Schilddrüsenkrebs Operation, Bestrahlung und Tabletten – Behandlung von innen

Autor: Perspektive LEBEN

Die Schilddrüse: Der Schmetterling in unserem Hals erfüllt vielfältige Aufgaben für den Körper. © enotmutant – stock.adobe.com

Früher galt der Krebs als unheilbare Krankheit. Heutzutage haben viele Krebsarten ihren Schrecken weitgehend verloren – dank der medizinischen Forschung. Einen Beweis dafür liefern die Therapieerfolge beim Schilddrüsenkrebs.

Am Schilddrüsenkrebs erkranken in Deutschland jährlich etwa 5000 Menschen. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren. In einem ersten Therapieschritt werden Schilddrüse sowie Lymphknoten, die in der nahen Umgebung liegen, operativ entfernt. Das geschieht deshalb, weil sich mögliche Metastasen zuerst in diesen Lymphknoten ansiedeln würden und man so eine umfassende Information über die Tumorausdehnung erhält.

So funktioniert die Radiojodtherapie

Der nächste Behandlungsschritt ist in der Regel die sogenannte Radiojodtherapie. Sie wird von Nuklearmedizinern in speziellen Zentren durchgeführt und soll noch im Körper vorhandene Schilddrüsen- und Tumorzellen zerstören.

Die Schilddrüse

Sie hat die Form eines Schmetterlings und sitzt in unserem Hals: Die Schilddrüse ist ein Organ mit vielfältigen Aufgaben. Sie speichert Jod und bildet eine Reihe von Schilddrüsenhormonen. Diese jodhaltigen Schilddrüsenhormone spielen eine wichtige Rolle für den Energiestoffwechsel des Organismus und steuern unter anderem das Wachstum von Zellen. Das von der Schilddrüse gebildete Calcitonin hemmt den Knochenabbau, indem es Kalzium und Phosphat in die Knochensubstanz einfügt. Krankheiten der Schilddrüse können den Hormonhaushalt des ganzen Organismus ernsthaft stören.

„Schilddrüsengewebe und auch die meisten Schilddrüsenkrebszellen haben die Eigenschaft, radioaktives Jod zu speichern. Wir nutzen das in der modernen Therapie dazu, um dieses schädliche Gewebe gewissermaßen von innen heraus gezielt bestrahlen zu können“, erklärt Prof. Dr. Frank M. Bengel. Der Direktor der Klinik für Nuklearmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover betont: „Dieses Verfahren ist viel effektiver als die bei anderen Tumoren häufig angewandte externe Strahlentherapie“. Die Tumorzellen nehmen also radioaktives Jod auf und werden dadurch gezielt zerstört.

Mit radioaktiven Kapseln zum Erfolg

Nach der Entfernung der Schilddrüse kommt es bei Patienten zu einer Schilddrüsenunterfunktion. Das ist zunächst einmal für die Radiojodtherapie gewünscht. Denn das möglicherweise verbliebene Tumorgewebe wird so im Zeitverlauf immer empfänglicher für die Aufnahme von radioaktivem Jod. Der Patient muss daher im Regelfall circa vier Wochen warten, bis dieser Zustand erreicht ist. Dann erst wird er mit Radiojod behandelt.

„Das radioaktive Jod bekommen Patienten auf einer nuklearmedizinischen Therapiestation in Form von Kapseln verabreicht. Der Patient scheidet danach den größten Teil des radioaktiven Jods wieder aus. Das geschieht unter anderem über Urin oder Stuhl“, erläutert Prof. Bengel. Circa zwei bis drei Tage nach der Radiojodgabe ist das meiste ausgeschieden, sodass der Patient entlassen werden kann.

Die Nebenwirkungen – kaum mehr zu verspüren

Die gute Nachricht: Die Radiojodtherapie hat für den Patienten kaum Nebenwirkungen. Leichte Übelkeit oder ein Druckgefühl im Bereich von Hals und Speicheldrüsen können auftreten, verschwinden jedoch meist rasch.

Im nächsten Behandlungsschritt werden bei den behandelten Patienten noch Aufnahmen von der Verteilung des Radiojods im Körper des Patienten gemacht. Hierzu werden spezielle Kameras, die Radioaktivität nachweisen können, eingesetzt. Ziel ist es, einen Eindruck über den Jod-speichernden Schilddrüsenrest zu erhalten und festzustellen, ob Metastasen zu erkennen sind, die ebenfalls Radiojod speichern. „Sollte das der Fall sein, wird die Radiojodtherapie nach einem Abstand von drei bis sechs Monaten wiederholt – solange, bis kein jodspeicherndes Gewebe mehr im Körper vorhanden ist“, so Prof. Bengel.

Hormone ergänzen die Behandlung

Am Ende des stationären Aufenthaltes erhalten die Patienten dann auch Schildrüsenhormone in Tablettenform, um die Schilddrüsenunterfunktion zu beheben. „Die Einstellung dieser Schilddrüsenhormontabletten ist sehr wichtig und stellt einen weiteren Behandlungsschritt dar. Anders als bei gutartigen Schilddrüsenerkrankungen wird die Dosierung nun bewusst recht hoch gewählt, um einen Wachstumsreiz für mögliche noch verbliebene Schilddrüsenzellen oder Tumorzellen zu vermeiden“, erklärt Prof. Bengel. Die Einstellung und Kontrolle der Tablettendosierung sowie die weitere Planung der Nachsorge erfolgt zusammen mit dem nuklearmedizinischen Experten.

Behandlung mit beachtlichen Erfolgen

Die Erfolge dieser Therapie sind beachtlich. Sie ist so effektiv, dass in der Regel der Patient hierdurch geheilt wird und er eine normale Lebenserwartung hat.

Voraussetzung ist allerdings, dass der Patient auch seine Nachsorge konsequent durchführt. Es werden ambulante Kontrollen mit Ultraschall, Kontrollen der Schilddrüsenhormontabletteneinstellung und die Messung eines speziellen Tumormarkers, des Thyreoglobulins, durchgeführt.

Auch werden in bestimmten Zeitabständen erneut stationäre Aufnahmen für Untersuchungen mit kleinen Spürdosen von radioaktivem Jod durchgeführt. „So können mögliche Rezidive oder Metastasen erkannt und gegebenenfalls auch gleich erneut mit Radiojod behandelt werden“, berichtet Prof. Bengel und fügt an: „Diese Nachsorge wird zu Beginn engmaschig durchgeführt und geht bei unauffälligem Verlauf auf immer weitere Abstände über.“


Prof. Dr. Frank M. Bengel, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover © Privat