Seelenhilfe Wie finde ich den richtigen Psychoonkologen?

Autor: Perspektive LEBEN

Vertrauen zwischen Psychologen und Patienten ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. © iStock/STEEX

Psychoonkologen helfen Patienten und Angehörigen, die Krankheit besser zu bewältigen. Diese Hilfe wird fast flächendeckend in ganz Deutschland angeboten. Lesen Sie, warum es sich für Patienten und Angehörige lohnt, den richtigen Psychoonkologen zu finden.

Die Diagnose Krebs wird von Patienten und Angehörigen als kritisches Lebensereignis wahrgenommen. Dies geht für die Betroffenen meist mit enormen psychischen Belastungen einher. Etwa die Hälfte aller Krebspatienten verfügt über ausreichende Unterstützung von Freunden und Angehörigen. Das hilft ihnen, die Krankheit ohne zusätzliche professionelle Begleitung zu bewältigen. Bei etwa der Hälfte der Patienten ist eine psychoonkologische Begleitung nötig, weil die seelischen Belastungen zu groß werden. Ein Drittel der Patienten ist so schwer betroffen, dass die Diagnosekriterien für eine psychische Störung, wie zum Beispiel einer Depression oder Anpassungsstörung, erfüllt sind.

„Bei weiteren 20 Prozent der Patienten sind diese Kriterien zwar nicht erfüllt, jedoch erleben diese Patienten auch einen erheblichen Leidensdruck, der eine psychoonkologische Begleitung ebenfalls rechtfertigt“, sagt Dr. phil. Ute Berndt, Psychoonkologin an der Universitätsklinik für Gynäkologie, Halle (Saale). „Ziel der Beratung ist es, emotionale Entlastung zu leisten und somit die Lebensqualität der Patienten und ihren Angehörigen zu verbessern.“

Krebskranke begleitet die Angst

Ein gesundes Maß an Angst ist für jeden Menschen lebensnotwendig. Nur wer Angst hat und Gefahren erkennt, kann sie rechtzeitig einschätzen. Wer zu wenig Angst hat, überschreitet leicht Grenzen und setzt sich damit womöglich Gefahren aus. Wer allerdings unter zu viel Angst leidet, kann oft seinen Alltag nicht mehr bewältigen. „Krebspatienten leiden in der Regel nicht unter neurotischen Ängsten, sondern unter Real-Ängsten“, erläutert Dr. Ute Berndt. „Gedanken, die mit einer Krebs­diagnose einhergehen, beziehen sich auf die Heilbarkeit der Erkrankung, Therapiebelastungen, bleibende gesundheitliche Einschränkungen, Auswirkungen auf Familie und Beruf und vieles andere mehr“, betont Dr. Ute Berndt.

„Ein gesundes Maß an Angst kann sogar helfen, die Therapie besser zu überstehen, sich an die ärztliche Anordnung zu halten und auch den Lebensstil zu überdenken. Wird die Angst jedoch zum ständigen Begleiter und führt zu häufigem Grübeln, zu Schlaflosigkeit, zum Verlust der Freude am Leben, vielleicht sogar zur Vermeidung von wichtigen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, dann wirkt sie für den Patienten destruktiv.“

Behandlungsbedarf erkennen

„Der Zeitpunkt, wann eine psychoonkologische Begleitung erforderlich ist, ist nicht bei allen Patienten gleich“, sagt Dr. Ute Berndt. „Manche Patienten erleiden einen heftigen Diagnoseschock, andere wiederum erleben die stärkste Belastung erst während der Therapie. Patienten, die Ängste lange Zeit gut verdrängen konnten, können auch erst nach der Therapie Unterstützungsbedarf haben. Daher sind alle am Therapieprozess Beteiligten gefordert, auf Anzeichen zu achten.

Wo Patienten Hilfe finden

Patienten, die nicht in einem zertifizierten Zentrum mit einem psychoonkologischen Dienst behandelt werden, können Unterstützung auch im ambulanten Bereich finden. Adressen in der jeweiligen Region finden Sie beim Krebsinformationsdienst.

Zudem bieten die jeweiligen Krebsberatungsstellen der Deutschen Krebsgesellschaft in den einzelnen Bundesländern eine psychosoziale Beratung durch ausgebildete Psychoonkologen an, zum Beispiel in Sachsen-Anhalt und Bayern.

„Inzwischen werden in den Krebszentren alle Patienten in regelmäßigen Abständen mittels Fragebogen zu ihren psychischen Belastungen und einem psychoonkologischen Behandlungswunsch befragt. Diese ergänzen die Beobachtungen der Ärzte und Pflegenden“, sagt Dr. Ute Berndt. „Damit wollen wir sicherstellen, dass wir die Patienten erkennen, die stark belastet sind und sich Unterstützung wünschen.“

Den Umgang mit der Krankheit erlernen

Kern der psychoonkologischen Beratung ist es, den Umgang mit der Erkrankung, insbesondere mit der Angst, zu lernen. „Die Angst kann nicht ganz beseitigt werden“, betont Dr. Ute Berndt. „Ziel ist es, sie zu reduzieren und zu lernen, mit ihr umzugehen. Als hilfreich werden Gespräche, Informationsvermittlung, Methoden zur Angstreduktion wie Visualisierungs- und Ablenkungstechniken sowie Tiefenentspannungs- und Imaginationsübungen empfunden.

Auch das Gespräch darüber, welche neuen Erfahrungen und Erkenntnisse durch die Erkrankung gewonnen werden konnten, kann Patienten helfen, die Krankheit trotz aller Ängste und Belastungen als einen Teil ihres Lebens zu akzeptieren“, sagt Dr. Ute Berndt.

Die Unterstützung hilft

Studien belegen inzwischen, dass psychoonkologische Interventionen Patienten und Angehörigen helfen können, die Krankheit und ihre Folgen besser zu bewältigen. Nebenwirkungen der Therapie wie Übelkeit können z.B. durch Tiefenentspannung oder gelenkte Imagination gelindert werden.

„Inwieweit psychoonkologische Interventionen auch einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf und die Lebensverlängerung haben, wie etwa durch Reduktion depressiver Symptome, wird derzeit diskutiert und gilt als noch nicht ausreichend belegt“, sagt Dr. Ute Berndt. „Eine verbesserte Lebensqualität durch Verminderung von Angst und Depression, die unter Umständen auch die Therapietreue fördern kann sowie die Arbeit an einer Motivation für eine gesunde Lebensweise, sind für die Patienten ebenfalls bedeutsame Ergebnisse.“

Behandlungsbedarf und Behandlungsbedürfnis

Die Möglichkeit psychoonkologischer Unterstützung hängt zum einen davon ab, ob sie im Umfeld der Patienten überhaupt angeboten wird. Andererseits gibt es bei manchen Patienten auch „Berührungsängste“ im Hinblick auf eine psychoonkologische Begleitung.

Wichtig ist hierbei die Unterstützung durch das medizinische Team mit Ärzten, Schwestern oder Physiotherapeuten, die oft eine psychoonkologische Begleitung anbahnen. Patienten sollten den Kontakt, wenn sie belastet sind, suchen und schauen, ob für sie die Chemie mit dem Psychoonkologen stimmt. Wenn dies nicht gelingt, kann die Begleitung auch durch Kollegen erfolgen. Patienten können in jeder Phase ihrer Erkrankung von psychoonkologischer Begleitung profitieren.


Dr. phil. Ute Berndt, Psychoonkologin an der Universitätsklinik für Gynäkologie Halle (Saale) © Privat