Lungenkrebs Ein Arzt als Krebspatient: Damit musste ich rechnen!

Autor: MPL-Redaktion

„Ja, ich dachte auch an den Tod. Und an meine Kinder.“ © iStock/greenaperture

Vor sechs Jahren erkrankte Dr. Thomas M. an Lungenkrebs. Der Hamburger Unfallarzt berichtet von seinen Erlebnissen und Erfahrungen rund um die Zeit der Erkrankung. Und wie der Krebs sein Leben grundlegend veränderte.

Ich liebe meinen Job. Er ist abwechslungsreich, anspruchsvoll und fordernd – aber auch sehr stressig. Trotz besseren Wissens kompensierte ich den Stress durch Nikotin. Mit der Tatsache, dass ich nicht regelmäßig rauchte, rechtfertigte ich diese ungesunde Angewohnheit. Außerdem trieb ich ja Sport. Im Nachhinein betrachtet war ich durchaus ein moderater Raucher, denn die Tage der monatlichen Abstinenz konnte ich an einer Hand abzählen. Und manchmal rauchte ich sogar in meiner Freizeit.

Die Diagnose schockte mich

Natürlich dachte ich oft an das, was Rauchen dem Körper antun kann, wusste sehr genau, dass es ungesund ist. Im Laufe der Jahre beschloss ich immer häufiger, damit aufzuhören. Das gelang mir meist nur einen Urlaub lang. Im Herbst 2011 plagte mich dann eine heftige Bronchitis. Da sie sich recht hartnäckig hielt, überwies mich mein Hausarzt zu einem Pneumologen. Aufgrund der Symptome röntgte er routinemäßig meine Lunge, um eine Entzündung ausschließen zu können. Die Röntgenbilder zeigten kein entzündetes Gewebe, allerdings einen kleinen Schatten auf dem linken Lungenflügel. Das war nicht gut! Der Pneumologe wurde nach anfänglichem Plauderton sehr sachlich und ernst. Ich dachte sofort an ein Lungenkarzinom und teilte ihm meine Befürchtung mit. Er widersprach nicht, verwies allerdings auf weiterführende Untersuchungen. Bereits die Computertomographie bestätigte den bösen Verdacht. Krebs! Ich war geschockt. Doch bei meinem Lebenswandel musste ich damit rechnen. Na klar! Ich war verärgert – vor allem über mich selbst.

Der Zufall kam mir zur Hilfe

Aufgrund meiner Bronchitis, die erst auskuriert werden musste, zogen sich notwendige Untersuchungen über viele Tage hin. Ich hatte viel Zeit, über die Diagnose und ihre möglichen Konsequenzen nachzudenken. Eine davon war der Tod. Das erste Mal hatte ich Angst. Weniger um mich, sondern viel mehr um meine Familie und meine zwei Kinder. Was sollte aus ihnen werden, wenn ich nicht mehr da sein sollte?! Gott sei Dank konnte ich diese schrecklichen Gedanken erst einmal wieder verwerfen. Denn das Therapiegespräch mit dem behandelnden Onkologen in der Klinik baute mich auf: Der Tumor wurde früh entdeckt, Metastasen nicht gefunden. Die Wahrscheinlichkeit, dass manche nicht entdeckt wurden, schätzte er als gering ein. Zudem handelte es sich um einen Tumor, der aufgrund seiner Zellstruktur und seiner Lage gut zu operieren war.

Unsicherheit blieb bei mir – vorerst

Für mich hörte sich das alles äußerst günstig an. Auch der Onkologe bestätigte mir diese Einschätzung. Meine Frage nach der Prognose beantwortete er jedoch nur indirekt. Die Ausgangssituation sei relativ günstig, man dürfe aber nicht vergessen, dass es sich um Lungenkrebs handele – eine sehr ernste Erkrankung. Das dämpfte meine aufflammende Euphorie. Wieder spielte ich mögliche Konsequenzen durch, war aber dabei deutlich gefasster als die Tage zuvor.

Die Operation verlief ohne Komplikationen. Alle waren zufrieden. Darauf folgte die Chemotherapie. Die Zytostatika wirkten gut, ich vertrug sie allerdings sehr schlecht. In dieser Zeit fühlte ich mich wirklich krank. Trotz der überaus guten Prognose für ein Lungenkarzinom – mein Arzt sprach von einer achtzigprozentigen Heilungschance – fühlte ich mich in dieser Phase der Erkrankung unsicher. Was, wenn ich zu den 20 Prozent gehörte?

Endlich: Wie neugeboren

Ich sprach häufig mit meiner Frau über mein Gefühlsleben. Das tat gut. Die Kinder schenkten mir Abwechslung, ich unternahm viel mit ihnen. Das Ende der Chemotherapie verschaffte mir Energie und neuen Mut. Ich konnte mich wieder auf die wesentlichen Dinge des Lebens konzentrieren. Die Therapie war beendet. Die Prognose unverändert positiv. Es ging bergauf. Unterbrochen wurde dieser Gefühlstrend nur von den Nachsorgeuntersuchungen. Vor der ersten hatte ich schreckliche Angst. Was wäre, wenn Metastasen gefunden würden? Die Minuten vor der Abschlussbesprechung waren unerträglich. Das Lächeln, mit dem mich der Arzt empfing, erfüllte mich mit einem unbeschreiblichen Glück! Keine auffälligen Befunde. Fast wie neugeboren. Ich lud meine Familie zum Essen ein. Wir feierten. Alle freuten sich. Im Laufe der Zeit nahm die Anspannung vor den Untersuchungen langsam ab. Das gemeinsame Feiern im Anschluss wurde zum Ritual. Und das Gefühl des Neugeborenseins bewahre ich mir bis heute. Natürlich habe ich mit dem Rauchen aufgehört. Ich treibe stattdessen noch mehr Sport und lebe bewusster – bei allem was ich tue.