Prostatakrebs Potenz und Kontinenz erhalten: Feinarbeit für´s Wohlbefinden

Autor: MPL-Redaktion

Bildgebende Verfahren helfen bei der Diagnose. Wichtig: die Bestimmung des PSA-Wertes. © iStock/akynesher, iStock/jarun

In Deutschland erkranken jährlich über 40.000 Männer an diesem Krebs. Das Therapieangebot ist umfangreich. Nach der Diagnose lauten die dringenden Fragen bei Betroffenen: Welche Behandlungen stehen mir zur Verfügung und wie ist es anschließend um meine Potenz und Kontinenz bestellt?

Vor der Therapie erfolgen zahlreiche Untersuchungen. Zu ihnen zählen die Messung des PSA-Wertes, das Abtasten der Prostata, die Ultraschalluntersuchung und Kernspintomographie sowie die Gewebeentnahme der Prostata. „Die Ergebnisse zeigen uns, in welchem Stadium sich der Prostatakrebs befindet. Erst dann können wir die individuelle Behandlungsstrategie festlegen“, sagt Professor Dr. Peter Hammerer.

Der international renommierte Experte ist Leiter der Urologischen Klinik des Städtischen Klinikums Braunschweig und Mitglied des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie (AUO) und der Europäischen Urologischen Krebsgesellschaft (ESOU).

Abwarten und beobachten

Grundsätzlich teilen die Ärzte den Pro­statakrebs nach den Risiken für das Fortschreiten der Krankheit ein. So unterscheiden sie nach geringem, mittlerem oder hohem Risiko. Ist der Tumor sehr klein, auf die Prostata begrenzt und weist er eine geringe Aggressivität auf, zählt er zu der Gruppe mit geringem Risiko.

„Ein solcher Patient hat eine sehr gute Prognose. Ist er zudem älter und beschwerdefrei, bietet sich als Therapie meist das Abwarten und Beobachten an“, erklärt Prof. Hammerer. „Wir überwachen den Patienten aktiv. Das heißt, wir kontrollieren regelmäßig seine PSA-Werte, führen Kontrollbiopsien durch und beobachten den Tumor mittels bildgebender Verfahren.“

Zeigt die Gewebeuntersuchung und die Bildgebung, dass der Tumor aggressiv und ausgedehnter ist, ist eine operative Entfernung der Prostata oder die Bestrahlung notwendig, um eine Heilung zu erreichen.

Schonende Operationsmethoden

Neben der Tumorbehandlung stehen für den Patienten auch die Lebensqualität und der Erhalt seiner Potenz und Kontinenz im Mittelpunkt. „Für Operation und Bestrahlung gilt die Faustformel: Je begrenzter der Tumor ist, desto eher können Potenz und Kontinenz erhalten werden“, so Prof. Hammerer.

Nervenstränge und Blutgefäße, die für die Gliedsteife verantwortlich sind, laufen direkt an der Prostata entlang. Das Gleiche gilt prinzipiell für die Blasenschließmuskulatur. Daher besteht die Gefahr, im Rahmen einer Operation beides zu verletzen. „Dank verfeinerter Techniken und mikrochir­urgischer Operationsmethoden ist es heute durchaus möglich, die Erektionsnerven und den Blasen-Schließmuskel zu schonen, um Kontinenz und Potenz zu erhalten“, lautet die gute Nachricht von Prof. Hammerer.

Von Erfahrungen profitieren

Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Erfahrung des Chirurgen. Denn umso öfter er die Operation durchgeführt hat, umso besser sind in der Regel seine Erfolge. „Zertifizierte Prostatakrebs-Zentren verfügen über diese Erfahrungen. Im Rahmen ihrer Zertifizierung müssen sie unter anderem eine Mindestanzahl an Operationen dieser Art nachweisen. Zudem tauschen die Zentren ihre Erfahrungen untereinander aus. So lernen wir voneinander. Davon profitieren die Patienten“, erläutert Prof. Hammerer.

Nicht selten stellen Patienten bei sich nach einer OP eine Impotenz fest. Sie ist jedoch meist nur vorübergehend, da angegriffene Nervenfasern sich erst wieder regenerieren müssen. Das heißt, im Laufe der Monate kommt die Potenz wieder zurück. Hier ist also etwas Geduld gefordert.

Bei der Strahlenbehandlung kann sich der gegenteilige Effekt einstellen. Da die Bestrahlung von außen erfolgt, wird auch das umliegende Gewebe erfasst. Inwieweit die Nervenfasern davon geschädigt wurden, zeigt sich erst später. Anfänglich ist also nur mit einer geringen Beeinträchtigung der Potenz zu rechnen.

Eine Inkontinenz nach einer Strahlenbehandlung ist hingegen eher selten. Als Nebenwirkungen sind hier die Darmreizung und Blasenreizung bekannt.

Spätere Stadien

In fortgeschrittenen Stadien rücken vor allem die medikamentöse Therapie neben der Prostatektomie mit der Entfernung der entsprechenden Lymphknoten und die externe Strahlentherapie in den Vordergrund.

Auch kombinieren die Experten zunehmend erfolgreich die Strahlentherapie mit einer Hormontherapie. Liegen bei dem Patienten Fernmetastasen vor, setzen die Urologen immer mehr auf eine kombinierte Chemo-Hormontherapie. Metastasen des Prostatakarzinoms können durch diese Kombinationstherapie gut bekämpft werden.

Die Entwicklung von neuen Verfahren geht immer weiter. So suchen Forscher nach einem körpereigenen Tumormarker für Prostatakrebs. Tumormarker weisen auf einen Tumor hin, weil sie entweder nur bei einer Krebserkrankung vorliegen oder weil sie bei Krebspatienten in auffällig anderer Menge gebildet werden als bei Gesunden. Solche Stoffe können Bestandteile der Krebszellen selbst sein, aber auch krebstypische Stoffwechselprodukte.

Mithilfe dieser Tumormarker lassen sich ein Tumor und seine Absiedlungen im Körper aufspüren und zielgenau mit Medikamenten bekämpfen. Im Rahmen von Studien werden neben der Immuntherapie neue Therapieansätze durch genetische Untersuchungen ermöglicht, um so eine zielgerichtete Behandlung anwenden zu können.

Rehabilitation: Aufgeben gilt nicht!

Nach einer erfolgreichen Behandlung von Pro­statakrebs zählen die Wiederherstellung und Erhaltung von Harnkontinenz und sexueller Potenz oft zu den wichtigsten Zielen der Rehabilitation. Nach ungefähr drei Wochen sind die Heilungsprozesse so weit abgeschlossen, dass mit der Rehabilitation begonnen werden kann. Je eher begonnen wird, umso früher stellen sich auch die Erfolge der Reha ein.

Im Verlauf der Reha-Maßnahmen wird die Frage der Potenz konkreter gestellt. Die Operationsmethoden sind stark verbessert. Die Nerven, die für Kontinenz, Erektionen und dergleichen zuständig sind, können heute in vielen Fällen erhalten werden. Damit bestehen gute Aussichten.

Behandlung in Zentren suchen

Betroffene suchen nach ihrer Diagnose stets nach der für sie besten Behandlung. „Die Komplexität des Prostatakrebses erfordert, dass Patienten sich von Spezialisten behandeln lassen sollten.

Gerade bei fortgeschrittenen Stadien bieten sich zertifizierte Kliniken an“, lautet die dringende Empfehlung von Prof. Hammerer. Die Vorteile solcher Zentren liegen auf der Hand: Spezialisten aller relevanten Fachrichtungen kooperieren hier eng miteinander. Das führt zu einer interdisziplinären Behandlung nach aktuellen nationalen und internationalen Behandlungsrichtlinien und neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Zudem stehen solchen Kliniken in der Regel moderne und leistungsfähige Untersuchungsgeräte zur Verfügung, die von erfahrenen Ärzten bedient werden. Für den Patienten führt das in Summe zu einer optimalen Versorgung.


Prof. Dr. Peter Hammerer ist Leiter der Urologischen Klinik des Städtischen Klinikums Braunschweig und Mitglied des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie (AUO) und der Europäischen Urologischen Krebsgesellschaft (ESOU) © privat
Entscheidend ist es, den Partner einzubeziehen. Gemeinsam lassen sich die richtigen Wege finden. © istock/AleksandarNakictscheidend