Chemotherapie Wie Zytostatika wirken: Tumorbekämpfung mit Medikamenten

Autor: Jonathan Fasel

Für die Chemotherapie gibt es inzwischen eine ganze Reihe unterschiedlicher Verfahren. © iStock/nicolas

Sie ist das Fundament vieler Behandlungsstrategien gegen Krebserkrankungen. Im weiteren Sinne versteht man unter einer Chemotherapie jede Art von medikamentöser Behandlung, bei der Zellen zum Absterben gebracht oder am Wachstum gehindert werden. Solche Medikamente werden Chemotherapeutika oder Zytostatika genannt. Onkologen verabreichen sie in Form von Infusionen, Spritzen oder Tabletten. Perspektive LEBEN ordnet diese klassischen Behandlungsmethoden.

Im Vergleich zu normalen Körperzellen vermehren sich Tumorzellen relativ hemmungslos, unkontrolliert und schnell. Mit unterschiedlichen Medikamenten lässt sich diese Zellteilung bekämpfen.

Mittlerweile gibt es neben den klassischen Chemotherapien eine ganze Reihe von Verfahren, die gezielter als die bisherigen Medikamente den Tumor angreifen und am Wachsen hindern.

1. Wirkstoffe der klassischen „Chemo“

Die klassische Chemotherapie, umgangssprachlich als „Chemo“ bezeichnet, kann mit unterschiedlichen Wirkstoffen durchgeführt werden. Eine wesentliche Wirkstoffgruppe ist die der Antimetaboliten. Sie bewirken, dass in die Tumorzellen Aminosäuren eingebaut werden, die die Zellteilung behindern. Die Zelle wächst nicht mehr weiter und stirbt ab. Die Alkylanzien stellen eine weitere Wirkstoffgruppe dar. Ihre Medikamente verändern die DNA-Stränge der Tumorzelle so, dass keine Zellteilung mehr möglich ist. Zu erwähnen sind zudem die Platin-Derivate. Sie verhindern ebenfalls die Zellteilung, indem sie die Wechselwirkung zwischen unterschiedlichen DNA-Strängen beeinflussen. Mitosehemmer sind Medikamente, die den Teilungsschritt der Zelle blockieren. Diese klassischen Medikamente gehören zu den Standard-Chemotherapien.

2. Grundsätzliche Anwendungsgebiete

Die Chemotherapie hat vier wesentliche Anwendungsgebiete. So ist die kurative Chemotherapie auf die Heilung der Krebserkrankung ausgerichtet. Die eingesetzten Medikamente sollen demzufolge sämtliche Tumorzellen im Körper zerstören. Die adjuvante Chemotherapie setzen die Onkologen hingegen unterstützend ein, meist im Anschluss an eine kurative Behandlung, wie etwa der Operation. Sie soll nicht erkannte beziehungsweise entfernt liegende Metastasen oder Tumorreste zerstören. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die neoadjuvante Chemotherapie. Sie wird vor einer Tumoroperation eingesetzt. Ihr primäres Ziel ist, den Tumor operabler zu machen – wenn er beispielsweise zu groß ist oder schlecht erreicht werden kann. Die palliative Chemotherapie wird indessen bei sehr schweren Krebserkrankungen eingesetzt. Sie zielt auf die Linderung der krankheitsbedingten Schmerzen.

3. Nebenwirkungen meist vorübergehend

Die Wirkstoffe der Chemotherapien bekämpfen Tumorzellen vieler Krebsarten. Ein oft gemeinsames Merkmal ist ihre schnelle Zellteilung. Da es im Körper auch gesunde Zellen gibt, die sich schnell teilen, werden diese in der Regel ebenfalls angegriffen. Zu ihnen gehören beispielsweise Zellen der Haare oder der Schleimhäute. Das kann dann zu den bekannten Nebenwirkungen führen, wie Haarausfall oder Schleimhautentzündungen. Die positive Nachricht: Durch moderne begleitende Medikamente und vorbeugende Maßnahmen lassen sich die Nebenwirkungen gut lindern und verschwinden meist wieder, sobald die Therapie beendet ist. Neben den Standard-Chemotherapien gibt es mittlerweile neue Medikamente, die anders beziehungsweise spezifischer gegen Tumorzellen wirken. In den letzten Jahren erzielten Onkologen mit ihnen beachtliche Erfolge.

4. Tyrosinkinasehemmer – zielgerichtete Wirkstoffe

Seit einiger Zeit werden unter dem Begriff zielgerichtete Therapien spezielle Wirkstoffe im Kampf gegen den Krebs eingesetzt. Sie greifen an Vorgängen der Tumorzelle an, die eine zentrale Rolle beim Wachstum spielen. Hierzu gehören die sogenannten Tyrosinkinasehemmer. Die Medikamentengruppe der Tyrosinkinasehemmer erkennt bestimmte Strukturen, die speziell in der Tumorzelle vorhanden sind. Diese werden dann gezielt attackiert, gesunde Zellen aber größtenteils verschont. Die Voraussetzung für den Einsatz solcher Medikamente ist, dass die entsprechenden Krebszellen bestimmte Merkmale aufweisen müssen. Zudem werden Wirkstoffe eingesetzt, die die Neubildung von Blutgefäßen in der unmittelbaren Nähe des Tumors unterbinden, sogenannte Angiogenese-Hemmer. Sie verhindern somit indirekt das Tumorwachstum, indem sie die Versorgung des Tumors mit Nährstoffen unterbinden. Der Tumor stirbt demzufolge ab. Auch zählen Antikörper, die bestimmte Signalwege des Tumors unterbrechen, zu den zielgerichteten Wirkstoffen.

5. Antihormontherapie

Einige Tumoren brauchen Hormone, damit sie sich teilen können. Hier setzen die Wirkstoffe der Hormontherapie an, die den Wachstumsreiz ausschalten. Das verhindert weiteres Wachstum des Tumors und möglicher Metastasen. Bei einer Hormontherapie werden Patienten also keine Hormone verabreicht, sondern Medikamente, die den Weg der Hormone blockieren, sodass das Wachstum des Tumors unterbunden wird. Daher wird diese Therapie auch als Antihormontherapie bezeichnet.

6. Immuntherapie

Normalerweise bekämpft das körpereigene Immunsystem entartete Zellen wirkungsvoll. Das gelingt jedoch nicht immer. Tumoren entstehen und können ungehindert wachsen. Sie haben sich gewissenmaßen vor dem Immunsystem getarnt. Moderne Wirkstoffe, sogenannte Checkpoint-Inhibitoren, können Tumorzellen enttarnen und das Immunsystem erkennt und bekämpft sie wieder. Die Wirkstoffe einer solchen Immuntherapie sind sehr Erfolg versprechend. Immer mehr Krebserkrankungen können damit erfolgreich behandeln werden.