Hilfe für alle Beteiligten Kinder und Krebs: Die ganze Familie im Blick behalten

Autor: MPL-Redaktion

Auch in schwierigen Zeiten nicht allein: Wenn Kinder an Krebs erkranken, warten spezielle Hilfen für alle Beteiligten. © iStock/evgenyatamanenko

Krebserkrankungen von Kindern belasten die ganze Familie. Sie reißen die Patienten, Geschwister und Eltern aus dem Alltag heraus. Wie Eltern und Kinder in die Normalität zurückfinden können.

Wer an Krebs denkt, hat Operationen und Chemotherapien im Kopf. Manche denken auch an eine Rehabilitation, um nach der Behandlung in den Alltag besser zurückzukommen. Kaum einer denkt aber an das Umfeld und daran, was der Krebs bei den Angehörigen auslöst. Wenn ein Kind Krebs bekommt, wird das Leben der Mutter, des Vaters und der Geschwister durcheinandergeworfen. Nichts, so scheint es, bleibt, wie es war. Das kranke Kind braucht nun viel mehr Zeit, Geduld und Zuwendung. Darunter kann die Partnerschaft und das Verhältnis zu den Geschwistern leiden. Sie fühlen sich oft zurückgesetzt oder gar vernachlässigt. Die Krankheit fordert damit die ganze Familie heraus.

Ist die akute Behandlung des Krebs endlich geschafft, könnte die Normalität wieder Platz greifen. Das tut sie jedoch nicht immer und nicht immer reibungslos. Deshalb nimmt die familienorientierte Rehabilitation die gesamte Familie in den Blick. „Unter familienorientierter Rehabilitation wird eine medizinische Rehabilitation für ein schwerst chronisch krankes Kind verstanden. Dabei wird das kranke Kind von seinen Eltern bzw. Erziehungsberechtigten und Geschwistern begleitet“, sagt Axel Wunsch, Pressesprecher der Barmer Krankenkasse in Berlin. „Die Begleitung wird damit begründet, dass die Erkrankung des Kindes auch Auswirkungen auf die übrigen Familienangehörigen hat. Daher müssen sie in den Rehabilitationsprozess mit einbezogen werden.“

Ohne Ausnahme

Familienorientierte Rehabilitation hat immer die gesamte Familie im Blick. Das heißt, dass Familien dabei geholfen wird, die Normalität des Lebens nach der Akutbehandlung wieder zu erlernen und zu gestalten. Sie erhalten in der Rehabilitation Hilfen für eine alltagstaugliche Orientierung. Dies kann aber nur dann gelingen, wenn alle Familienmitglieder in den Prozess der Rehabilitation eingebunden sind.

Dabei sind drei Rehabilitationsbereiche bedeutsam. Zum einen muss natürlich die Krebserkrankung des Patienten angemessen berücksichtigt und behandelt werden. Zum anderen muss aber auch genau darauf geachtet werden, wie die Beziehungen innerhalb der Familie sind und was der Einzelne braucht, um möglichst rasch eine gute Orientierung zu bekommen.

Gut untersucht

Daher werden alle Familienmitglieder zu Beginn der Rehabilitation seelisch und körperlich genau untersucht. Darauf aufbauend werden individuelle Programme für die Familien zusammengestellt. Die Bandbreite der Interventionen ist sehr groß. Sie reicht über sportliche Aktivitäten und Gesprächskreise bis hin zu Einzelgesprächen mit Therapeuten und Ärzten. Manche wollen auch einfach gar nichts machen. Auch dieses ist möglich. Was eigentlich paradox klingt, hilft vielen wieder besser in den Alltag zu finden. Sie können in Ruhe nachdenken, wie sie ihre Zukunft besser gestalten.

Meistens werden die neuen Konzepte dann mit einem Therapeuten und später in der Familie besprochen. Dies können die Leitplanken für die neue Normalität sein. „Ein wesentliches Rehabilitationsziel der familienorientierten Rehabilitation ist, durch die Erkrankung des Kindes entstandene oder akut gewordene Symptome zu erkennen, eine Behandlung einzuleiten und eine weitere Chronifizierung zu verhindern,“ betont Axel Wunsch. „Durch diese Rehabilitationsform ist es zudem für viele Patienten und ihre Familien überhaupt erst möglich, mit den Spätfolgen der Akutbehandlung umgehen zu können.“

Zu beachten sind...

Damit die Schule nicht zu kurz kommt, werden Schulkinder von Lehrern individuell betreut. So können die Rehabilitationen auch während der Schulzeit durchgeführt werden. Wenn die Eltern selbst einen Rehabilitationsbedarf haben, haben sie Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Nehmen sie nur als Begleitperson an der Rehabilitation teil, müssen die Urlaubsregeln beachtet werden.

„Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung, ärztliche Betreuung, therapeutische Leistungen und medizinische Anwendungen werden dann von den Kassen übernommen. Daneben kommen auch ergänzende Leistungen wie Reisekosten und, unter bestimmten Voraussetzungen, eine Haushaltshilfe in Betracht“, sagt Axel Wunsch. „Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ist keine tägliche Zuzahlung für die Teilnehmer zu entrichten. Die Eltern haben die gesetzliche Zuzahlung in Höhe von zehn Euro kalendertäglich zu entrichten, sofern eigener Rehabilitationsbedarf besteht und eine stationäre Rehabilitation bewilligt wurde.“

Der Nutzen

Der Nutzen der therapeutischen Interventionen bei Kindern in der entwicklungsfördernden und vertrauensvollen Eltern-Kind-Beziehung ist unbestritten – vor allem im Rahmen von Langzeittherapien. Viele medizinische und therapeutische Behandlungen, werden auch in der Rehabilitation durch direkte Einbeziehung oder durch das Wissen um die Anwesenheit von Familienangehörigen entscheidend erleichtert oder im Einzelfall erst möglich.

„Im Hinblick auf die notwendige Weiterführung von pflegerischen, physiotherapeutischen, ergotherapeutischen oder verhaltenstherapeutischen Behandlungen im täglichen Umgang zu Hause ist die Schulung und das Training der Eltern als Co-Therapeuten sehr wichtig und fördert insgesamt die Heilung“, betont Axel Wunsch. „Daher sehen wir eine familienorientierte Rehabilitation als mögliche Alternative zu einer reinen Kinderrehabilitation.“


Axel Wunsch, Pressesprecher Barmer Krankenkasse Berlin © Privat