Brustkrebs Brustrekonstruktion nach einer Krebsoperation

Autor: Perspektive LEBEN

Schon bei der Therapieplanung sollte an die Brustrekonstruktion mitgedacht werden. © iStock/pinkomelet

Die Diagnose und Therapie von Brustkrebs ist meist ein folgenschweres Ereignis für die Patientinnen. Schon vor der Behandlung und erst recht vor der Operation muss an die Zeit nach der erfolgreichen Tumorbehandlung gedacht und aufgeklärt werden. Lesen Sie, warum das so wichtig ist.

Welche Voraussetzungen braucht es, um eine Brust wieder aufzubauen?

Dr. Marx: Medizinisch und ästhetisch steht einem Brustaufbau nach einer Brustkrebsoperation meist nichts im Wege. Allerdings muss die Frau über alle Chancen und Risiken richtig und umfassend aufgeklärt werden. Das ist nicht nur für den Erfolg wichtig, es wird auch in den Leitlinien vorgegeben. Ich bin der Meinung, dass die Methoden dabei nur von Operateuren erklärt werden sollten, die diese Methoden auch tatsächlich selbst operieren können. Ist das nicht der Fall, sollte auf jeden Fall eine Zweitmeinung eingeholt werden.

Warum ist die Aufklärung so wichtig?

Dr. Marx: Um den Krebs zu bekämpfen, muss die Brustdrüse meist ganz oder teilweise entfernt werden. Und die weibliche Brust ist ein wesentliches, sogenanntes paariges Sinnesorgan. Sie bestimmt das Körpergefühl und die Körperwahrnehmung der Frau ganz entscheidend. Daher muss alles getan werden, dass die Frau auch nach der Krebsbehandlung ein für sich intaktes Körpergefühl entwickeln kann. Das gelingt umso besser, je umfassender die Frau über die Chancen und Risiken der Behandlung und des Wiederaufbaus der Brust informiert ist. Wir vermitteln damit ein wichtiges Stück Verlässlichkeit.

Wann kann eine Brust nicht wieder aufgebaut werden?

Dr. Marx: Wenn die Patientinnen körperlich gesund und einigermaßen fit sind, steht einem Wiederaufbau aus medizinischer Sicht meist nichts im Wege. Zwei Einschränkungen gelten allerdings: Patienten mit einem Bodymass-Index von über 30 und Raucher können wir nur mit hohem Risiko oder gar nicht operieren. Hier übersteigen die Risiken der Operation eindeutig den möglichen Nutzen.

Natürlich ist das nicht das Ende der Beratung und Behandlung der betroffenen Patienten. Wir unterstützen sie nach Kräften, ihren Lebensstil zu ändern. Wir verstehen das als eine selbstverständliche Hilfe zur Selbsthilfe. Werden die gemeinsam gesteckten Ziele erreicht, können diese Frauen wie alle anderen operiert werden.

Wann kann mit dem Brustaufbau begonnen werden?

Dr. Marx: Der Brustaufbau wird im Prinzip schon bei der Therapieplanung berücksichtigt. Schon hier werden die Weichen für die Zeit nach der Akutbehandlung gestellt. Wir operieren, wann immer möglich, hauterhaltend unter Lupenbrillensicht. Bei dieser Methode wird das Brustdrüsengewebe mikrochirurgisch vollständig entfernt mit den Milchgängen in der Brustwarze. Das sind die besten Voraussetzungen für den gelungenen Brustaufbau.

Prinzipiell könnte mit dem Brustaufbau schon während der Erstoperation begonnen werden. Voraussetzung ist aber, dass die Heilung der Operationswunden vollständig abgeschlossen ist. Meist wird der Aufbau mit einem gewissen zeitlichen und auch emotionalen Abstand begonnen. Die Erinnerungen an Krankenhaus und Rehabilitation sollten schon etwas verblasst sein.

Was sind die gängigen Methoden? Wo liegen Ihre Vorteile und Nachteile?

Dr. Marx: Grundsätzlich wird zwischen dem Wiederaufbau der Brust mit Implantaten oder Eigengewebe unterschieden. Aber auch Kombinationen beider Methoden können notwendig sein, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Alle Methoden haben ihren Sinn und ihre Einsatzgebiete. Welche angewendet wird, ist und bleibt das Ergebnis der Beratung und Aufklärung. Unstrittig ist, dass die befriedigendsten Ergebnisse mit der Transplantation von Eigenfett und Haut vom Unterbauch oder der Gesäßunterfalte erzielt werden können. Der entscheidende Vorteil dieser Methode ist, dass das transplantierte Gewebe dem eigenen Stoffwechsel unterliegt und keine Gefahr für die Nachsorge oder eine Neuerkrankung besteht.

Die rekonstruierte Brust macht die sinnlichen Schwankungen des BMI der Patientinnen geräuschlos mit. Die Brust fühlt sich natürlich, weich und warm an. Sollte die Brustwarze fehlen, ist eine Wiederherstellung der Brustwarze, des Warzenhofes und der Symmetrie in einer zweiten Operation nach einem Jahr obligat.

Welche Wahlmöglichkeit haben die Patientinnen? Oder ist die Methode „durch die Medizin“ bestimmt?

Dr. Marx: In den natürlichen Grenzen der Medizin haben die Frauen großen Entscheidungsspielraum. Daher ist die vollständige Beratung auch so wichtig. Nur gut aufgeklärte Frauen können die richtigen Entscheidungen treffen. Ich betone ganz klar: Aufklärung ist Chefsache. Fühlt sich eine Frau nicht gut beraten, sollte sie unbedingt eine Zweitmeinung einholen.

Erhöht ein Brustaufbau das Risiko, wieder an Krebs zu erkranken?

Dr. Marx: Nein.

Wird die neue Brust so schön aussehen wie die alte?

Dr. Marx: Auch hier eine klare Antwort: Wenn hauterhaltend operiert wurde und die Brust mit Eigengewebe aus dem Po oder Bauch rekon- struiert wurde, können die Ergebnisse durchaus ästhetisch anspruchsvoller sein als die naturgereifte Gegenseite. Oft müssen wir die gesunde Brust an das gute Ergebnis der aufgebauten Brust anpassen.

Wie findet eine Patientin das für sie richtige Operations­team?

Dr. Marx: In Deutschland haben wir flächendeckend zertifizierte Brustzentren und zertifizierte Zentren für Brustrekonstruktion der Deutschen Gesellschaft für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie (DGPRÄG). Diese sind die ersten Anlaufstellen bei der Verdachtsdiagnose Brustkrebs. Diese Zentren behandeln die Patientinnen entsprechend der geltenden und sehr gut ausdifferenzierten Leitlinien. Diese Leitlinien schreiben explizit auch die detaillierte Aufklärung zum Brustaufbau vor. Damit wird sichergestellt, dass die Patientinnen alle Methoden kennen und mit entscheiden können.

Entscheidet sich die Frau für eine Methode, die in dem Zentrum nicht angewendet wird, bleibt ihr die Option, sich in einem anderen Zentrum behandeln zu lassen. Aber bei allem gilt der entscheidende Grundsatz: Ohne Vertrauen keine Operation.

Wie können sich Patientinnen auf das Arztgespräch vorbereiten?

Dr. Marx: Ich empfehle, nur neutrale Quellen zu benutzen und sich lediglich einen groben Überblick zu verschaffen. Alles andere geht meist schief. Für unsere Patientinnen gibt es unter anderen folgende Ansprechpartner:

  • Die Deutsche Gesellschaft für Senologie
  • Die Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgie
  • Frauenselbsthilfe nach Krebs
  • Mammazone

Prof. Dr. Mario Marx ist Chefarzt der Klinik für Brustchirurgie am Elblandklinikum in Radebeul. Der Rekonstruktionsexperte arbeitet in vielen Kliniken Deutschlands. © Privat