Bildgebende Verfahren Magnetresonanztomograph: Wie der Körper zum Radiosender wird

Autor: MPL-Redaktion

Eine MRT-Untersuchung stellt keinerlei Belastung für den Körper dar. © iStock/skynesher

Seit Jahrzehnten werden Magnetresonanztomographen, auch Kernspintomographen genannt, in der Medizin eingesetzt. Weil sie ohne Röntgenstrahlen auskommen und sehr genaue Bilder liefern, sind sie bei Ärzten und Patienten besonders beliebt.

Der Wortteil „Magnet“ besagt, dass ein Magnetfeld eingesetzt wird. „Resonanz“ steht für einen Widerhall. Von einer Magnetresonanz spricht man also dann, wenn ein Magnetfeld Atome oder Atomteile zum Widerhall in Form von elektromagnetischen Schwingungen anregt.

Bei der Magnetresonanztomographie, manchmal auch als Kernspintomographie bezeichnet und als MRT abgekürzt, werden diese Schwingungen von besonders feinen Empfängern gemessen. Der Wortteil „Tomo“, der aus dem Griechischen stammt, soll verdeutlichen, dass ein Querschnitt oder eine Schicht des Körpers untersucht wird. Der letzte Wortteil „Graph“ besagt, dass etwas aufgeschrieben oder aufgezeichnet wird.

Die MRT ist ein sogenanntes bildgebendes Verfahren. Das heißt, der Befund der Untersuchung wird in einem Bild oder mehreren Bildern dargestellt. Zu den klassischen bildgebenden Verfahren gehören der Ultraschall, das Röntgen und die MRT.

Der Vorteil: Keine Belastung durch Strahlen

Die Magnetresonanztomographie oder die Kernspintomographie arbeitet mit sehr starken Magnetfeldern, künstlich erzeugten Radiowellen und extrem feinen Antennen. Auf Röntgenstrahlen wird bei dieser Untersuchung völlig verzichtet. „Das heißt, eine MRT-Untersuchung belastet den Körper überhaupt nicht. Sie liefert aber sehr genaue und aufschlussreiche Abbildungen aus dem Inneren des Körpers“, sagt Dr. Klaus Aicher, Facharzt für Radiologie in Tübingen.

„Damit ist es dem Röntgen, der Ultraschalluntersuchung und der Computertomographie in sehr vielen Fällen weit überlegen.“ Allerdings gilt auch, dass derartig hochwertige Bilder aus dem Körperinneren nicht immer notwendig sind und damit die anderen bildgebenden Verfahren ihre Berechtigung nicht verlieren werden.

Außerdem wird von den Patienten auch etwas abverlangt. Der klopfende Lärm während einer Untersuchung und die meist etwas beengten Verhältnisse sowie die Dauer einer Untersuchung könnten belastend wirken.

Wie funktioniert die Untersuchung?

Alle Atomkerne, die eine ungerade Anzahl von Protonen oder Neutronen haben, drehen sich rasend schnell um ihre eigene Achse. Wissenschaftler bezeichnen diese Drehung der Atomkerne als den sogenannten „spin“ oder auch Eigendrehimpuls von Atomkernen. Diese Drehung erzeugt minimale Magnetfelder um die Atomkerne herum. Normalerweise sind diese Magnetfelder der einzelnen Atome völlig zufällig ausgerichtet. Wissenschaftler sprechen dabei von den sogenannten ungeordneten Spins. Sie haben schon in den 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts herausgefunden, dass diese Spins, sprich die Ausrichtung der Drehachse, mit einem starken Magneten in eine bestimmte Richtung angeglichen werden können.

Besonders gut und leicht gelingt dies bei Wasserstoffatomen. Das macht sich das MRT zunutze. Unser Körper besteht nämlich zu einem ganz überwiegenden Teil aus Wasser. Die Wasseratome bestehen wiederum aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom. Damit ist der Wasserstoff das häufigste Atom in unserem Körper.

Auch in unserem Körper ist die Ausrichtung der Drehachse der Wasserstoffkerne völlig ungerichtet. Wird jedoch um den Körper herum ein starkes Magnetfeld angelegt, ordnen sich die Spins alle in der gleichen Richtung an, und zwar längsseitig zur Körperachse.

Die Untersuchung

Umgangssprachlich wird beim MRT von der Röhre gesprochen. Je nach Umfang können die Untersuchungen bis zu einer halben Stunde andauern. Die lauten Klopfgeräusche sind völlig normal und werden mit einem Gehörschutz für den Patienten abgemildert.

Damit die Ausrichtung, Ablenkung und erneute Ausrichtung der Eigendrehimpulse der Wasserstoffimpulse gut gelingt, sind sehr starke, aber völlig ungefährliche Magnetfelder notwendig. Moderne MRT für den klinischen Einsatz bauen Magnetfelder bis 3 Tesla auf. Die entspricht ungefähr der 60.000-fachen Stärke des normalen Erdmagnetfeldes. Daher sind magnetische Gegenstände in der Nähe von MRT-Geräten tabu.

Der Impuls

„Allein diese Ausrichtung reicht noch nicht aus, Bilder aus dem Körperinneren zu erzeugen“, erläutert Dr. Aicher. „Es müssen noch drei weitere Schritte hinzukommen.“

Als Nächstes wird die Ausrichtung des Spins mithilfe von elektromagnetischen Wellen, sprich Radiowellen, um 90 Grad geneigt, ohne dass das Magnetfeld dabei abgeschaltet wird. Die Frequenz der Radiowellen ist genau der Frequenz der Wasserstoffatome angeglichen und auf eine dünne Scheibe des Körpers ausgerichtet, die gerade untersucht wird. Es wird nur die Drehachse der ausgewählten Atome abgelenkt – nicht die Position der Atome.

Durch Auswahl der geeigneten Empfangsfrequenz – wie bei einem Radiosender – fließen die Signale der gewünschten Region in die weiteren Messungen ein. „Auch diese neue Ausrichtung reicht noch nicht aus, um ein Bild zu erzeugen“, betont Dr. Aicher. „Im nächsten Schritt schalten wir die zusätzlichen Radiowellen wieder ab und die Spins werden durch das Magnetfeld wieder in die Längsrichtung gezwungen.“

Die Antennen

Das ist der entscheidende Moment für die Messungen. Denn bei der erneuten Ausrichtung der Spins durch das Magnetfeld werden kleine elektrische Spannungen induziert und damit ein kleines Radiosignal abgegeben. Der Körper wird also zum Mini-Radiosender.

Je nachdem wie viel und wo das Wasser in einer Körperregion vorhanden ist, werden unterschiedlich starke beziehungsweise zeitlich verzögerte Signale abgegeben. Diese Signale werden von Antennen im MRT aufgefangen. Diese Abfolge der Schritte wird fast unzählige Male während einer Untersuchung wiederholt.

Am Ende werden mithilfe sehr leistungsfähiger Computer und Programme die empfangenen Signale ausgewertet und zu Bildern zusammengestellt. Dadurch können verschiedene Gewebetypen erkannt und durch unterschiedliche Einstellungen der Radiofrequenzen bestimmte Gewebearten in den Vorder- oder Hintergrund gerückt werden.


Dr. Klaus Aicher, Facharzt für Radiologie in Tübingen © Privat