Bestrahlung Prostatakrebs: Brachytherapie, die Hilfe von innen

Autor: MPL-Redaktion

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten – jeder Patient sollte mit seinem Arzt in Ruhe abwägen. (Agenturfoto) © iStock/NADOFOTOS

In Nordamerika werden immer mehr Männer mit Prostatakrebs mit einer Strahlentherapie von innen heraus behandelt. Auch in Deutschland wird diese Methode angewendet, wobei beachtet werden muss, wann die sogenannte Brachytherapie zum Einsatz kommen kann und wo ihre Grenzen sind.

Der Prostatakrebs ist in Deutschland die häufigste Krebsart bei Männern. Über 60.000-mal wird diese Diagnose bei uns ausgesprochen. Prinzipiell stehen vier Behandlungsstrategien gegen den Prostatakrebs zur Verfügung: die aktive Überwachung, die Operation, die Bestrahlung von außen und die Bestrahlung von innen.

Welche Methode zum Einsatz kommt, hängt von vielen Faktoren ab. Ganz wesentliche Faktoren sind die Größe, die Lage und die Aggressivität des Tumors. Aber auch das Lebensalter und die Kon­stitution des Patienten bestimmen die Behandlung ganz wesentlich.

„Andere Verfahren, wie zum Beispiel Wärme- und Kälte- oder Ultraschallbehandlungen, sind bislang rein experimentelle Verfahren“, sagt Professor Dr. Jürgen E. Gschwend, Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München. „Von diesen, wenig erforschten und möglicherweise unwirksamen Verfahren ist daher dringend abzuraten.“ Die Gefahr, wertvolle Zeit im Kampf gegen den Krebs zu verlieren, ist viel zu groß und diese Methoden sind natürlich auch nicht frei von Nebenwirkungen.

Einteilung in drei Risikogruppen

Grob werden drei Risikogruppen beim Prostatakrebs unterschieden. In der ersten Risikogruppe werden Erkrankungen zusammengefasst, die ein in diesem Moment eher geringes Risiko tragen, sich zu einem gefährlichen Tumor zu entwickeln. Sie müssen oft nicht aktiv behandelt werden. Bei diesen Patienten reicht es oft aus, wenn sie zunächst aktiv überwacht werden. Das heißt, sie werden mithilfe von Tastbefund, Untersuchungen von Tumormarkern im Blut, dem sogenannten PSA-Wert, und wiederkehrenden Gewebeproben beobachtet und ständig geprüft, ob sie weiterhin ein niedriges Risiko haben.

In der zweiten Gruppe werden Tumoren zusammengefasst, die ein mittleres Risiko tragen und auf die Prostata begrenzt sind. „Bei diesen Tumoren können prinzipiell die Operation, die Bestrahlung von außen und innen eingesetzt werden“, betont Prof. Gschwend. „Welche Methode letztlich zum Einsatz kommt, hängt ganz wesentlich vom Alter und von der Konstitution der Patienten ab.“ Dabei gilt, dass bei jüngeren Patienten meist auf die Operation gesetzt wird.

„Die Gründe dafür sind ganz einfach“, sagt Prof. Gschwend. „Zum einen kann die Operation die Potenz und Kontinenz meist ebenso wie eine Strahlentherapie erhalten. Zum anderen bietet die Operation die Option, bei dem Auftreten eines Rezidivs eine spätere Strahlenbehandlung durchzuführen.“ Nach einer Operation kann nämlich eine Strahlentherapie sehr gut eingesetzt werden. Umgekehrt gilt das nicht unbedingt: Eine Operation der Prostata kann nach vorhergehender Bestrahlung oft nur mit großen Nebenwirkungen und möglichen Komplikationen durchgeführt werden. Die Potenz und Kontinenz können viel seltener gut erhalten bleiben und die Wundheilung ist oft stark verzögert.

In die dritte Risikogruppe werden Patienten eingestuft, deren Krebs sehr aggressiv und damit eher weiter fortgeschritten ist. Die Erkrankung wird in diesen Fällen meist mittels alleiniger Operation oder alternativ mit einer Kombination aus Strahlen- und Hormontherapie behandelt.

Schon seit Langem ist bekannt, dass das männliche Geschlechtshormon Testosteron die Prostatakrebszellen stimuliert und damit deren Wachstum fördert. Die Hormontherapie kann dafür sorgen, dass das Testosteron unwirksam wird und so die weitere Ausbreitung des Krebses verhindert wird. Diese Therapie kann über viele Jahre gut wirken. Nebenwirkungen können Müdigkeit, Hitzewallungen und Störungen der Sexualität sein.

Der richtige Weg

Welches Beobachtungs- oder Behandlungskonzept eingesetzt wird, wird immer eine individuelle Abwägung zwischen den erwünschten Wirkungen der Behandlung, den Nebenwirkungen und der persönlichen Einschätzung der Patienten bleiben.

„Wer sich unsicher ist, sollte unbedingt eine zweite Meinung einholen“, betont Prof. Gschwend. „Dabei kann die Einschätzung eines Urologen und eines Strahlenmediziners schnell Klarheit schaffen.“

Darüber hinaus rät Prof. Gschwend bei dem Verdacht auf Prostatakrebs, unbedingt ein qualifiziertes Zentrum aufzusuchen. In diesen Zentren ist sichergestellt, dass entsprechend den Leitlinien und dem Stand der Wissenschaft untersucht und behandelt wird.

Die Auswahl unterschiedlicher Verfahren

Wird die Entscheidung zugunsten einer Strahlentherapie getroffen, muss entschieden werden, ob die Bestrahlung von außen oder von innen durchgeführt wird. Bei der Bestrahlung von außen wird die Prostata und eventuell deren Umgebung so lange bestrahlt, bis die notwendige Strahlendosis erreicht ist.

Bei der Bestrahlung von innen, der Brachytherapie, können wiederum zwei Verfahren angewendet werden. Zum einen werden Strahlenquellen, sogenannte Seeds, in die Prostata dauerhaft implantiert. Zum anderen werden Strahlenquellen mithilfe sogenannter Hohlnadeln kurzzeitig in die Prostata eingebracht. Bei beiden Verfahren werden die Positionen der Strahlenquellen exakt anhand von Ultraschallbildern und mit der Unterstützung von Computern berechnet und geplant.

Die Anzahl und Position der Bestrahlungsareale hängen dabei von der Größe, der Form und der Lage des betroffenen Gewebes ab. Der eigentliche Eingriff für die Implantation oder kurzzeitige Bestrahlung wird unter Narkose und meist ambulant durchgeführt. Unter Umständen wird die Bestrahlung von innen mit einer Bestrahlung von außen kombiniert, um möglichst alle Tumorzellen in den Zelltod zu schicken.

„Der Vorteil der Bestrahlung von innen ist, dass die Strahlung ganz intensiv im Inneren der Prostata wirken kann“, betont Prof. Gschwend. „Das ist aber auch gleichzeitig ein Nachteil. Der Pro­statakrebs entwickelt sich meist im Randbereich der Prostata, den die Strahlenquellen von innen nicht so gut erreichen.“ Daher kommt diese Bestrahlung meist nur für Patienten infrage, deren Risikogruppe niedrig oder mittel ist und deren Tumorherde eher mittig in der Prostata angeordnet sind.


Prof. Dr. Jürgen E. Gschwend, Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München © Privat