Brustkrebs Wie die Krankheit mein Leben veränderte

Autor: MPL-Redaktion

Die Krankheit kann auch eine Chance für Neues sein. © iStock/CandyBoxImages

Marianne M. ist niedergelassene Ärztin. Ihre Praxis für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde befindet sich in einem Vorort von Köln. Vor sechs Jahren traf sie mit achtundvierzig die Diagnose Brustkrebs. Sie arbeitete damals als Oberärztin in einem Krankenhaus. Aber die Krankheit veränderte ihr Leben – zum Positiven.

Das werde ich nie vergessen. Als mich die Diagnose traf, wurde ich fast ohnmächtig! Von der Krankheit Krebs wusste ich viel zu wenig. Und gerade für eine Ärztin war ich nahezu unwissend. Daher reagierte ich anfangs völlig über – mangels solider Informationen rund um Krankheit und Therapie. Heute schäme ich mich etwas dafür. Und heute weiß ich, dass Krebs gut behandelbar ist.

Die Aufregung vernebelte meinen Verstand

Ich bemerkte den Knoten in meiner linken Brust morgens nach dem Duschen. Die Entdeckung hatte ich einem Hautausschlag zu verdanken. Ich musste Teile meiner Brust mit einer Salbe einreiben. Dabei spürte ich ihn und hatte auf der Stelle große Angst. Mit der nachfolgenden Internet-Recherche versuchte ich mich umgehend zu beruhigen. Das klappte natürlich nicht.

Solche Befunde werden nie mit harmlosen Diagnosen verbunden. Ich wurde immer aufgeregter. Ich rief bei meiner Station an und meldete mich krank. Danach fuhr ich zu meiner Frauenärztin.

Bereits drei Stunden später wurde ich in einer Kölner Fachklinik untersucht: Ultraschall und Mammographie. Das reichte bereits für eine erste Diagnose. Der behandelnde Arzt redete gar nicht um den heißen Brei herum. Er dachte wahrscheinlich, er könne das einer Kollegin zumuten.

Damit hatte er unrecht: Er bat mich herein und ging mit mir zu meinem hinterleuchteten Röntgenbild. Dort zeigte er auf die Geschwulst. Seine Worte lauteten: Bei diesem Schatten handelt es sich eindeutig um einen Tumor. Wir müssen nun feststellen, wie fortgeschritten er ist und um welche Art es sich handelt. Vor Aufregung wurde mir schummrig.

Der Kollege musste mich stützen. Nachdem er mich auf einen Stuhl verfrachtet hatte, kamen seine Erklärungen deutlich behutsamer rüber: Endgültige Klarheit lieferten nur die Biopsie und spezielle Untersuchungen. Dann würden wir weiterschauen und letztlich die Therapie festlegen. Ich solle mir nicht zu viele Sorgen machen. Leicht gesagt!

Fundierte Informationen beruhigen

Von der Entnahme des Tumorgewebes bis zur genauen Diagnose vergingen noch einige Tage. Zwischenzeitlich untersuchte man mich auch noch auf Metastasen in den Lymphknoten und im Rest des Körpers. Die Befunde waren negativ. Das baute mich etwas auf. Denn ich hatte die Zeit genutzt und mich über den Brustkrebs informiert.

Die Prognosen waren besser, als ich dachte. Das wurde mir auch von den Kollegen so bestätigt. Das erste Mal seit vielen Tagen wich meine Angst etwas. Die Besprechung der Therapiestrategie warf mich dann gleich wieder zurück. Mir konnte keine brusterhaltende Operation garantiert werden. Nach dem Eingriff sollte eine Chemo- und Strahlentherapie folgen. Das volle Programm also. War ich so ein ernster Fall?

Der Tag der Operation näherte sich. Würde mir eine Brust fehlen? Wie würde sich das anfühlen? Angst hatte ich davor nicht. Mich irritierte die Ungewissheit.

Meine Familie half mir

Apropos Angst: In der ersten Zeit – von der Diagnose bis zur Op. – sprach ich sehr viel mit meiner Familie. Mein erster Anruf erreichte natürlich meinen Mann. Zwei Tage später informierten wir gemeinsam unsere zwei Kinder. Sie waren zu diesem Zeitpunkt 18 und 21 Jahre alt. Eigentlich stark genug für solche Nachrichten.

Meine Angst in diesen Wochen war übrigens keine vor dem Tod, sondern vor den Reaktionen und wachsenden Sorgen meiner Familie um mich. Das machte mich fertig. Ich wusste genau, was passieren würde, und so kam es auch. Meine Tochter weinte, weil sie glaubte, sie verlöre bald ihre Mutter. Mein Sohn machte ebenso wenig einen Hehl aus seinen Sorgen und mein Mann versuchte den Starken zu spielen.

Das alles war anfänglich sehr schlimm für mich. Andererseits halfen mir die vielen Gespräche zunehmend auch. Und nach einigen Wochen, besonders nach der Op., wurden sie für mich zu einem wichtigen Helfer für alle Hürden, die noch zu bewältigen waren. Die Op. verlief recht gut. Die Brust konnte zwar nicht erhalten werden, aber darauf hatte ich mich mental bereits eingestellt. Letztlich war es ja nur ein lösbares kosmetisches Problem. Und es gibt heutzutage ja viele Frauen, die sich sogar freiwillig einer Brust-Op. unterziehen.

Die Prognose des behandelnden Arztes war hingegen sehr motivierend. Er sagte mir, ich schaffe das. Er sähe nach Chemo und Bestrahlung zuversichtlich in meine Zukunft. Diese Nachricht baute meine ganze Familie total auf. Ich merkte sofort, dass bei allen die großen Sorgen wichen.

Die Krankheit verändert mein Leben

Zur Chemo wurde ich dann stets von meiner Familie begleitet. Wir wuchsen in dieser Zeit so stark zusammen. Und ich fasste damals einen Einschluss, der mein Leben entscheidend ändern sollte: Ich wollte nach Therapie und Reha meinen Job im Krankenhaus kündigen und mich als Ärztin selbstständig machen.

Ich hatte diesen Traum schon immer, mich jedoch nie getraut, ihn umzusetzen. Ich wollte zukünftig unbedingt mehr von meiner Familie haben – und keine Nacht- oder Wochenenddienste absolvieren. Das war mein Plan. Ich sagte niemanden etwas davon. Chemo und Bestrahlung waren anstrengend. Dank der Unterstützung meiner Familie überstand ich alles gut. Vor allem glaubte ich an meine Heilung. Die Untersuchungsergebnisse beflügelten mich. Alles war unauffällig. Ich konnte mit der Reha beginnen.

Fast gleichzeitig begann ich an der Umsetzung meines Planes zu arbeiten. Meinen Mann weihte ich ein. Er war begeistert und half mir dabei. Heute besitze ich eine gut gehende Gemeinschaftspraxis. Ganz bewusst habe ich mir einen Partner mit reingenommen. Ich arbeite an drei Tagen voll und an zweien halb. Die Wochenenden gehören Familie und Freunden.  Mein Leben ist ein viel besseres geworden. An die Krankheit denke ich nur noch selten, und wenn, dann meist an den guten, neuen Lebenswandel, den sie mir bescherte.