Abschied nehmen Den letzten Weg in Würde zu Hause gehen

Autor: MPL-Redaktion

Mit der richtigen Begleitung ist es einfacher loszulassen. © iStock/NikkiZalewski

Wenn die Krebserkrankung immer weiter fortschreitet, steht die Entscheidung an, ob eine mobile Pflege zu Hause oder ein Hospiz den letzten Weg begleitet. Denn es gibt Einiges, was die mobile palliative Pflege für Krebspatienten heute schon leisten kann.

Bei allen rasanten Fortschritten der Medizin gilt: Es wird immer wieder Fälle geben, in denen eine Heilung der Krankheit nicht möglich ist. Die Lebenszeit solcher Patienten ist oft absehbar. Medizin, Pflege und Betreuung konzentrieren sich dann darauf, die verbleibende Lebenszeit so angenehm wie möglich zu gestalten.

Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von den sogenannten palliativen Therapien. Sie zielen darauf ab, die Beschwerden oder Einschränkungen so gut wie möglich zu lindern. Viele Patienten möchten lieber zu Hause bleiben und auch dort behandelt werden; Hospiz oder Krankenhaus kommen dann eher nicht infrage.

Seit einigen Jahren stehen daher die sogenannte Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) bereit. Sie verbinden medizinische Pflege und Betreuung durch spezialisierte Pfleger und Ärzte und stellen so palliative Pflege von Krebspatienten zu Hause sicher.

Es kommt auf den Patienten an

Wie und wo der Patient den letzten Weg gehen will und kann, hängt von vielen Faktoren ab. Die Sicherheit von Patienten und Angehörigen ist ein genauso wichtiger Faktor wie die emotionale Stabilität und die Fähigkeit der Angehörigen, die Patienten zu betreuen und zu begleiten.

„Pauschale Aussagen sind hier kaum möglich“, sagt Reinhard Ernst, Vorsitzender der „INSEL Initiative selbst bestimmen – vorsorgen Leonberg e.V.“ „Im Zusammenspiel zwischen Patienten, Angehörigen, Krankenhaus und Hausarzt finden wir immer eine gute und tragfähige Lösung.“ Er betont, dass ein Wechsel zwischen der häuslichen und stationären Versorgung fast immer möglich und manchmal auch nötig ist.

Patienten und Angehörige können sich bei den SAPV sicher sein, immer einen Ansprechpartner für ihre Anliegen anzutreffen. „Wir sind immer 24 Stunden an 7 Tagen die Woche in Bereitschaft – tagein, tagaus“, betont Claudia Gussmann, Koordinatorin bei der SAPV in Leonberg. „Das bedeutet, dass immer mindestens eine Pflegekraft und ein Arzt im Dienst und erreichbar sind. Können die Probleme telefonisch nicht ausreichend geklärt werden, fahren wir zu den Patienten und helfen vor Ort.“

Dieser Service ist eine ganz wesentliche Voraussetzung dafür, dass die ambulante medizinische Pflege von Patienten mit weit fortgeschrittener Krebserkrankung gut funktioniert. Ein Beispiel macht dies deutlich: „Treten in der Nacht oder am Wochenende plötzlich und eher unerwartet starke Schmerzen auf, kann der SAPV-Arzt entsprechende Medikamente verordnen“, betont Claudia Gussmann. „Diese werden vorgehalten und können daher direkt und ohne Verzögerung verabreicht werden.“

Umwege über den Hausarzt und dergleichen entfallen. Damit wird sichergestellt, dass die Versorgung der Patienten wie in einem Hospiz oder auf einer Palliativstation auch zu Hause sicher gewährleistet ist.

Online vernetzt arbeiten

Damit die Pfleger und Ärzte immer auf dem Laufenden sind, werden die Behandlungen und Absprachen in der Koordinierungsstelle in Leonberg nach jedem Besuch oder Telefonat in einer Online-Dokumentation detailliert festgehalten. So kann auch nach einem Schichtwechsel der Faden immer genau dort aufgenommen werden, wo die letzte Maßnahme der SAPV geendet hat.

Weil das System online ist, kann die Dokumentation von überall leicht und sicher abgerufen werden. Aufwendige Fahrten in die Basisstation entfallen. Darüber hinaus wird für jeden Patienten ein sogenanntes Notfallregime ausgearbeitet und in der Online-Dokumentation festgehalten.

Für dieses Notfallregime wird zunächst geprüft, welche Komplikationen bei dem Patienten oder Angehörigen auftreten könnten. Für jede wahrscheinliche Komplikation wird dann festgelegt, welche Gegenmaßnahmen zu ergreifen sind. „Dies ist eine gute Hilfe für die Pfleger und Ärzte“, betont Claudia Gussmann. „Sie können sich dadurch besser und schneller auf die Patienten und die Notsituation einstellen.“

Gut vorbereitet

Die Spezialisierte ambulante Palliativversorgung hat nicht nur die Patienten im Blick. Auch die Angehörigen werden von den Pflegern und Ärzten intensiv betreut. Dazu gehören Tipps und Tricks, wie sie den Patienten besser entlasten und über die medizinische beziehungsweise häusliche Pflege hinaus versorgen können.

„Aber auch die Vorbereitung auf den Tod des Angehörigen ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit“, sagt Claudia Gussmann. „Wir wissen nämlich ganz genau, dass diese Phase besser überstanden wird, wenn die Angehörigen wissen, was zum Sterben gehört und was dabei zu beachten ist.“

Weil für diese Art der Pflege keine Zeitvorgaben gemacht werden, können sich die Pfleger und Ärzte genau die Zeit nehmen, die sie in diesen jeweiligen Augenblicken brauchen, um die Patienten und Angehörigen gut zu betreuen.

Supervision hilft den Betreuern

„Auch die Pfleger und Ärzte der SAPV brauchen Betreuung“, sagt Reinhard Ernst. „Daher stehen ihnen immer – Tag und Nacht – Kollegen bereit, um über Probleme, Sorgen und Nöte zu sprechen.“ Darüber hinaus können die Mitarbeiter Supervisionen in fachlicher und sozialer Hinsicht in Anspruch nehmen.

„Mit der SAPV steht den Patienten und Angehörigen eine gute und stabile Versorgung zur Verfügung. Sie macht den letzten Weg in vertrauter Umgebung möglich“, betont Claudia Gussmann. „Dieses zu organisieren und aufrechtzuerhalten, treibt mich jeden Tag von Neuem an, die Patienten zu versorgen.“

Gut informiert

„Patienten und Angehörige sollten sich frühzeitig über die Möglichkeiten der ambulanten oder stationären Versorgung auf dem letzten Weg informieren“, rät Reinhard Ernst. „Denn Informationen und Vorbereitungen können diese Zeit für alle Beteiligten enorm erleichtern. Sie schaffen Raum, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.“

Erste Ansprechpartner sind immer die Hausärzte oder die behandelnden Onkologen. Die Sozialen Dienste in den Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken können ebenso weiterhelfen wie die Krankenkassen und Krebsberatungsstellen.

Auf der Webseite http://www.wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de informiert die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin sehr ausführlich über die Angebote in den Regionen. Über die integrierte Suchfunktion gelangen Interessenten rasch zu den richtigen Anlaufstellen in der Region.


Reinhard Ernst, Vorsitzender der „INSEL Initiative selbst bestimmen – vorsorgen Leonberg e.V“ © Privat