Essen und Trinken Krebs im Magen-Darm-Trakt: Wie Sie sich jetzt richtig ernähren

Autor: MPL-Redaktion

Achten Sie auf die Signale Ihres Körpers – und essen Sie vor allem das, worauf Sie Appetit entwickeln. © iStock/wernerimages

 Viele Patienten mit einem Tumor im Magen-Darm-Trakt haben schon zum Zeitpunkt der Diagnose an Gewicht verloren. Schuld ist die Tumorerkrankung. Nun gilt es, nicht noch mehr Gewicht zu verlieren. Doch vor allem nach Operationen fällt es vielen Patienten schwer, wieder richtig zu essen. Dies kann zur Unterversorgung führen. Wie man dem vorbeugen kann, weiß Ernährungsexperte Prof. Dr. Hartmut Bertz. Er ist Oberarzt an der Klinik für Onkologie am Universitätsklinikum Freiburg. Dort leitet er unter anderem die Sektion Ernährungsmedizin und Diätetik.

„Das wichtigste Ernährungsziel bei Tumoren des Magen-Darm-Traktes lautet Gewichtserhaltung beziehungsweise -steigerung. Das hat oberste Priorität“, so der Rat von Prof. Bertz. Die Ernährungsempfehlung bei einem Magenkarzinom hängt dabei entscheidend von der Art der Therapie ab. Ist der Tumor klein, sodass der Magen erhalten blieb, dürfen Patienten in der Regel schon relativ schnell nach der Operation wieder normal essen. „Hier empfiehlt sich dann eine eiweißreiche Nahrung, die möglichst fettarm ist. Das ist bekömmlich und baut verloren gegangene Muskelmasse schnell wieder auf“, sagt Prof. Bertz.

Was essen nach einer Magenoperation?

Musste aufgrund des Tumorstadiums der Magen ganz oder teilweise entfernt werden, verändert sich die Verdauung des Patienten. Patienten benötigen dann Hilfe von Fachleuten – wie Ernährungsberatern. Sie können die Situation eines Betroffenen einschätzen und individuelle Ernährungsregeln aufstellen. Diese sollten auch vorerst strikt eingehalten werden.

Betroffene merken nach einer gewissen Zeit selbst, wann sie solche Regeln lockern können. „Das heißt dann aber nicht, dass man wieder einfach drauf los essen sollte. Vielmehr gilt es, schon bestimmte Richtlinien zu beachten“, mahnt der Experte. „Die wichtigste lautet: Viele kleine Mahlzeiten essen. So droht kein weiterer Gewichtsverlust.“ Das heißt, statt der üblichen drei großen Mahlzeiten sind täglich fünf oder mehr kleine sinnvoller. Denn die ursprüngliche Speicherkapazität des Magens fehlt.

Bei kleinen Mahlzeiten wird der Darm damit nicht akut überlastet und die Nährstoffe werden besser verarbeitet. Aufgrund der fehlenden oder eingeschränkten Verdauungsleistung des Magens sollten Patienten auch bewusster Kauen und langsamer essen. Die Vorverdauung ist so effektiver, Magen und Darm werden entlastet. „Ganz wichtig ist die Gabe von Vitamin B12. Diese sollte alle drei Monate durchgeführt werden und nicht als Tablette, sondern parenteral, also durch direkte Infusion in den Blutkreislauf“, empfiehlt Prof. Bertz.

Die Art der Nahrung ist gleichermaßen wichtig. „Kalorienreiche Nahrungsmittel sind zu bevorzugen. Eiweiße stehen dabei nach wie vor im Mittelpunkt. Fette eher nicht“, betont der Experte. Zudem gibt es eine Vielzahl an Speisen, die vorsichtig verwendet werden sollten. Dazu gehören beispielsweise kohlensäurehaltige Getränke, zu viel Zucker, rohe oder blähende Lebensmittel wie etwa Hülsenfrüchte sowie auch Alkohol.

Ein Ernährungsbeispiel – Vorschläge zur Ernährung bei Magenkrebs:

  • Basis ist leichte Vollkost mit mehreren – zunächst bis zu zehn, später sechs bis acht – kleinen, über den Tag verteilten Mahlzeiten; langsam essen.
  • Individuelle Lebensmittelunverträglichkeiten beachten.
  • Zu den festen Speisen maximal 1/2 Tasse Flüssigkeit; 5 Min. vor und 30 Min. nach einer Mahlzeit keine größeren Mengen trinken.
  • Bei Frühdumping Verzehr eines Stückes Brot 15 Min. vor der Mahlzeit; natriumarm essen; Nahrungsaufnahme im Liegen, evtl. Anlegen einer Bauchbinde.
  • Bei Spätdumping schnell aufnehmbare Kohlenhydrate meiden, z.B. Lebensmittel und Getränke mit Zucker, Honig und Sirup, Maltodextrin. Als Ersatz Süßstoffe verwenden. Zusatz von Pektin, Guar zu den Mahlzeiten bzw. Einnahme von Acarbose.
  • Bei Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) milchzuckerfreie Milch- und Milchprodukte oder Sojaprodukte (mit Kalzium angereichert) verwenden.
  • Bei Fettunverträglichkeit Koch- und Streichfett durch ein spezielles Fett mit mittelkettigen Fettsäuren ersetzen.
  • Wenn verträglich, ballaststoffhaltige Lebensmittel vorziehen.

Weitere Informationen unter: www.kein-magen.de

Wie sich das Essen bei Darmkrebs verändert

Sowohl der Darmtumor selbst, als auch die Therapie verändert bei Betroffenen oft den Appetit. Darüber hinaus vertragen sie nicht mehr sämtliche Nahrungsmittel. „Nach einer Operation muss sich der Darm erst wieder erholen. Das führt dazu, dass sich bei vielen Patienten Unverträglichkeiten einstellen. Sie bekommen Verdauungsprobleme und essen weniger“, berichtet Prof. Bertz und mahnt: „Hier droht ebenfalls Untergewicht.“

Deshalb sollten Betroffene zu vielen kleinen Mahlzeiten greifen und ausprobieren, was ihnen bekommt. Grundsätzlich müssen Patienten während der Behandlung geduldig sein. Meist normalisiert sich nach der Operation alles wieder – vor allem kehrt der Appetit zurück. Solange sollten Betroffene ausprobieren und essen, auf was sie gerade Lust haben.

„Zu beachten ist, dass Lebensmittel, die anfangs Beschwerden verursachen, langsam wieder bekömmlich werden. Man sollte sie daher hin und wieder ausprobieren, in kleinen Mengen“, rät Prof. Bertz.

Chemo- oder Strahlentherapie – Achtung: Mangelernährung droht

Ob Magen- oder Darmkrebs, eine zusätzliche Chemo- oder Strahlentherapie kann immer zu Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit, Übelkeit oder Erbrechen führen. „Das Ziel eines Gewichtserhalts wird somit nicht leichter.

Zudem müssen Patienten aufpassen, dass sie nicht in eine Mangelernährung geraten. Das heißt, dass die Patienten zu wenige Mikronährstoffe aufnehmen – beispielsweise Spurenelemente oder Vitamine und speziell zu wenig Kalorien und Eiweiß“, stellt Prof. Bertz fest. Eine Mangelernährung führt zu einer verminderten Abwehr. Betroffene bekommen schneller Infekte und die Wundheilung dauert länger. Zudem gehen Experten davon aus, dass ein mangelernährter Patient die Therapie weniger gut verträgt. Muss dann die Dosis verringert werden, kann die Behandlung weniger gut wirken.

Deshalb sollten Patienten unbedingt Nebenwirkungen vermeiden, die direkt oder indirekt zu einer Gewichtsabnahme führen können. Prof. Bertz empfiehlt bei Problemen den Einsatz von Mitteln gegen Übelkeit: „Solche Medikamente reduzieren bis zu 90 Prozent der Übelkeit unter einer Chemo- und Strahlentherapie. Betroffene sollten, wenn sie es brauchen, diese Hilfe unbedingt bei ihren Ärzten einfordern.“


Prof. Dr. Hartmut Bertz, Oberarzt an der Klinik für Onkologie am Universitätsklinikum Freiburg © Privat