Leberkrebs Neue aussichtsreiche Verfahren – Optimale Behandlung in onkologischen Zentren 

Autor: Dietmar Kupisch

Schematische Darstellung einer Leber mit einem Tumor an der Seite (rot). © Kateryna_Kon – stock.adobe.com

Er gilt als relativ schwere Krebserkrankung. Mithilfe der Sonographie, Computertomographie oder Magnetresonanztomographie diagnostizieren Ärzte einen Leberkrebs. Anschließend stehen unterschiedliche Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.

Die Behandlung des Leberkrebses ist vielschichtig. Zahlreiche Entscheidungen von Experten unterschiedlicher Fachrichtungen müssen gebündelt werden. So stehen vor allem Leberchirurgen, Onkologen, Hepatologen und Radiologen im ständigen Austausch, um für den Patienten den richtigen Behandlungsplan zu finden. „Dieses interdisziplinäre Zusammenspiel ist für einen optimalen Behandlungserfolg unumgänglich. Nur in großen onkologischen Zentren ist so etwas möglich“, sagt der Leberkrebsexperte Professor Dr. Ernst Klar. Er ist emeritierter Professor für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie an der Chirurgischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Rostock.

Chirurgie kann heilen helfen

Wie bei vielen anderen Krebsarten auch hängt die Art der Behandlung ganz wesentlich vom Tumorstadium ab. Eine Methode zur Heilung des Leberkrebses in frühen Stadien ist die Chirurgie. „Uns stehen hierbei zwei grundsätzliche Möglichkeiten zur Verfügung: die Leberteilentfernung, auch als Resektion bezeichnet, und die Lebertransplantation mit kompletter Entfernung des Tumors und dem Ersatz der häufig zusätzlich erkrankten Leber“, erklärt Prof. Klar.

Der Chirurg prüft zuerst, ob er eine Leberteilentfernung durchführen kann. Abhängig ist ein solcher Eingriff von der Größe und Lage des Tumors. Liegt der Tumor ungünstig oder ist er zu groß, kann keine Resektion erfolgen. Ist dies nicht der Fall, entfernt der Chirurg den Teil der Leber, der vom Tumor befallen ist. Die Leber regeneriert sich anschließend schnell und wächst wieder nach.

Eine vorliegende Grunderkrankung kann ebenfalls eine Resektion verhindern, denn ein bestimmter Anteil der Leber muss beim Eingriff erhalten werden, damit sie nachwachsen kann. Bei einer gesunden Leber müssen mindestens 20 Prozent verbleiben. Bei einer erkrankten hingegen mindestens 40 bis 50 Prozent. Ist ein solcher Restverbleib der Leber nicht möglich, muss eine Transplantation in Betracht gezogen werden.

Die kranke Leber entfernen

Die zweite chirurgische Therapiemöglichkeit ist die Transplantation. Die erkrankte Leber wird zusammen mit dem Tumor komplett entfernt und durch eine gesunde Spenderleber ersetzt. Der Patient ist mit hoher Wahrscheinlichkeit geheilt. Nachfolgend führen die Ärzte eine sogenannte Immunsuppression durch: Das körpereigene Immunsystem wird künstlich geschwächt, damit es die neue Leber nicht abstoßen kann.

„Da das Immunsystem auch für die körpereigene Krebskontrolle zuständig ist, darf es nur geschwächt werden, wenn sichergestellt ist, dass der entnommene Tumor keine Metastasen gebildet hat“, betont Prof. Klar und führt aus: „Laut der sogenannten Mailand-Kriterien kann man nur transplantieren, wenn der Lebertumor nicht größer als fünf Zentimeter ist. Dann profitieren Patienten von einer Transplantation.“ Bei größeren Tumoren oder wenn mehr als drei Tumoren vorliegen, wäre die Wahrscheinlichkeit einer unentdeckten Metastasierung zu groß.

Aktuell besteht hohe wissenschaftliche Aktivität, diese Kriterien anzupassen und das molekularbiologische Tumorprofil in die Entscheidung einzubeziehen. Ist eine Transplantation möglich, darf sie nicht aufgeschoben werden. Der Tumor würde in dieser Zeit weiterwachsen und gegebenenfalls so groß werden, dass er außerhalb der Mailand-Kriterien fiele.

Die durchschnittliche Wartezeit auf eine Spenderleber beträgt jedoch etwa ein Jahr. „Wir überbrücken die Wartezeit mit einer Methode, die das Wachstum des Tumors begrenzt, der sogenannten transarteriellen Chemoembolisation, kurz TACE“, erklärt Prof. Klar. „Radiologen bringen über die arteriellen Gefäße der Leber einen Katheter ein, der genau am Tumor platziert wird. Auf diesem Wege spritzen sie eine dickflüssige Lösung, die die Blutversorgung des Tumors blockiert und gleichzeitig ein spezielles Chemotherapeutikum enthält.“

Alternative Verfahren

Weitere Therapie-Optionen sind sogenannte lokal-ablative Verfahren. Diese können bei einzelnen kleinen primären Leberzellkarzinomen alternativ zur Resektion unter Berücksichtigung des Patientenwunsches eingesetzt werden.

Dazu gehört die Radiofrequenzablation, kurz RFA. „Wir setzen die RFA auch intraoperativ ein, und zwar dann, wenn mehrere Tumoren über die Leber verteilt sind“, erläutert Prof. Klar und ergänzt: „Bei diesem Verfahren wird das Tumorgewebe durch lokale Hitzeeinwirkung zerstört. Die Hitze wird elektrisch an der Spitze einer Punktionsnadel erzeugt.“ Die Haupttumorlast wird durch Resektion beseitigt, kleinere zusätzliche Tumorherde können durch RFA unter Schonung des gesunden Lebergewebes zerstört werden.

Ein weiteres lokal-ablatives Verfahren zur Leberkrebsbehandlung stellt die Selektive Interne Radiotherapie, kurz SIRT, dar. Sie kommt als palliatives Verfahren für Patienten infrage, die sich in einem höheren Tumor-Stadium befinden und bei denen eine Leberresektion oder -transplantation nicht in Betracht gezogen werden kann. Gesunde Zellen werden geschont und das erkrankte Gewebe sowohl von der Durchblutung ausgeschlossen wie auch von innen heraus gezielt bestrahlt. Die Behandlung erfolgt über einen Leistenkatheter.

Bei SIRT bringen die Radiologen mit einem Katheter Millionen winziger radioaktiver Mikrokügelchen in die Leberarterie ein, die für die Blutversorgung des Tumors verantwortlich ist. Die Mikrokugeln wandern auf diese Weise direkt zum tumorösen Gewebe und zerstören es.

„Über einen palliativen Ansatz hinaus wird SIRT aktuell als neoadjuvante Therapie evaluiert. Studien haben bereits gezeigt, dass mit dieser relativ neuen Methode Tumoren in der Leber stark verkleinert werden können. Einige schrumpfen so weit, dass es möglich ist, diese später operativ zu entfernen“, berichtet der Experte.

Schnelles Leberwachstum nutzen

Eine Leber wächst schnell nach. Das macht sich das neue Operationsverfahren ALPPS zunutze. Die Abkürzung steht für Associating Liver Partition and Portal vein ligation for Staged hepatectomy. Dieses Verfahren hilft Patienten, für die es aufgrund ihres ausgedehnten Tumorbefalls – insbesondere des rechten Leberanteils – bisher keine Therapie mehr gab, auch bei Lebermetastasen. Die Operation erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt wird die Pfortader auf der tumortragenden Seite der Leber unterbunden und die Leber durchtrennt. Gleichzeitig werden mögliche zusätzliche kleinere Tumoren im linken Leberlappen entfernt.

Dadurch wächst der linke Leberlappen außergewöhnlich schnell und erreicht die Fähigkeit, alleine die Organfunktion zu übernehmen. In einer zweiten Operation, die meist schon nach etwa zwei Wochen erfolgen kann, wird dann der rechte Leberlappen mit der Haupttumorlast entfernt. Experten machen aber auch deutlich, dass dieses Verfahren erst nach Abwägung aller anderen chirurgischen Therapiemöglichkeiten durchgeführt werden sollte.


Prof. Dr. Ernst Klar, emeritierter Professor für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, Chirurgische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Rostock © Privat