Physiotherapie Mehr Lebensqualität durch Bewegung

Autor: Perspektive LEBEN

Physiotherapie hilft bei vielen Indikationen – und unterstützt aktiv die Krebsbehandlung. © iStock/KatarzynaBialasiewicz

„Bewegung ist Leben“ lautet das Motto des Bundesverbandes selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V. „Die Physiotherapie ist ein natürliches Heilverfahren. Dabei versuchen wir, alles wieder in Bewegung zu bringen – sowohl das Gewebe als auch den Menschen selber“, erläutert Ute Repschläger, Vorsitzende des Verbands. Sie berichtet, wie die Physiotherapie Krebspatienten helfen kann.

Am Anfang aller physiotherapeutischen Behandlungen steht eine umfangreiche Diagnostik. Es gibt nämlich kein festes Behandlungsschema. Als Basisinformation dient dem Physiotherapeuten hierfür immer die ärztliche Diagnose. Anschließend untersucht er den Patienten körperlich und befragt ihn eingehend. So entwickelt er die individuelle Therapiestrategie.

Der Alltag soll durch die Mobilisierung leichter werden

„Die Physiotherapie besteht aus drei Teilen“, erläutert Ute Repschläger: Das ist zum einen die Arbeit mit den Händen, auch Hands-on-Therapie genannt. Dazu zählen vor allem die sogenannte Manuelle Therapie und die Massagen.

Daneben gibt es die physikalischen Therapie-Maßnahmen, wie Wärme- oder Kälteanwendungen. Diese werden oft begleitend zu den manuellen Verfahren verwendet.

Nachfolgend bekommen Patienten dann die Überleitung zu den Hands-off-Therapien. Hierbei handelt es sich um eine aktive Therapie. Der Patient soll selbst tätig werden, sowohl bei der Kräftigung seiner Muskulatur als auch im täglichen Leben. „Unser Ziel nach allen Therapieschritten lautet stets, dass der Patient im Alltag wieder gut zurechtkommt“, so Ute Repschläger.

Die Möglichkeiten der Unterstützung bei der Therapie sind vielfältig

Begleitend zur konventionellen Medizin kann die Physiotherapie Patienten mit der Diagnose Krebs vielfältig helfen. Das fängt beispielsweise an bei der Narbenbehandlung. Lymphödeme werden mit der Lymphdrainage behandelt. Bewegungseinschränkungen, die aufgrund von Operationen entstanden sind, können behoben werden. So werden etwa Gelenkkapseln oder verklebtes Bindegewebe beweglich gemacht. Danach werden im nächsten Therapieschritt meist Kräftigung und Kondition trainiert. „Das alles dient letztlich auch der Verbesserung der Lebensqualität. Denn Schmerzen werden gelindert und das Körperempfinden gesteigert“, fasst Ute Repschläger zusammen.

Besonders wirkungsvoll bei Brust- und Lungenkrebs

Besonders empfehlenswert sind physiotherapeutische Maßnahmen bei Brustkrebs, Prostatakrebs und Lungenkrebs. Brustkrebspatientinnen sollten bereits direkt nach der Operation mit der Physiotherapie beginnen. Sie können so ihre Schulterbeweglichkeit verbessern beziehungsweise verhindern, dass ihr Schultergelenk verklebt. Das geschieht immer dann, wenn Gelenke länger nicht ausreichend bewegt werden – zum Beispiel aufgrund von Schmerzen. Daher werden aktive und passive Übungen mit dem Schultergelenk durchgeführt.

Krankengymnastik auch während der Chemotherapie

Falls Lymphödeme im Arm- oder Brustbereich auftreten sollten, können diese früh behandelt werden. Vorbeugend werden zudem manuelle Lymphdrainagen im Armbereich durchgeführt, damit die Lymphflüssigkeit gut abfließt und der Arm gar nicht erst dick wird.

„Auch während einer Chemotherapie empfehlen wir eine Physiotherapie. Mit Ausdauerübungen bekämpfen wir Ermüdungssyndrome und steigern das Wohlbefinden der Patientinnen. Das Training wird natürlich an den körperlichen Zustand der Patientin angepasst“, berichtet Ute Repschläger. Zudem werden akute Probleme wie Nackenverspannungen behandelt. „Und wir reden mit den Patienten. Denn Behandlungen dauern auch mal bis zu einer Stunde. Der Austausch über die Erkrankung ist oft auch für ihre Seele gut“, betont die Physiotherapeutin.

Beim Prostatakrebs gehen die Physiotherapeuten ähnlich vor. Hier stehen vor allen Dingen die Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur und die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund.

Hilfe für Patienten mit Lungenkrebs

Bei Lungenkrebspatienten sehen die Behandlungen etwas anders aus. Nach der Operation gibt es manchmal Atemprobleme. Patienten atmen nicht mehr mit den normalen Atemmuskeln, sondern mit der Atemhilfsmuskulatur. Typisch dabei ist das Hochziehen der Schultern. Das führt zu starken Nackenverspannungen und Schmerzen. Ute Repschläger erklärt: „Diese Schmerzen sollten behandelt werden. Auch lösen wir mit unserer therapeutischen Arbeit Sekret, sodass Patienten wieder leichter durchatmen können“.

Die Physiotherapeuten zeigen den Patienten Atemübungen, damit sie wieder leichter durchatmen können und es erst gar nicht zu Verspannungen kommt. Im nächsten Therapieschritt wird dann das Herz-Kreislauf-System gestärkt. Ziel ist, eine ausreichende körperliche Belastbarkeit herzustellen. „So durchbrechen wir einen Teufelskreis. Denn Patienten, die schlecht atmen können, bewegen sich wenig und verschlechtern so immer mehr ihr Herz-Kreislauf-System“, betont Ute Repschläger.

Nützliche Tipps für eine verbesserte Atmung

Viele Lungenkrebspatienten haben zudem verengte Atemwege. Um dennoch besser Luft zu bekommen, geben ihnen Physiotherapeuten Alltagstipps. Dazu zählt zum Beispiel die Lippenbremse: Der Patient atmet normal ein und durch einen fast geschlossenen Mund wieder aus. Die Luft wird beim Ausatmen etwas zurückgehalten, dadurch entsteht ein Atemwiderstand. Das löst Sekret und stärkt die Atemmuskulatur. Oder dem Patient werden Sitz- oder Dehnhaltungen gezeigt, die ein einfacheres Atmen ermöglichen.

Ute Repschläger: „Die Ursachen einer Krebserkrankung kann die Physiotherapie nicht bekämpfen. Aber sie kann den Patienten begleiten und helfen, dass er alles besser übersteht, stark bleibt und schneller wieder in seinen Alltag zurückkehren kann.“


Ute Repschläger, Vorsitzende des IKF e. V. © Stefan Kuhn