass der Tumor schnell und oft unkontrolliert wächst. Je nachdem wie stark die Anzahl der HER2-Rezeptoren erhöht ist, werden die Patientinnen in vier Kategorien eingeteilt. Diese reichen von HER2 negativ, schwach positiv, mäßig positiv bis hin zu stark positiv.

2. Das Ziel: Den Rezeptor blockieren

„Wir wissen, dass Frauen mit einem sehr positiven HER2-Status meist unter einem besonders aggressiven Krebs leiden“, sagt Privatdozentin Dr. Isabell Witzel, Oberärztin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. „Aber auf der anderen Seite wissen wir auch, dass vielen der betroffenen Frauen oft gut geholfen werden kann.“

Das Verfahren dabei ist im Prinzip ganz einfach. Frauen mit einem hohen HER2-Status werden sogenannte HER2-Antikörper gegeben. Diese Antikörper sind Moleküle, die genau so aufgebaut sind, dass sie die Rezeptoren auf der Zelloberfläche besetzen können, ohne dass die unerwünschten Wachstumssignale abgegeben werden. Sind diese Rezeptoren besetzt, können die körpereigenen Botenstoffe nicht mehr andocken. So werden die Wachstumssignale der Krebszellen in dieser Signalkette wirksam unterbunden.

Tumorzellen sind für das Immunsystem meist völlig unsichtbar oder gut vor ihm geschützt. Die HER2-Antikörper machen die Krebszellen für das Immunsystem sichtbar. So kann es zusätzlich gegen sie kämpfen. „So einfach das Prinzip auch funktioniert“, sagt Dr. Witzel, „die Suche nach den richtigen Antikörpern ist extrem schwierig und aufwendig.“

Erst seit einigen Jahren stehen Antikörper zur Verfügung. „In der Kombination mit einer Chemotherapie wirken die Antikörper am besten“, betont Dr. Witzel. Gelingt es, den Krebs mit einer Chemotherapie und Antikörperbehandlung vor der Operation oder Bestrahlung vollständig zu beseitigen, sind die Prognosen für die Patienten besonders gut. Fachleute sprechen von einer sogenannten neoadjuvanten-Chemo-/Antikörpertherapie. Nach der Operation und Bestrahlung wird die Antikörperbehandlung meist für ein Jahr als Erhaltungstherapie eingesetzt.

Bisher geht man davon aus, dass Frauen mit einem negativen oder schwach positiven HER2-Status nicht besonders von einer Antikörperbehandlung profitieren – aber sie schadet auch nicht. Wobei die Nebenwirkungen immer berücksichtigt werden müssen.

3. Befunde prüfen lassen

„Inzwischen sind die Diagnoseverfahren zum HER2-Status sehr genau“, sagt Dr. Witzel. „Möglich wurde dies mit standardisierten Verfahren und den sogenannten Ringversuchen.“ Dabei tauschen die Brustkrebszentren untereinander die Befunde und Diagnosen zur gegenseitigen Unterstützung aus. So können sich die Brustkrebspatientinnen sicher sein, dass die Diagnose bei ihnen richtig gestellt und die Therapie gezielt optimiert wird.


Privatdozentin Dr. Isabell Witzel, Oberärztin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf © Privat