Behandlungsmethoden Jeder zweite Tumorpatient erhält eine Strahlentherapie

Autor: MPL-Redaktion

Die Bestrahlung kann helfen, den Krebs zu besiegen. © iStock/KatarzynaBialasiewicz

Dank der ständigen Verbesserungen in der Strahlentherapie können Krebspatienten oft länger und mit weniger Nebenwirkungen leben. Lesen Sie, auf was Wissenschaftler und Ärzte heute achten.

Die Strahlentherapie ist seit Langem fester Bestandteil bei ungefähr der Hälfte aller Tumorpatienten. Das Wirkprinzip der Strahlentherapie ist denkbar einfach, in der praktischen Anwendung aber sehr kompliziert und in allen Einzelheiten bis heute noch nicht restlos bekannt.

Vereinfacht ausgedrückt werden nämlich durch die elektromagnetischen Strahlen einzelne Elektronen aus den Atomen und Molekülen der bestrahlten Zellen herausgeschleudert. Fachleute sprechen bei diesen Strahlen von den sogenannten ionisierenden elektromagnetischen Strahlen. Zurück bleiben positiv geladene – ionisierte – Atome und Moleküle. Diese sind für die Zellen extrem giftig. Sie können die Erbinformationen so stark schädigen, dass sich die Zellen nicht mehr teilen können oder direkt absterben.

Die Dosis entscheidet

In der Praxis, und damit auf den Krebs bezogen, ist der Zusammenhang nicht so einfach, wie es scheint. Wir sind nämlich ständig geringer Röntgenstrahlung ausgesetzt. Diese kommt ganz natürlich aus der Erde, aus dem Weltraum und manchmal sogar aus der Luft. Über die Jahrmillionen haben sich unsere Zellen sozusagen daran gewöhnt, dass immer wieder Schäden am Erbgut durch Strahlung ausgelöst werden. Sie verfügen daher über einen Reparaturmechanismus, der diese Schäden meistens recht gut beseitigen kann. Wird jedoch eine bestimmte Stärke und Dauer der Strahlen – Fachleute sprechen dann von einer Dosis – überschritten, können die Schäden nicht mehr repariert werden. In der Folge kann sich die Zelle nicht mehr vermehren, stirbt ab oder verändert sich.

Gesundes Gewebe wird zunehmend geschont

Krebszellen sind gegenüber den Strahlen der Strahlentherapien meistens empfindlicher als gesunde Zellen. „Diesen wichtigen Umstand machen wir uns zunutze“, sagt Professor Dr. Daniel Zips, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Radioonkologie in Tübingen. „Heute sind die Bestrahlungsgeräte nämlich so präzise und flexibel, dass die Intensität und Art der Strahlung an den Tumor angepasst werden kann.“ Ziel dabei ist, die Dosis genauso stark zu verabreichen, dass die Krebszellen die Schäden nicht mehr reparieren können oder absterben – aber gleichzeitig auch so gering zu halten, dass die Folgen für das gesunde Gewebe gering bleiben.

Zusätzlich können die Strahlen mithilfe von Filtern und Blenden an die Größe und Dicke des Tumors angepasst werden. Auch die Einstrahlrichtung auf den Tumor kann variiert werden. Dabei wird die notwendige Strahlendosis für die Zerstörung des Tumors aus unterschiedlichen Richtungen und nacheinander abgegeben. „So wird das umliegende Gewebe zusätzlich geschont und der Tumor optimal bestrahlt“, sagt Prof. Zips. „Die Patienten profitieren von diesen Fortschritten enorm. Wir verringern die Nebenwirkungen und senken das Risiko eines Rückfalls der Tumorerkrankung. Kurzum: Wir können die Lebensqualität besser erhalten!“

Drei Verfahren – ein Gegner

Operationen, Medikamente und Strahlentherapie sind und bleiben auf Sicht die klassischen Methoden, Krebs zu bekämpfen. Je nachdem, um welchen Krebs es sich handelt, wie weit er fortgeschritten ist und in welcher Verfassung der Patient ist, wird die Behandlung geplant und durchgeführt. „In der Therapieplanung ist die sogenannte Tumorkonferenz ein ganz wichtiger Baustein“, betont Prof. Zips. „In diesen Konferenzen besprechen Chirurgen, internistische Onkologen, Strahlentherapeuten und andere Experten die optimale Behandlung der Patienten.“

Die großen Fortschritte in der Strahlentherapie zeigen, dass bei bestimmten Krebsarten Operationen durch eine Strahlentherapie unter Umständen ersetzt oder in ihrem Ausmaß verringert werden können. Beispiele dafür sind der Blasenkrebs, der Prostatakrebs, Krebs im Enddarm und einige Kopf-Hals-Tumoren. „Die Vorteile einer Strahlentherapie sind für die Patienten gravierend, da die Organe und Funktionen erhalten bleiben“, sagt Prof. Zips. Er gibt aber zu bedenken: „Wir haben drei Verfahren und einen Gegner. Daher muss der Mix aus den drei Verfahren neu entschieden werden.“

Strahlen, aber sicher!

Die radioonkologischen Zentren und Praxen unterliegen alle den sehr strengen Regeln der zuständigen Behörden. „Die Geräte werden ständig von einem ganzen Team von Physikern und Ingenieuren überwacht und gewartet“, sagt Dr. Oliver Dohm, Medizinische Physik an der Universitätsklinik für Radioonkologie in Tübingen.

„Sie führen auch die komplizierten Berechnungen für die optimale Bestrahlung unserer Patienten aus.“ Entsprechende Planungsprogramme unterstützen die Fachleute dabei. Der Bestrahlungsplan – als Ergebnis – wird vom Arzt nochmals geprüft, bevor er dann tatsächlich beim Patienten zum Einsatz kommt. „So stellen wir sicher, dass jeder Patient so viel wie nötig, aber auch so wenig wie möglich bestrahlt wird“, betont Prof. Zips. „In den zertifizierten Zentren und Praxen können die Patienten sicher sein, dass sie eine sehr gute Bestrahlung erhalten.“


Professor Dr. Daniel Zips, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Radioonkologie in Tübingen © privat