Immuntherapie mit CAR-T-Zellen Genmanipulationen gegen Krebs: Eigene Killerzellen nutzen

Autor: Heiko Schwöbel

Die Therapie-Möglichkeiten von Krebs entwickeln sich dank Forschung stetig weiter. © iStock/RossHelen

Operation, Bestrahlung und Chemotherapien haben schon jetzt starke Waffenbrüder: Mit Immuntherapien wird gezielt in den Stoffwechsel der Krebs- oder Abwehrzellen eingegriffen, um den Krebs in Schach zu halten. Im nächsten Schritt werden körpereigene Zellen für den Kampf gegen den Krebs ertüchtigt. Die folgenden fünf Punkte beschreiben, wie die Therapie mit sogenannten CAR-T-Zellen funktioniert und angewendet wird.

1. Krebs sichtbar machen

Das Immunsystem kann Krebszellen oft schlecht oder gar nicht erkennen und bekämpfen. Mit Immuntherapien versuchen Mediziner daher, das Abwehrsystem so zu stimulieren, dass Krebszellen erkannt und wirksam bekämpft werden. Dafür werden zum Beispiel die sogenannten monoklonalen Antikörper eingesetzt. Sie markieren nur die Krebszellen mit einem Eiweiß. Mit dieser Markierung werden die Krebszellen für das Immunsystem sichtbar und können attackiert werden.

2. Botenstoffe blockieren

Bestimmte Krebsarten senden Botenstoffe aus, die die Abwehrzellen ausbremsen. Diese Botenstoffe besetzen Andockstellen auf den Abwehrzellen. Der Arzt spricht dann von den sogenannten Checkpoints. Sind diese besetzt, wird der Abwehrzelle signalisiert die Krebszellen zu schonen. Mit sogenannten medikamentösen Immuncheckpoint-Inhibitoren werden die Andockstellen besetzt, bevor der Krebs sie mit seinen Botenstoffen besetzen kann. Die Botenstoffe des Krebs gehen ins Leere und die Abwehrzelle nimmt den Kampf gegen den Krebs auf.

3. Genmanipulation gegen den Krebs

Die nächste Stufe der Immuntherapie ist, körpereigene Abwehrzellen so zu ertüchtigen, dass sie selbstständig den Kampf gegen den Krebs führen können: Eine Therapie mit chimären Antigenrezeptoren-T-Zellen (CAR-T-Zellen). Dafür werden bestimmte Abwehrzellen des Immunsystems gentechnisch verändert. Diese erkennen dann ein tumortypisches Eiweiß auf der Oberfläche der Krebszellen und bekämpfen die Krebszellen.

„Derzeit ist dieses Verfahren für bestimmte fortgeschrittene Blutkrebserkrankungen zugelassen“, sagt Professor Dr. Katja Weisel, stellvertretende Klinikdirektorin der II. Medizinischen Klinik für Onkologie, Hämatologie, Knochenmarktransplantation mit Abteilung für Pulmonologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. „In zahlreichen Studien wird zurzeit mit Hochdruck untersucht, für welche weiteren Tumorarten und in welcher Therapielinie dieses Verfahren infrage kommt.“

4. Die Behandlung

„Über den Einsatz einer CAR-T-Zell-Therapie entscheidet immer eine interdisziplinäre Tumor-Konferenz in den entsprechenden Tumorzentren, die auch für eine CAR-T-Zell-Behandlung zertifiziert sind“, sagt Prof. Weisel. „So wird sichergestellt, dass alle Aspekte ausreichend beleuchtet und abgewogen werden. Die Patienten müssen – neben vielen anderen Voraussetzungen – über eine ausreichend gute Konstitution verfügen, gewisse Vorbehandlungen müssen in der Regel erfolgt sein und die Organfunktionen ausreichen.“

Im ersten Schritt wird bei dem Patienten ambulant eine sogenannte Lymphozytenapharese durchgeführt. Dies ist eine besondere Blutwäsche, bei der die Immunzellen (Lymphozyten) aus dem Blut abgesammelt werden. Im zweiten Schritt werden diese Zellen mithilfe von Viren genetisch manipuliert und anschließend vermehrt. „Sie sind nun in der Lage, die Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen“, sagt Prof. Weisel. „Die Manipulation und Aufbereitung der Abwehrzellen dauert in der Regel circa vier bis sechs Wochen.“

Kurz vor der Rückgabe der manipulierten Lymphozyten wird mit einer milden Chemotherapie das Immunsystem der Patienten für den Einsatz der CAR-T-Zellen vorbereitet. „Dieser Therapieabschnitt erfolgt dann stationär“, erläutert Prof. Weisel. „Für die Infusion der CAR-T-Zellen und die anschließende Überwachung müssen die Patienten derzeit zusätzlich etwa 10 bis 14 Tage im Krankenhaus verbringen.“

Da CAR-T-Zellen sehr wirksam sein können, sind möglicherweise auch gefährliche Überreaktionen des Immunsystems möglich. Die Patienten werden in den ersten Tagen nach der Infusion sehr aufmerksam überwacht sowie eventuell behandelt. Typische Anzeichen für solche Überreaktionen sind Fieber, Schüttelfrost, Organ- und Kreislaufversagen sowie Konzentrationsstörungen.

5. Ausblick

„In den nächsten Jahren erwarten wir große Fortschritte bei der CAR-T-Zell-Therapie“, sagt Prof. Weisel. „Über kurz oder lang wird die Therapie sicherlich bei noch mehr Krebsarten angewendet werden können.“ Prof. Weisel ermutigt Krebspatienten mit Leukämien und Lymphdrüsen- oder Knochenmarkkrebserkrankungen durchaus den behandelnden Arzt zu fragen, ob eventuell die Möglichkeit einer CAR-T-Zell-Therapie innerhalb oder außerhalb klinischer Studien möglich ist.

Auch wenn derzeit aufgrund der Kompliziertheit des Verfahrens nur wenige Patienten pro Zentrum behandelt werden können. Aber diese Methode wird sich zukünftig sicher weiter ausdehnen. Sie betont: „Wir versuchen, durch innovative Therapien und deren kontinuierlicher Fortentwicklung bei unseren an Krebs erkrankten Patienten die Lebensqualität zu verbessern und die Lebenszeit zu verlängern. Die CAR-T-Zell-Therapie kann möglicherweise in Zukunft hierzu beitragen!“


Prof. Dr. Katja Weisel, stellvertretende Klinikdirektorin der II. Medizinischen Klinik für Onkologie, Hämatologie, Knochenmarktransplantation Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf © Privat